Märtyrer in der Todeszelle

The Life of David Gale (Alan Parker, USA 2002)

„Unser Film ist ein Thriller. Es wäre heuchlerisch, etwas anderes vorzutäuschen angesichts der kommerziellen Anforderungen des heutigen Filmgeschäfts.“ Ehrlich ist Regisseur Alan Parker wenigstens. Für das Hollywood-Kino genügt es, ein ernstes Thema zu wählen – hier die Todesstrafe – um schon als anspruchsvoll zu gelten. Doch der Film wirkt zunächst redundant und genügt erst durch das erstaunliche, im Nachhinein aufrüttelnde Ende jenem Anspruch, den er für sich reklamiert.

David Gale, eindringlich gespielt zwischen schwarzer Seele und armem Poeten von Kevin Spacey, ist Philosophieprofessor und engagierter Gegner der Todesstrafe – bis er selbst für den Mord an einer Mitaktivistin unschuldig zum Tode verurteilt wird. Nach dem aus „Schweigen der Lämmer“ bekannten Muster trifft der hochintgelligente Abgründige auf eine junge Journalistin (bekannt rehäugig Kate Winslet), die ihn retten könnte, weil sie ihn besser versteht als der Rest der Welt. Doch der Philosoph hat einen noch hintergründigeren Plan ausgeheckt, mit dem sein Tod der Sache, dem Kampf gegen die Todesstrafe, dienen soll.

Zwei Opfer, zwei Täter – Laura Linney, Kevin Spacey

Auf die Aufklärung darf also am Ende noch deren Auflösung folgen, man kann noch eins draufsetzen und den Zuschauer bis zur letzten Minute bei der Stange halten. Tragisch wie in der Oper zieht sich die Schlinge um das unschuldige (?) Opfer immer enger zusammen, um am Ende zu zeigen, dass ein Opfer nur als (Mit-) Täter zum Märtyrer werden kann. Wie weit kann – oder muss – ein Fanatiker gehen, um der Öffentlichkeit zu beweisen, dass der moralische Absolutheitsanspruch der selbsternannten Herren über Leben und Tod auch Unschuldige mordet? Das ist eine faszinierende Frage, die ihr Spannungsmoment allerdings erst im bedrückenden Finale wirkungsvoll entfaltet. (Gudrun Lübker-Suhre)

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