Blutige Loyalität

“Protokoll einer Entscheidung” (D 2003, Thomas Plöger)

Leicht verwackelte Super-8-Aufnahmen von einem Familien-Picknick im Grünen. So beginnt Thomas Plögers dramatischer Kurzfilm “Protokoll einer Entscheidung”. Die Minen der großen Runde zeugen von einem Glück, das so wohl nie bestanden haben kann. Nur die klagende Filmmusik von Chris Evans-Ironside kündigt die folgenden Ereignisse an. Das Familienfest wird jäh beendet. Es fällt ein Schuss. Das Familien- und Staatsoberhaupt fällt diesem Staat zum Opfer. So endet der Vorspann.

Dass der Film in einem totalitären Regime spielt, wird bald danach klar: Ein Bruder (Mathias Harrebye Brandt) muss als Polizeichef den anderen (Tom Keller) in einem düsteren Keller verhören. Was sich dieser zu Schulden hat kommen lassen, bleibt im Dunkeln, im fahlen Licht der Szenerie. Nur eins ist deutlich: Es wird ein Schuldiger gesucht, und der Verhörende steht unter einem noch größeren Druck als der Verhörte. Immer wieder betäubt sich der Polizeichef während des Verhörs, in dem er von einem Wächter unterstützt wird, der die Brutalität eine Folterers offen zur Schau trägt, mit Alkohol.

Frederick (Mathias Harrebye Brandt) verhört seinen Bruder Robert (Tom Keller). Im Hintergrund beobachtet Wärter Karl (Colin Moore) das Geschehen. (Foto: Detlef Dennig)

Auch Frau und Sohn des Beschuldigten sind in Haft und werden verhört. Einer wird schließlich geopfert werden. Wer, soll hier nicht vorweggenommen werden. Ebenso nicht der lakonische Schluss, der in seiner Austauschbarkeit das Sinnlose dieses Systems unterstreicht, das blutige Loyalität fordert.

Spannend und mit Gefühl für die Psychologie der Personen hat Thomas Plöger diesen Film, frei nach einem Stoff von Harold Pinter, inszeniert. Eine kleine Riege engagiert spielender Schauspieler kam ihm dabei zur Hilfe, dieses dunkle Kammerspiel zu realisieren. Man kann Plöger nur zu seinem Mut, diesen durchaus schwierigen Stoff anzupacken und zu bewältigen, gratulieren. (Helmut Schulzeck)

“Protokoll einer Entscheidung”, D 2003, 22 Min., Mini-DV und Super-8, Co-Produzent, Buch, Regie, Schnitt: Thomas Plöger, frei nach einem Drama von Harold Pinter, Kamera: Malte Nieschalk, Musik: Chris Evans-Ironside, Darsteller: Mathias Harrebye Brandt, Tom Keller, Colin Moore u.a., eine Produktion der Studentischen Arbeitsgemeinschaften Schleswig-Holstein (Film / Video AG & Medienwerkstatt). Bei “Augenweide” am Sonntag, 25. Mai, 18 Uhr.

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