Nordische Filmtage Lübeck 2002
44. Nordische Filmtage Lübeck: Ein mittelprächtiger Jahrgang
Die 44. Nordischen Filmtage in Lübeck (31. Oktober bis 3. November 2002) sollten festlicher als sonst starten, so jedenfalls der einhellige Wunsch des Veranstalters, der Hansestadt Lübeck, und der wichtigsten Finanziers, die schleswig-holsteinische Landesregierung und der Norddeutscher Rundfunk. Und so zog man denn mit der von der Lokalpresse als „Gala“ betitelten Eröffnungsveranstaltung um in die großzügige Musik- und Kongresshalle. Ein paar Prominente waren sehr wohl zugegen (Armin Müller-Stahl, Bibi Anderson, Gyula Trebitsch, Jobst Plog, Heide Simonis), aber „Glanz und Glamour“ (LN 1.11.2002)? Nun ja, da hatte die werte Kollegenschaft der Lübecker Nachrichten wohl doch zu hoch gestapelt. Jedes Jahr eher erlitten, so auch dieses mal: der rund 80-minütige Ansprachenvorspann, den man wieder vor dem Eröffnungsfilm über sich ergehen lassen musste, zumal die Moderation des öfteren die Grenzen zur Peinlichkeit und unfreiwilligen Satire zu überschreiten schien.
Man kann sich darüber streiten, ob es wirklich wünschenswert ist, wie angedacht und teilweise schon praktiziert, noch mehr Fernsehproduktionen zu zeigen. Ein richtiger Kinofilm in 35mm-Produktion zur Eröffnung wäre auf alle Fälle angezeigter gewesen als eine knapp 60-minütige TV-Dokumentation („Schwestern im Leben“ von Wilfried Hauke). Aber dann hätte man ja auf den Veranstaltungsort verzichten müssen, der ja trotz aller Geräumigkeit eben kein Kino ist. Dass hier der äußere Schein vor dem Sein siegte, ist ansonsten nicht unbedingt Kennzeichen dieses Festivals.
Rund 17.500 Zuschauer in 4 Tagen zeigten aber, dass das Interesse des Publikums an den Nordischen ungebrochen ist. Neue Spiel-, Dokumentar und Kurzfilme aus Skandinavien und dem Baltikum, Kinder- und Jugendfilme, eine Retrospektive, die unter dem Titel „Starke Frauen“ den skandinavischen Regisseurinnen Astrid Henning-Jensen, Edith Carlmar und Mai Zetterling gewidmet war, eine kleine Werkschau unter der Überschrift „Märchen & Mystery“ und last but not least Filme aus Schleswig-Holstein lockten nicht nur Cineasten in Scharen in die sieben Festivalkinos (CineStar und Lichtspiele Hoffnung).
Die Ausbeute der aktuellen Produktionen war mittelprächtig. Hochklassige Filme aus Skandinavien waren eher die Ausnahme (am ehesten erfüllten noch „Der Mann ohne Vergangenheit“ von Aki Kaurismäki und „Open Hearts“ von Susanne Bier die Erwartungen). Auch das Programm des Filmforums Schleswig-Holstein, das heuer zum 15. Mal unter der neuen Leitung von Angela Buske veranstaltet wurde, ließ herausragende Highlights vermissen. Seinem Anspruch, die Bandbreite schleswig-holsteinischer Filme zu zeigen und einen Treffpunkt für die Filmszene des Landes zu bieten, wurde das Forum dennoch gerecht. Hier gilt wie für das ganze Festival in diesem Jahr, dass Kontinuität sich zweifelsohne auszahlt und dass ein Festival immer so gut sein kann wie die ihm zur Auswahl stehenden Produktionen. (Helmut Schulzeck)