Regiewechsel in „Schollywood“
Christine Berg übernahm offiziell die Geschäftsführung der MSH
Der Anlass, dass man sich nach dem letztjährigen Sommerfest der MSH – Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Werke in Schleswig-Holstein mbH schon nach einem Jahr am selben Ort wiedersehen würde, war am 30. August nicht etwa der 11. Geburtstag der MSH, sondern ein Wechsel in der „Regie“ der von NDR und der Unabhängigen Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien (ULR) betriebenen wirtschaftlichen Filmförderung. Roland Schmidt, der die Geschicke der MSH fünf Jahre lang geleitet hatte, wechselt als Berater für den Medienbereich zur Berliner Unternehmensberatung Paul und Kollegen GmbH & Co. KG, an seine Stelle tritt Christine Berg. Die 39-Jährige kommt von der Filmförderungsanstalt Berlin (FFA), wo sie zuletzt als Referentin des Vorstands die Förderbereiche Produktion, Drehbuch und Weiterbildung kommissarisch leitete, und wurde am 30. August offiziell in ihr Amt eingeführt. Über 200 Gäste aus der Film- und Medienbranche feierten das Ereignis bei einem Sommerfest im Garten der MSH in Lübeck und bereiteten der neuen Geschäftsführerin einen freundlichen Empfang.
Freundlicher Empfang für Christine Berg (rechts) beim Sommerfest der MSH (Foto: MSH)
Christine Berg übernimmt die Regie einer Filmförderung in einem Land, das „sicher nicht das Zentrum nationalen und internationalen Filmschaffens ist“, so Gernot Schumann, Direktor der ULR und stellvertretender Vorsitzender der MSH-Gesellschafterversammlung. Nicht zuletzt ein Verdienst der MSH, ihres Teams wie ihres bisherigen Geschäftsführers Roland Schmidt, sei es jedoch, dass „wir in Schleswig-Holstein ein ganz eigenes Profil bei der Filmproduktion entwickelt haben, das sich sehen lassen kann. Hollywood den Amerikanern, Bollywood den Indern, wir sind ‚Schollywood‘.“
Gruppenbild mit neuer Dame bei der Pressekonferenz zum Geschäftsführerwechsel (v.l.: Gernot Schumann, Roland Schmidt, Christine Berg, Friedrich-Wilhelm Kramer, Foto: jm)
Genau da will Christine Berg ansetzen, bei den Stärken der filmschaffenden Provinz: „Ich freue mich über die Chance, den schleswig-holsteinischen Film weiter voran bringen zu können. MSH-geförderte aktuelle Produktionen wie der Kinofilm ‚Am Tag, als Bobby Ewing starb‘ von Lars Jessen, zeigen, welches Potenzial, welche Leidenschaft und Enthusiasmus für Film in diesem Land vorhanden ist“, sagte die gebürtige Hamburgerin, die zunächst den Dialog mit den Filmschaffenden des Landes suchen will: „Ich möchte über den Dialog und die Vernetzung mit allen Beteiligten – Kreativen, Wirtschaft und Medien – den schleswig-holsteinischen Film nachhaltig stärken und weiter entwickeln“, so Berg in ihrer Antrittsrede. „Ich werde mit Kreativität, Effektivität und Kontinuität den Stellenwert von Schleswig-Holstein als Medien- und Produktionsstandort – sowohl in der Branche als auch in der öffentlichen Wahrnehmung – steigern helfen.“ Als konkrete Arbeitsfelder benannte sie dabei den Dokumentarfilm, der im Lande „eine Tradition hat, die ich betonen möchte“, wie auch den Hörfunkbereich. Neben der Filmstiftung NRW sei die MSH die einzige deutsche Förderung, die den Hörfunk berücksichtige. Auf diesem „Weg der vielen kleinen Schritte“ sei ein zielgerichteter Ausgleich der Förderinteressen ebenso wichtig wie eine praxisnahe und serviceorientierte Förderung.
Praxisnähe und ein Selbstverständnis auch als Service-Agentur für die Medienschaffenden im Lande hatte sich schon Roland Schmidt auf die Fahnen geschrieben. „Nicht nur Förderung der Projekte, sondern auch kontinuierliche Begleitung des Filmemachers bei der Produktion, den Produzenten nicht als Antragsteller, sondern als (Geschäfts-) Partner begreifen“, so beschrieb Schmidt „die ausgestreckte Hand“, die die MSH stets den Medienschaffenden bot. Was auch Gernot Schumann und Friedrich-Wilhelm Kramer, Vorsitzender der MSH-Gesellschafterversammlung und Direktor des NDR Landesfunkhauses Schleswig-Holstein, lobend hervorhoben. Eckpfeiler seien dabei sowohl die Film Commission als Agentur für Drehorte in Schleswig-Holstein als auch die engere Vernetzung der Filmförderungen im Norden. Mit der 2004 geschlossenen Vereinbarung zwischen der MSH und der Hamburger Filmförderung über die gegenseitige Anerkennung von Regionaleffekten habe man eine Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg initiiert, die „einmalig in der bundesrepublikanischen Förderungslandschaft“ sei.
Trotz Wechsels um Kontinuität bemüht: Roland Schmidt (l.) und Christine Berg (Foto: jm)
Auf dem so bestellten Feld könne Christine Berg, „die mehr als 12 Jahre Erfahrung in der Filmförderung mitbringt, die erfolgreiche Arbeit von Roland Schmidt für den Medienstandort Schleswig-Holstein nahtlos weiterentwickeln“, sagte Friedrich-Wilhelm Kramer. Er wies ferner darauf hin, dass die MSH-geförderten Produktionen „ganz überwiegend aus Rundfunkgebühren finanziert und im NDR Fernsehen gesendet“ werden. Der NDR sei damit „der wichtigste Partner für die Produzenten in Schleswig-Holstein“. Gernot Schumann betonte indes, dass die geförderten Projekte wie bisher auch für das stehen müssten, „was eine Filmförderung aus öffentlichen Mitteln immer leisten sollte, nämlich Filmwirtschaft und Filmkultur miteinander zu verbinden“.
Dieses Spannungsfeld als kreatives statt konkurrierendes zu gestalten, auch da wird Christine Berg sicher noch einiges zu tun haben. Ihr Enthusiasmus auch dafür schien jedenfalls beim Amtsantritt nicht geringer zu sein als der von ihr gelobte der Film- und Medienschaffenden aus „Schollywood“. (jm)