Internationales Studentenfilmfestival „sehsüchte“ 2005: Die Preisträger

Zehn Preise im Gesamtwert von etwa 30.000 Euro wurden beim 34. Internationalen Studentenfilmfestival „sehsüchte“ vergeben. Den mit 5.000 Euro dotierten Spielfilmpreis teilen sich dieses Jahr erstmals zwei Wettbewerbsbeiträge: In eindrucksvollen Bildern zeigt „Un viaje“ („A Trip“, Mexiko 2003/04) von Gabriela Monroy die U-Bahnfahrt eines Vaters und seines Sohnes durch Mexiko City. Der kleine Junge ist fasziniert von der ungewohnten Umgebung, während den Vater das schlechte Gewissen plagt. Als ebenso preiswürdig sah die Spielfilmjury, in der unter anderem Ulrich Matthes und Benjamin Quabeck saßen, das israelische Beziehungsdrama „Be’einaim atsumot“ („Whatever it takes“, Israel 2004, Adi Halfin) an. Maya kann die endgültige Trennung von ihrer Ex Tamar nicht akzeptieren. Als sie verunglückt, nutzt sie diese Gelegenheit, um Tamar daran zu hindern, in einem anderen Land ein neues Leben zu beginnen.

Eine Protagonistin namens Maya steht auch im Mittelpunkt der schweizerischen Hochschulproduktion „Hoi Maya“ (Schweiz 2004, Claudia Lorenz), die einen versöhnlicheren Blick auf die Liebe zweier Frauen wirft und den diesjährigen Publikumspreis im Wert von 2.000 Euro erhielt. Im hohen Alter treffen sich die Jugendfreundinnen Maya und Charlotte in einem Friseursalon wieder. Erinnerungen, alte Enttäuschungen und Erwartungen erwachen neu. Zögerlich nähern sich die beiden wieder an.

Ein zaghafter, unerwiderter Kuss zwischen zwei Mädchen ist in „Je tes tam“ („You are there“, Polen 2004, Anna Kazejak) zu sehen, dessen atmosphärische Bilder von Industrieruinen die Jurys besonders beeindruckten. Der erstmals dieses Jahr vergebene, mit 2.000 Euro dotierte Kamerapreis prämiert die Kameraarbeit von Klaudiusz Dwulit. Der polnische Spielfilm handelt von der 16jährigen Marlena, die sich nichts sehnlicher wünscht, als ihren leiblichen Vater in Deutschland zu besuchen. Ungeliebt und fast ohne Freunde hält sie ihn für die Lösung aller Probleme.

Die Tristesse der Jugend zeigt auf ganz andere Art und Weise „Wir leben im 21. Jahrhundert“ (Deutschland 2004, Claudia Indenhock), der Gewinner des Dokumentarfilmpreises im Wert von 5.000 Euro. „Genau beobachtend, geduldig sensibel und risikobereit führt uns der Film in das ganz und gar nicht attraktive ärmliche und ausweglos scheinende Milieu dreier Hauptschulabbrecher in einer deutschen Schlafstadt, die Sammelpunkt sozialer Ab- und Aussteiger geworden ist. Ein Film, der Mut macht – Betroffenen und Zuschauern – und der darüber hinaus in vorbildlicher Weise zeigt wie berührend und vielschichtig eine aktuelle Situation mit den Mitteln des Dokumentarfilms dargestellt werden kann“, begründete die Dokumentarjury, der unter anderem Hans-Dieter Grabe, einer der renommiertesten Dokumentarfilmer Deutschlands angehörte, ihr Urteil.

