Verflüssigung der Bilder

„Liquid Images“ zeigten beim „Kultur-Rausch“ in der Kieler Schwimmhalle am Lessingplatz Film-Clips auf, im und unter Wasser.

Über und in die Wellen wogen Bilder eines überdimensionierten Auges, das Wärme-Bild einer Frau in der Infrarotkamera, Schmetterlinge, die zu Fröschen und Quallen mutieren, und animierter Zahlentext als Metapher für das digitale Zeitalter der Daten- und Bilderströme, in die man buchstäblich eintauchen kann. „Liquid Images“ heißt das Projekt von Friederike Rückert, Ina Pirk (beide Studentinnen an der Kieler Muthesius-Hochschule) und der „Optischen Bank“ des Video-Diskjockeys Michael Carstens, das am 11. und 12. März in der Schwimmhalle am Lessing-Platz realisiert wurde.

Wasser als Projektions- und gleichsam Auflösungsfläche für animierte Bilder hat Ina Pirk in ihrer Diplomarbeit „Die Stille“ thematisiert (Präsentation am 10. April im ehemaligen Edeka-Supermarkt am Kieler Dreiecksplatz). Das abstrakte Zeichen durch Animation und Projektion auf bewegte Flächen zum Leben zu erwecken ist Pirks Ansinnen in ihren Videoinstallationen. Bereits bei der Artgenda 2000 in Helsinki hat sie dabei mit Friederike Rückert zusammengearbeitet. Auf einen im Wasser schwimmenden Multimedia-Cubus projizierten die beiden damals unter anderem Bilder von Heringen.

Während Pirk mit digitalen Animationen arbeitet, fügt Rückert den „Liquid Images“ ein „natürliches“ Element hinzu, animierte Zeichnungen aus und nach der Natur, namentlich Schmetterlinge, Frösche, Blumen und Korallen, die sich auf der Fläche von „Wasser, Wiese, Himmel“ metamorphotisch in- und auseinander verwandeln. „Es war mir wichtig, als Kontrast zur Arbeit vor Bildschirmen etwas mit der Hand Gemachtes, etwas Organisches, die Zeichnung einzuarbeiten“, beschreibt Rückert ihren Beitrag zu „Liquid Images“. Ihr Kurzfilmprojekt „Ophelia“, das die Kulturelle Filmförderung S.-H. fördert, setzt sich ebenfalls mit der Opposition zwischen Natur und kultureller Formung der Zeichen und Rollen auseinander, indem es die Kategorien „Wasser, Tod und Weiblichkeit“ bildhaft verbindet beziehungsweise in Kontrast setzt.

Der Dritte im Bunde der Verflüssigung von bewegten Bildern ist Michael Carstens mit seiner „Optischen Bank“. Deren Kapital sind knapp 200 Video-Loops, „found footage“ unter anderem aus wissenschaftlichen Lehrfilmen der 70er Jahre nebst selbst Gedrehtem, etwa rasche Kamerafahrten, die er mit einem Videomixer live in die Performance filmischer Bilder einwebt. Sein Stimulanz sind dabei Klänge aus dem Bereich der Ambient-Music zum Beispiel von Brian Eno, „sphärische Sachen“ und Downbeats der elektronischen Audio-Trance-Avantgarde.

verflüssigen die Bilder – Ina Pirk, Michael Carstens und Friederike Rückert
(v.l.n.r. – Fotos: jm)

Auf den experimentellen Charakter des Augenblicks setzen die drei Künstler bei der Live-Performance in der Lessing-Halle, deren ganz eigenes architektonisches Ambiente aus den 30er Jahren nicht unerheblich zur „Schaffung eines Bilder-Raums“ beiträgt und darin nicht zuletzt zurück zu sich kommt. Die Projektion auf vor die sieben Fenster gehängte Opera-Folien macht den Bilderraum auch im städtischen Umfeld außerhalb der Schwimmhalle erfahrbar. Das Wasser spiegelt die Bilder an die Decke der Halle und eröffnet so eine weitere Projektionsfläche, die vom in den Bildern schwimmenden Publikum und seinen Schattenwürfen interaktiv beeinflusst wird.

Lobend erwähnt das Bilder in liquide Stürme aus Pixeln verwandelnde Trio die kongeniale Kooperation mit dem Team der Schwimmhalle. Sollte sich das Konzept bewähren, plant man Fortsetzungen solcher Animationen mit in Bildern badendem Publikum als regelmäßiges Event in der Lessing-Halle. (jm)

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