Nordische Filmtage Lübeck 2002
Zehn Jahre unerfüllter Träume
Riga 10 Jahre danach (Riga 10 gadus pec)
Der Film im östlichen Baltikum zieht Bilanz. Zehn Jahre nach der Unabhängigkeit, zehn Jahre nach dem Sturz des Sowjet-Imperiums sind die Träume immer noch unrealisiert. Anhand von vier Bewohnern der lettischen Metropole, vom Fleischer über den Polizisten und die Anwältin bis zur Opernsängerin, zeichnet Arta Biseniece in „Riga 10 Jahre danach“ (LIT 2001, 58 Min., Beta SP) nach, welche Träume von der kapitalistischen Freiheit in Erfüllung gingen und welche eher arm blieben.
Stark wackelnd, wie die Suche nach dem persönlichen Glück eine wacklige Angelegenheit ist, geht die Kamera ins Interieur der Spießigkeit, die vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ genauso war wie danach. Individuen als Reflexe der Geschichte, die als Rechnung nicht aufgehen will. Die neu gewonnene Freiheit erscheint darin oft eher als Bedrohung, denn als Hoffnung.
Und dennoch bleibt der Mensch, der auch darüber lächelt, ein bisschen selbstverliebt, aber doch offen für das, was nach dem noch nicht Eingelösten weiter erträumt werden darf. „Was darf ich hoffen?“, fragte einst ein Philosoph aus Königsberg/Kaliningrad. Der Film ist dafür vielleicht nicht das ganz falsche Medium einer – wie kein Geringerer als der olle Marx das mal nannte – „utopischen Protestation“. (jm)