“Personal Cinema” und Wilhelm Hein gewinnen beim 18. European Media Art Festival in Osnabrück
Die internationale Künstler-Gruppe “Personal Cinema” und der Berliner Filmemacher Wilhelm Hein sind die Preisträger des 18. European Media Art Festivals (EMAF), das am 24. April in Osnabrück zu Ende ging. Das Künstlerkollektiv “Personal Cinema” gewann den mit 2.500 EUR dotierten EMAF Award für eine richtungweisende Arbeit der Medienkunst für das Projekt “Balkan Wars – The Game”. Wilhelm Hein wurde für seinen Film “You killed the Undergroundfilm or the Real Meaning of Kunst bleibt… bleibt…” mit dem Preis der Deutschen Filmkritik in der Sparte Experimentalfilm ausgezeichnet. Eine lobende Erwähnung erhielt Norman Richter von der HFF Potsdam für seinen Film “Sun in an Empty Room”.
Bei “Balkan Wars – The Game” zeigte sich die dreiköpfige Jury des EMAF-Awards mit Joke Ballentijn (Netherlands Media Art Institute/Montevideo, Amsterdam), Conny E. Voester (freie Kuratorin und Produzentin, Basel/Berlin) und Peter Zorn (Media-Artist/Produzent, Werkleitz-Gesellschaft, Halle) von der Vielfalt und Qualität der künstlerischen Positionen und Strategien des Projekts besonders beeindruckt. “Balkan Wars – The Game” ist ein Multiuser-3-D-Spiel, an dem mehr als 50 europäische KünstlerInnen, Kritiker und Kuratoren mitgearbeitet haben. Innerhalb einer simulierten Balkan-Wirklichkeit erschaffen sich die Spieler Avatare, die sich auf stereotype Balkan-Charaktere beziehen (www.balkanwars.net oder www.personalcinema.org).
Auf einzigartige Weise fordere das Projekt Aufmerksamkeit für ein brisantes politisches, soziales und kulturelles Thema ein, so die Jury. Es dekonstruiere kulturelle Stereotypen als Basis für zerstörerische Aggression zwischen Menschen und Nationen und mache sie zugleich erfahrbar. Die Arbeit versammele Poesie, Information, Humor und Respekt für kulturelle Identitäten. Mit einfachen Mitteln und knappen eigenen Ressourcen (auf der Basis von Java und Lingo Programmiersprachen) schaffe es die Gruppe Personal Cinema, ein Multiuser-3-D-Spiel zu entwickeln, das Videos, Klänge, Bilder und Texte zur Balkan-Thematik beinhalte. Die Gruppe nutze ein populäres Medium wie das Computerspiel, ermögliche es einer breiteren Öffentlichkeit Zugang und diene zugleich als Plattform für den grenzüberschreitenden Austausch zwischen verschiedenen kulturellen Gruppen sowie künstlerischen Disziplinen. Die Spielregeln sind einfach: Anhand der Rezeption von 35 im Spiel enthaltener Videos und der Interaktion der User-Avatare lernen die Mit-Spieler, die Balance zwischen Balkanisierung und Debalkanisierung zu halten.
“Balkan Wars – The Game” erforscht neue Darstellungs- und Kooperationswege, während es zugleich die mediale Simplifizierung komplexer kultureller und politischer Sachverhalte hinterfragt. Die Jury hofft, dass mit Hilfe des EMAF Awards diese richtungsweisende Arbeit in Zukunft auch in der Onlineversion weiterentwickelt werden kann.
Preis der Deutschen Filmkritik
Mit Wilhelm Hein geht der Preis der Deutschen Filmkritik in der Sparte Experimentalfilm an einen Pionier des Genres. Heins “You killed the Undergroundfilm or the real Meaning of Kunst bleibt…bleibt…” (D 2005, 16mm, 65 min.) bediene sich einer offenen anarchischen Form, die nicht davor zurückscheut, auch Triviales, Verspieltes und Pornografisches in scheinbarer Unbekümmertheit aneinander zu reihen. Dabei bleibe aber stets der kristalline Kern unverkennbar, der nicht nur die individuelle Befindlichkeit des Filmemachers und Künstlers zum Ausdruck bringe.
“Indem er die Ästhetik des Undergroundfilms fortschreibt, reflektiert der Film ein durch zahlreiche Brechungen und Widersprüche geprägtes Ichbewusstsein. Bei aller Ironie und Brüskierung in Ton und visuellem Gestus herrscht dennoch der Grundton einer aufsässigen Melancholie. Dieser ist der Erkenntnis geschuldet, dass angesichts der Realität schmerzfreie Lust und vollkommene Kunst nicht möglich sind”, heißt es in der Begründung.
Eine lobende Erwähnung sprach die Jury Norman Richter für seinen Film “Sun in an empty room” aus (D 2004, 35mm, 13 min.). “Körperkult und Jugendwahn üben ihre Regentschaft aus. Irritationen scheinen verbannt. Doch die Idylle hat Risse. Ein nichtiger Zwischenfall ist imstande, das behauptete Gleichgewicht auszuhebeln. Mit einer für einen Filmstudenten ungewöhnlich prägnanten Handschrift vermag es Norman Richter, abstrakte Zustände von Bedrohung in einprägsame Tableaus und klare Bilder zu fassen”, so die Jury.
(nach einer Pressemitteilung des EMAF)