16. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide 2012

Gute Welle, gute Vibes

„Eat Pray Surf“ (Ulf Wahls und Lukas Steinbrecher, D 2011)

Surf-Filme – achgottachgott: Blonde Kalifornier, die die Welle im Blut haben, Machos des Bretts, Muskelmänner des Meers … Man hat derlei über, zu viel davon ist auf Event- und Lifestyle-Kanälen und in Szene-Zeitschriften willfährig „splashend“ und allzu gischtig fotografiert worden. Insofern ein filmisches Wagnis, das die Kieler FH-Studenten Ulf Wahls und Lukas Steinbrecher allerdings etwas anders angehen lassen. Leise kommt ihr Dokumentarfilm über Wellenreiter auf Bali daher, reitet nicht die übliche Welle ab, bleibt auch in den Surf-Aufnahmen unspektakulär auf (Strand-) Distanz, verlegt sich vielmehr auf die Seele des Surfens.
Ja, letztere gibt es – in Surfern, die jenseits der voll geilen „Green Wave“ sich Gedanken machen über den tieferen Sinn ihres Gleitens. Zwei davon porträtieren die Kieler Filmer in ihrer feinfühligen Doku „Eat Pray Surf“: Piping ist „eingeborener“ Balinese, gebürtiger Muslim, dann aber durch Schulerfahrung zum Hinduismus konvertiert. Ein Mann, der nicht von ungefähr dauernd lächelt. Surfen hat ihn gelehrt, das zu versuchen und vor allem zu genießen, „what happens“. Eine Gegenwart im Leben, die mancher Europäer, auch surfend, vergeblich sucht. Da spricht – und surft – ein Zufriedener, einer, der mit sich und Welt und Welle in sowas wie Einklang ist. „Don’t worry about nothing, just enjoy“, sagt er. Und so verblasen spät-verhippiet das aus westlichem Mund scheinen mag, jenes „Gebet“ (und Gebot) nimmt man dem Balinesen ab.
Eiland des surfend beseelten Lächelns: Piping (Still aus „Eat Pray Surf“)
Etwas schwerer fällt das schon bei Daniel Rastorfer. Der blonde Selfmade-Man mit (heute) Rasta-Locken baute in Kalifornien einst eine Fensterputzer-Firma mit dutzenden Mitarbeitern auf. Allein, irgendwann bemerkte er – nämlich bei einem Surf-Urlaub auf Bali -, dass ihn das nicht ausfüllte. So stieg er aus, verkaufte die Firma und lebt seitdem im südseeischen Surfer-Paradies. „Surfing was the beginning of my inspiration“, vermeldet er im Interview – und wirkt dabei erst zweifelhaft, dann umso überzeugender. Ein Aussteiger, der im einfachen und wellen-verbundenen Leben auf Bali sein neues Leben, sein wirkliches, so sagt er, fand. Können wir ihm das glauben? Schon, denn der Mann spricht als Konvertit von den Wellen des Geldes zu denen der Natur, der begeistert ist von der unmittelbaren Naturverbundenheit seiner neuen Nachbarn.
Auf Bali scheint es nicht nur eine gute Welle zu geben, sondern auch gute Vibes wie einst zu Blumenkinderzeiten. Die Filmemacher fangen beide ein, richten ihre Kamera fast naiv auf postgekartete Sonnenuntergänge und darin glühende Reisfelder, aber auch auf ein Völkchen, das selbst mit westlichem Aussteiger-Zuwachs seiner surfenden Seele treu bleibt. Bali, das Paradies, das wir immer suchten und suchen? Ein „Vielleicht“ schwingt dennoch mit – auf dem Brett, das die Welt der Wellen bedeutet. (jm)
„Eat Pray Surf“, D 2011, 28 Min., Buch, Regie, Kamera, Schnitt und Ton: Ulf Wahls und Lukas Steinbrecher, Musik: Sebastian Gimm, Jan Misdorf, Jonas Teichmann, Ulf Wahls
Cookie Consent mit Real Cookie Banner