Dokumentiert: Rede der kulturpolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Uta Röpcke zur Beratung des Landeshaushalts 2025 / Bereich Kultur am 17.07.2024

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

„Die Kunstfreiheit ist ein sehr hohes Gut. Dennoch darf antisemitische Kunst nicht vom Staat gefördert werden. Prävention von Antisemitismus in Kunst und Kultur muss Priorität haben.“

Das ist der Wortlaut der Drucksache 20/2144 (neu), 2. Fassung mit dem Titel „Klares Bekenntnis gegen Antisemitismus“, die wir in diesem Parlament am 24.05.24 gemeinsam verabschiedet haben. Ein ebensolches Bekenntnis gegen Antisemitismus sowie eine aktive Ablehnung jedweder Form der Diskriminierung und Ausgrenzung möchten wir nun verbindlich und rechtssicher als Grundlage einer veränderten Förderpraxis auf den Weg bringen. Und damit keine Auslegungsunsicherheiten aufkommen, werden zentrale Begrifflichkeiten zusätzlich als Teil der Begründung eindeutig definiert.

Auch über unser Grundgesetz haben wir im Mai anlässlich seines 75. Geburtstags ausführlich beraten. Für mich persönlich und für meine politische Arbeit hat Artikel 5 Absatz (3) „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ eine besondere Bedeutung. Und genau über diese „Freiheit der Kunst“ einerseits und dem Eingriff in die Meinungsfreiheit zum Schutz der Menschenwürde andererseits gibt es bundesweit, spätestens seit der letzten documenta, heftige öffentliche Debatten, wie sich die Kunstfreiheit bewahren und gleichzeitig offenem oder verdecktem Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit effektiv entgegentreten lässt. Zivilgesellschaftlich, aber auch mit allen Mitteln des Rechtsstaates.

Kunst und Kultur dienen der gesellschaftlichen Selbstvergewisserung und Identitätsfindung, existieren in Zwischenräumen und müssen diese ausloten. Erst in diesen Zwischenräumen sind Selbstreflexionen möglich.Aber: Selbstreflexion heißt nicht, dass alles erlaubt ist.

Kunst- und Meinungsfreiheit und die Ablehnung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind kein Gegensatz. Diese beiden Verfassungsprinzipien stehen gleichrangig nebeneinander. Wir beraten hier über die Frage, was der richtige Weg sein kann, die im Grundgesetz verbriefte Kunstfreiheit zu gewährleisten und gleichzeitig sicherzustellen, dass öffentlich geförderte Kultureinrichtungen und Künstler*innen gesamtgesellschaftlich definierte rote Linien in Bezug auf gruppengezogene Menschenfeindlichkeit wahren.

Das MBWFK hat schon im Juni 2023 den ersten Schritt gemacht und die Richtlinie für Kulturförderung in Schleswig-Holstein nachgeschärft. Das hat Mitte vergangenen Jahres, bei der Anpassung der Förderrichtlinien, niemanden wirklich interessiert, denn diese Anpassung bewegte sich innerhalb der Logik von Antidiskriminierung, Antirassismus und dem Schutz von Minderheiten in unserem Bundesland, die sich ja auch im Maßnahmenkatalog des Landesaktionsplans gegen Rassismus widerspiegelt.

Der nun vorliegende Gesetzentwurf ist ein guter erster Vorschlag auf dem Weg hin zu einer rechtssicheren diskriminierungs- und rassismusfreien Förderpraxis über alle Bereiche, auf den sich kürzlich auch die Kulturminister*innen der Länder auf Grundlage des vom BKM in Auftrag gegebenen Gutachtens des Verfassungsrechtlers Christoph Möllers gemacht haben.

Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens und der Befassung in den Ausschüssen sollten wir uns gemeinsam den noch offenen und notwendigen Fragen widmen, dieses Instrument für die Förderpraxis in Schleswig-Holstein auch so auszugestalten, dass es für alle Beteiligten gleichzeitig einfach handhabbar, maximal wirksam und rechtssicher ist.

Ich freue mich daher auf weitere konstruktive Beratungen in den entsprechenden Ausschüssen.

Vielen Dank!

(nach einer Pressemitteilung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Schleswig-Holsteinischen Landtag – Redemanuskript – es galt das gesprochene Wort)

 

Titelfoto: Uta Röpcke, MdL (Foto: GRÜNE SH)

 

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