Nordische Filmtage Lübeck 2003
Von amüsant bis zu vergeigt – Der Kurzfilmabend auf dem Filmforum Schleswig-Holstein
Die traditionelle Kurzfilmabend auf dem Filmforum Schleswig-Holstein bot wie gewohnt Höhen und Tiefen. Letztere waren aber zu verkraften, da sie dennoch eine gewisse Unterhaltung boten und eben „kurzfilmig“ waren.
„e-mail express“ (2002, 35mm, 8 Min.) von Barbara Marheinke kam auf dem ersten Blick sehr gelackt in Licht und Set daher, entpuppte sich aber dann sehr schnell als amüsante Komödie um eine verfängliche, weil äußerst freizügige e-mail. Ein von seiner Chefin und allen weiblichen Angestellten in seinem Betrieb, einer Werbeagentur, heiß begehrter und hoch verehrter Mitarbeiter, schickt eine e-mail, in der er seine Männlichkeit freizügig für seinen Lover abgelichtet hat, versehentlich in den falschen Verteiler und landet so trotz verzweifelter „Gegenwehr“ mit dieser auf dem PC-Schirm der Mitarbeiter-Besprechung. Ein Film mit Witz und Tempo, der trotz einer gewissen Vorhersehbarkeit des Plots Spaß bereitete.
e-mail express
Was man leider über Marco Gieses Kurzkomödie „Der Dorfsheriff“ (2003, 35mm, 12 Min.) nicht sagen kann. Der Film ist schön fotografiert (Kamera: Claus Oppermann) in blühenden holsteinischen Rapsfeldern, aber leider vergeigt. Einem Dorfpolizisten, der ausnahmsweise anstatt mit dem Auto auf dem Fahrrad seiner Ehefrau zum Dienst fahren muss, begegnet ein Ampelrotlichtfahrer auf einem Rennrad. Über Stock und Stein, heftig grimassierend nimmt der Schupo die scheinbar aussichtslose Verfolgung auf seinem Damenfahrrad auf. Doch das hat Marco Giese, Absolvent des Aufbaustudiengangs bei Hark Bohm in Hamburg, auch schon mal besser gekonnt, zu absehbar die Pointen, zu bemüht die ganze Geschichte.
An „Akutes Abdomen“ (2001, auf Super-8 gedreht, dann auf S-VHS übertragen, 5 Min., ohne Dialoge) erstaunt am allermeisten das Alter der Macher, wenn man es in Relation zur Filmhandlung setzt. Regisseurin (Co-Autoren: Bruno Ruizicka, Claus C. Plaass) und Hauptdarstellerin Elisabeth Saggau (Jahrgang 1950 und diplomierte Archäologin) lässt in dieser nett schrulligen Klamotte, die früheren Nachwuchstreffen der LAG Film auf dem Scheersberg alle Ehre gemacht hätte, ihre „spätpubertäre Sau“ raus. Der Inhalt: ein Staubsauger erkrankt ernsthaft und wird daraufhin fachärztlich behandelt. Auch das bei dieser Veranstaltung übliche kurze Gespräch zu dem Film zwischen Moderator Christian Pötschke und den Machern entbehrte nicht einer gewissen absurd albernen Komik.
Akutes Abdomen
„Er und Es“ (2003, Beta SP, 11 Min.) von Filmhochschüler Toke Constantin Hebbeln zeigt in dichter Inszenierung „Szenen“ einer Beziehung. Der dramatische Stimmungsumschwung eines junges Paar vom entspannten Gespräch mit Lachen und Verstehen zu einer heftigen, aggressiven Auseinandersetzung, in der männliche Gewalttätigkeit dominiert, wusste zu beeindrucken.
In „Die erste Nacht“ (2003, Beta SP, 5 Min.) spielt Regisseur Timo Landsiedel gekonnt mit der Dramaturgie von Psycho- bzw. Splattermovies. Ein junger Mann auf dem nächtlichen Nachhauseweg wird mit einer unsichtbaren Bedrohung konfrontiert. Was folgt ist eine wilde „Verfolgungsjagd“ zwischen Protagonisten, Kamera und Filmmusik.
Einziger kurzer dokumentarischer Film war Kurt Denzers „Der Schlitten der Steinzeit – Transport eines Megalithen“ (2003, Beta SP, 3 Min.). „Es waren keine Riesen nötig, um Steine für ein Hünengrab zu transportieren“ (Katalog der Nordischen Filmtage): Unter Anleitung von Harm Paulsen, der experimentelle Archäologie für das Archäologische Landesmuseum auf Schloss Gottorf betreibt, wird gezeigt, wie eine Schulklasse von Zehnjährigen mit Hilfe von Baumstämmen einen Riesenstein transportieren kann.
Gewohnt inspiriert und phantasievoll ging es wieder einmal bei Michael Zemjatnins zu. In seinen Zeichentrickfilm für Jung und Alt „Krickels Abenteuer“ (2003, 35mm, 6 Min.) bringt das kreidegezeichnete Mädchen Krickel einen frisch geschlüpften Vogel durch eine abenteuervolle Jugend bis zum Flüggewerden.
Amüsant und lohnend, weil perfekt ins Bild gesetzt, auch der kurze computeranimierte Film „Kicker“ von Marc Hermann (2002, Beta SP, 3 Min.). Ein Tischfußballteam wird zum Leben erweckt.
(hsch)