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„Doku-Fake“ von Helmut Schulzeck und Maria-Debora Wolf wird bei den Nordischen Filmtagen uraufgeführt.
„Das ganze menschliche Leben geht durch ein Loch“, sagt Darsteller Bernd Fiedler im „Doku-Fake“ „www.betreuteLoecher.de“ des Kieler Filmers Helmut Schulzeck (Co-Autorin: Maria-Debora Wolf), das bei den Nordischen Filmtagen (31.10. bis 3.11.2002) seine Uraufführung erleben wird. „Wenn es gezeugt wird, geht es durch ein Loch rein und bei der Geburt geht es durch ein Loch raus.“
Auch „in Wirklichkeit“ gibt es eine Wissenschaft vom Loch, jenem Phänomen der Abwesenheit von Etwas. Ob die hier von einer Loch-Forscherin (Maria-Debora Wolf) entwickelte Philosophie der Leere wirklich nur ein absurd scherzhaftes Fake ist, lässt der 14-minütige Kurzfilm bewusst offen, indem er im Gewand der Doku recht ernsthaft daherkommt. Auch in der changierenden Form geht es dem Film also um jenen „Raum für das Dazwischen“, den die Loch-Betreuerin immer wieder beschwört. „Wirkliche“ Dokumentation über das Löchrige der Welt oder psychopathologische Studie über eine Verwirrte? Man kann „www.betreuteLoecher.de“ als beides lesen.
Ganz real existierend ist jedenfalls das gähnende Loch, das die abgerissene Fassade des Kieler Hauptbahnhofs seit Monaten bietet und welches für Schulzeck real empörender Anlass für seinen zuweilen geradezu surreal-subtextlich anmutenden Film bot. Solche „offenen, sich noch entwickelnden Löcher“ will Darstellerin Wolf „betreuen“, der Faszination ihrer Leere nachspüren und sie vermessen – vor dem Kieler Hauptbahnhof ebenso wie vor der Löcherlandschaft rund um das neue Bundeskanzleramt in Berlin und – nicht ohne Poesie der Bilder, wenn Wolf mit Zollstock durch die Weite stapft – auch im Watt vor Büsum.
Löcher sind ein Nichts, so handelt auch dieser Film vom Nichts, das mit vielen dadaesken Worten be- und umschrieben wird und so mitten im abgedrehten Scherz, im Dazwischen des Unentschiedenen zwischen „real“ und „virtuell“, zwischen Doku und Fake (somit treffend gewählt auch der Titel) eine kleine Philosophie des (Nicht-) Seins entwirft. „Ein Blödsinn, der wahr sein könnte“, meint Schulzeck. Oder vielleicht sogar „wahr“ ist? (jm)
Drehbuch: Maria-Debora Wolf, Helmut Schulzeck; Regie, Kamera, Produktion und Musik: Helmut Schulzeck; Schnitt: Frank Fiedler (MiniDV/Beta SP, 14,5 Min.)