Zwei weitere Dokumentarfilme aus Deutschland gehören zu den Gewinnern. Der Preis für den Besten Schnitt im Wert von 2.500 Euro geht dieses Jahr an „89 Millimeter“ (Deutschland 2004, Sebastian Heinzel, Schnitt: Lena Rem), ein Film, der uns hinter die Fassaden der weißrussischen Hauptstadt Minsk und zu Träumen, Alltag und Schicksal einiger ihrer Bewohner führt. „Frei von vorgefertigten Deutungsmustern lässt die sehr gelungene, teils assoziative Montage eine facettenreiche Welt entstehen, in der sich der Zuschauer frei umsehen kann“, kommentierte die Dokumentarfilmjury die Wahl.

Die Straßen von Gibraltar, wo nur wenige Kilometer Afrika und Europa trennen, zeigt der Dokumentarfilm „Die andalusische Nacht“ (Deutschland 2004, Salah El Oulidi). Flüchtlinge aus allen Teilen Afrikas versuchen hier die illegale Einreise. „Durch einprägsame Bilder und gelungene Vermischung heterogener Situationen schafft dieser Film ein atmosphärisches Gesamtbild, das unsere Wahrnehmung der Lage jenseits von Zahlen und offiziellen Stellungnahmen erweitert“, begründete die Dokumentarfilmjury die zusammen mit den anderen Jurys geschlossene Entscheidung, „Die andalusische Nacht“ mit dem Preis gegen Ausgrenzung im Wert von 2.500 Euro zu prämieren.

Als Beste Animation wurde in diesem Jahr „Bascule“ („Balance“, Frankreich 2004, Sébastien d’Abrigeon) gekürt. „Eine bizarre Idee, die eigenen physikalischen Gesetzen zu folgen scheint und dabei nicht die Balance verliert. Der Film hat uns durch seine surreale Komik überzeugt und soll den diesjährigen Animationspreis bekommen“, beschloss die Animationsjury.

Ein weiterer Animationsfilm begeisterte die Jurys und konnte sich beim Preis für den Besten Deutschen Nachwuchsfilm durchsetzen: „Wie ich mich traf“ (Deutschland 2004, Angela Steffen) – ein filmisches Gedicht über die Gabe der Phantasie. „Mit reduzierter Grafik gelingt es der Filmemacherin eine poetische Einheit von Text, Bild und Musik zu schaffen, die bezaubert“, lobten die Jurys den Film.

Fast hätte „Netto“ (Deutschland 2005, Robert Thalheim) die Auszeichnung im Wert von 2.500 Euro erhalten und wurde schließlich mit einer Lobenden Erwähnung bedacht. Der von der HFF „Konrad Wolf“ stammende Langfilm, welcher am 5. Mai in den deutschen Kinos anlief, handelt von einer komplizierten Vater-Sohn-Beziehung und stößt sozialkritische Töne an.

Der mit 1.500 Euro dotierte Preis für das Beste Drehbuch geht dieses Jahr an „Grenzland“ (Arbeitstitel) von Ben Braeunlich, ein Krimistoff, der mit vielen seiner Konkurrenten die Auseinandersetzung mit der DDR gemein hat. Regengüsse legen im Moor die gut erhaltene Leiche eines 18jährigen Mädchens frei, die dort zur Wendezeit verborgen wurde. Für den Kommissar Hannes Herbst werden die Ermittlungen zu einer Reise in seine eigene dunkle Vergangenheit.

Das Zusammenspiel von wirtschaftlichem und kreativem Geschick prämiert der Produzentenpreis im Wert von 3.000 Euro. Der diesjährige Gewinner ist „Wackelkontakt“ (Deutschland/Schweiz 2004, Ralph Etter, Produktion: Christine Haupt), der von der elfjährigen Sibylle und ihrer senilen Großmutter handelt. Für das Mädchen wird es immer schwieriger, mit der alten Frau ein normales Leben zu führen. Völlig überfordert von der Situation greift Sibylle zu unüblichen Mitteln.

Weitere Informationen zum Internationalen Studentenfilmfestival „sehsüchte“ gibt es unter: www.sehsuechte.de.

(nach einer Pressemitteilung von „sehsüchte“)

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