JazzBaltica 2004: Roberta Gambarini

Die unergründliche Leichtigkeit des Swing

Es gibt sie noch, die Traditionalisten, die das große Erbe des Swing geradezu gralshüterisch bewahren. Und das Erstaunliche ist, dass die nicht etwa aus dessen New Yorker Wiege kommen, sondern aus dem guten alten Europa. Die italienische Sängerin Roberta Gambarini eröffnet ihr „Salzau Project“ mit Bess‘ zentraler „Arie“ aus Gershwins „Porgy & Bess“, einer der wenigen Opern, die der Jazz hervorgebracht hat.

Das darf man als Zeichen verstehen, vielleicht sogar als Bekenntnis für die alte, aber immer noch unergründliche Leichtigkeit des Swing, dessen letztes Wort noch lange nicht gesprochen ist, es sei denn von der Gambarini. Oder von Slide Hampton, dem großen alten Mann an der Posaune, der Gambarini die swingenden Bälle zuwirft als wären es sprechende Wattebäusche. Zusammen mit Roy Hargrove wird aus dem Duett in „On The Sunny Side Of The Street“ ein Trio, das der Melodie im harmonischen Unisono mit Gambarinis Back-to-the-Forties-Stimme huldigt. Fast schon eine Hookline, die umso eindringlicher wird, wenn Hargrove die Trompete absetzt, um jetzt wirklich zu singen. Ein reich beklatschtes Intermezzo der unerwarteten Art.

Zum Kabinettstückchen aus dem „All American Songbook“ des Jazz gerät Gambarini auch der Standard „Lush Life“. Selten hat man diese weltschmerzende Ballade so zart gehört, und doch pulst dabei der Swing wie in Duke Ellingtons „Sentimental Mood“, zu dem Gambarinis Quintett unbeschwert hingehuschte Soli ausstößt. Slow Motion und der stille Downbeat des Swing entfalten bei all den Evergreens des Jazz jene Leichtigkeit, die dem Traditionellen jede Patina nimmt. Als würde das Alte wiedergeboren – in der Frische italienischen Temperaments. (gls)

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