Drei mal drei Minuten für ein lebendiges Museum
Kurt Denzers Museums-Kurzfilme
„Ich konnte das revitalisieren, was ich in meiner Anfangszeit als Filmemacher gelernt hatte“, sagt Dr. Kurt Denzer, langjähriger Leiter der AG Film der CAU und Begründer des Kieler Archäologie-Film-Kunst-Festivals Cinarchea über drei Kurzfilme, die er für das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum Schloss Gottorf und das Wall-Museum in Oldenburg/Holst. gedreht hat. Und, dass „es eine besondere Herausforderung“ gewesen sei, „Filme zu drehen, die ohne Ton auskommen, bei denen man sich also ganz auf die Bildersprache verlassen muss“.
Die Vorgeschichte: 2003 erhielt Denzer, dessen Haithabu-Filme aus den 80er und frühen 90er Jahren im Gottorfer Museum nicht nur ein Publikumsrenner, sondern auch eine gute Einnahmequelle für das Museum sind, einen Anruf von Museumsdirektor Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim. Der benötigte zur Illustration des Baus von Hünengräbern einen Film, der zeigt, wie die Baumeister einst Megalithen transportierten. Zunächst sollte eine Hamburger Videoinstallationsfirma damit beauftragt werden, aber deren Exposé passte nicht ins Museumskonzept und war auch um einiges zu teuer. „Macher von Videoinstallationen sind keine Filmer, sie arbeiten nicht mit dem klassischen Handwerk des Films, sie beherrschen seine Syntax nicht“, weiß Denzer und kritisiert „die ständigen Ein- und Überblendungen und den Trickblendenfetischismus“, der „die Filmästhetik um 50 Jahre zurückdreht“.
Keine computeranimierte Trickbox, sondern ein richtiger Film musste her. Vorgaben: Der Film musste ohne Ton und ohne Texteinblendungen auskommen, denn er sollte im Museum in einer Vitrine (in Endlosschleife von DVD) gezeigt werden. Und er durfte nicht länger als drei Minuten sein, denn das ist der Erfahrungswert für die Verweildauer eines Museumsbesuchers vor einer Vitrine. Denzer arbeitete bei der Produktion eng mit dem experimentellen Archäologen Harm Paulsen zusammen. Paulsen ist bekannt für seine genau recherchierten Nachstellungen historischer Alltagstätigkeiten. In „Der Schlitten der Steinzeit – Transport eines Megalithen“ „erfindet“ Paulsen am Schreibtisch nach, wie man einen schweren Körper mit Rollen transportieren kann, dass es nicht genügt, den Megalithen selbst auf Rollen zu legen, sondern dass man dafür Bohlen braucht, auf denen der Stein ruht. Mit präzisem Blick zeigt die Kamera Paulsens Hände beim Hantieren mit einem Lineal (Bohle) und Bleistiften als Rollen.
„Aber man darf nicht nur Hände sehen, man muss auch den Menschen dahinter zeigen“, beschreibt Denzer sein Drehbuchkonzept. Mit Schülern wurde der Megalith-Transport „live“ im Freien nachgestellt, was der Film in seinem zweiten Teil zeigt und so die historische Technik mit- und nacherlebbar in Szene setzt.
Auf ähnliche Weise zeigt der Kurzfilm „Die Bernsteinperle – Das Gold des Nordens“ die Herstellung einer Bernsteinkette, eines Schmuckstücks aus dem Neolithikum. Auch hier schneidet Denzer den experimentellarchäologisch nachgestellten Werkvorgang instruktiv bebildernd zwischen Detailaufnahmen und Totalen des arbeitenden Harm Paulsen hin und her.
So wird sowohl der Werkgegenstand, die filigrane Bernsteinperle, wie auch seine Bearbeitung, hier mit einem Bohrer, deutlich. Und das im richtigen Kinoformat, denn Denzer drehte neben wenigen Szenen auf miniDV vor allem im 35 mm-Format (16 mm beim Megalithen-Film).
Eigens für die Ausstellung in einem Museum gedrehte Filme sind selten, nach Denzers Kenntnis gebe es derlei nur im Stockholmer Museum (ein Film über das Vaasa-Schiff). Abgesehen von den meist längeren Haithabu-Filmen entwickelte Denzer mit den 3-Minütern also ganz nebenbei auch noch ein neues Dokumentarfilmformat. Wie schon die Haithabu-Filme vor 20 Jahren erfreuten sich die beiden 3-Minüter deshalb auch auf den Fachfestivals hoher Aufmerksamkeit. Schon 2003 liefen sie in Brüssel, Athen, Rovereto, Bordeaux und bei einem Kongress in Barcelona. 2005 kamen Nyon und Anfang April auch Amiens hinzu. Denzer hat zu diesem Zweck zudem Kinoversionen erstellt, mit Ton, Kommentar und zum Teil auch Musik, die aus dem Soundtrack des Cinarchea-Trailers von Thilo von Westernhagen zusammengestellt wurde.
Waren „Der Schlitten der Steinzeit“ und „Die Bernsteinperle“ schon sehr erfolgreich, legte Denzer in diesem Jahr nach. „Beizjagd in Starigard“ stellt eine mittelalterliche Habichtjagd nach, wie sie in Wagrien um 1000 als Teil der höfischen Kultur veranstaltet wurde. Wissenschaftlicher Berater war hier Dr. Rüdiger Schniek, die Produktion übernahm nach dem pro forma Ende der AG Film der CAU mit Denzers Pensionierung die von ehemaligen AG Film-Mitgliedern gegründete Greve & Hochscherf Produktion (vgl. Drehbericht in der Märzausgabe von infomedia-sh.de). Auch dieser Film kommt mit knappen drei Minuten aus, um ein lebendiges Bild von der Beizjagd zu liefern.
Zusammen mit den ersten beiden 3-Minütern gewann er beim diesjährigen Archäologie-Film-Festival in Nyon einen Sonderpreis. Die Jury lobte dabei Kameraführung und Kadrierung sowie deren dramaturgische Wirksamkeit, in so kurzer Zeit und so kompakt einen Sachverhalt darzustellen. Der jüngste Denzersche Museumsfilm „Beizjagd in Starigard“ ist auch beim 9. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide zu sehen. (jm)
- „Der Schlitten der Steinzeit – Transport eines Megalithen“. D 2003. 3 Min. 16 mm, miniDV. Buch, Regie: Kurt Denzer. Produktion: Kurt Denzer, AG Film der CAU. Wiss. Beratung: Harm Paulsen.
- „Die Bernsteinperle – Das Gold des Nordens“. D 2003. 3 Min. 35 mm, miniDV. Buch, Regie: Kurt Denzer. Produktion: Kurt Denzer, AG Film der CAU. Wiss. Beratung: Harm Paulsen.
- „Beizjagd in Starigard“. D 2005. 3 Min. DV. Buch, Regie: Kurt Denzer. Produktion: film im museum – Greve & Hochscherf. Wiss. Beratung: Dr. Rüdiger Schniek.