Max Ophüls Preis für „Full Metal Village“
Der von der Kulturellen Filmförderung S.-H., der MSH – Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Medien in S.-H., von der Hessischen Filmförderung und dem Kuratorium junger deutscher Film geförderte Dokumentarfilm „Full Metal Village“ von Sung-Hyung Cho hat nach dem Hessischen Film- und Kinopreis 2006 und dem Schleswig-Holstein-Filmpreis (Kategorie: „Beste Dokumentation“) im November 2006 nun auch den Max Ophüls Preis 2007 gewonnen. Nach dem Spielfilm „Am Tag als Bobby Ewing starb“ von Lars Jessen (2005) und der Dokumentation „Mañana al Mar“ von Iris Thomsen (Dokumentarfilmpreis 2006) ist dies bereits der dritte schleswig-holsteinische Film in Folge, der bei dem renommierten Nachwuchs-Festival einen Preis gewinnt.
„Full Metal Village“ ist ferner der erste Kino-Dokumentarfilm, der den Hauptpreis in Saarbrücken gewinnt.
Wir dokumentieren hierzu eine Pressemitteilung des 28. Filmfestivals Max Ophüls Preis, das vom 15. bis 21. Januar in Saarbrücken stattfand:
Die Preisträger des 28. Filmfestivals Max Ophüls Preis
Das Filmfestival Max Ophüls Preis freut sich, die Preisträger der 28. Ausgabe des Festivals bekannt geben zu können:
Max Ophüls Preis
Der Max Ophüls Preis 2007 geht an Sung-Hyung Cho für ihren Film „Full Metal Village“.
Begründung der Jury: Das ebenso humorvolle, vielschichtige wie präzise Portrait des verschlafenen Dorfes Wacken, das einmal im Jahr zum Headquarter der Heavymetalszene wird, ist nicht nur ein sehr unterhaltsamer Dokumentarfilm, sondern ein faszinierendes Bild deutscher Identität. Sung-Hyung Chos virtuose Montage verdichtet die Wirkung der hinreißenden Bilder und Situationen zu einem großen Tableau Vivant absurder Gegensätze und Bezüge. Mit fremdem Blick stellt sie eine intime Beziehung zu Wacken und Bewohnern her und zeigt uns Leben in Deutschland, wie wir es selbst nicht hätten sehen können. „Wacken Rules!!!“
Mit Witz das Eigene im Fremden beobachtet: Regisseurin Sung-Hyung Cho bei der Preview ihres Films bei den Nordischen Filmtagen (Foto: jm)
Kurzfilmpreis
Der Kurzfilmpreis geht an Michael Dreher für seinen Film „Fair Trade“.
Begründung der Jury: „Fair Trade“ ist mehr als eine Geschichte über den Kinderhandel zwischen Afrika und Europa und die täglichen Tragödien einer käuflichen Welt. In eindringlichen Bildern mit starker Aussagekraft schafft es Michael Dreher in 15 Minuten einen erzählerischen Atem zu entwickeln, der dem existenziellen Drama gerecht wird. Exzellent besetzt und inszeniert!
Bester Nachwuchsdarsteller 2007
Der Preis für den besten Nachwuchsdarsteller 2007 geht an Florian Bartholomäi für seine Rolle in dem Film „Reine Geschmacksache“ von Ingo Rasper.
Begründung der Jury: Florian Bartholomäi spielt im Film „Reine Geschmacksache“ von Regisseur Ingo Rasper die Rolle des jugendlichen Sohnes Karsten mit verblüffender Leichtigkeit und einer großen Natürlichkeit. Mit beeindruckender Sensibilität gelingt es ihm, das „coming out“ seiner Figur und die wachsende Liebe zu Steven, dem Kontrahenten seines Vaters, glaubhaft darzustellen. Bemerkenswert ist sein einfühlsames, präzises Spiel zwischen Komik und den widersprüchlichen, komplexen Gefühlen eines jungen Mannes, der seine Sexualität entdeckt.
Beste Nachwuchsdarstellerin 2007
Der Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin 2007 geht an Gabriela Hegedüs für ihre Rolle in dem Film „Fallen“ von Barbara Albert.
Begründung der Jury: Für die vier Freundinnen, die sich aus Anlass einer Beerdigung wieder sehen, ist die gemeinsame Schulzeit nur noch blasses Zitat. Zu sehr hat die jeweils eigene Biografie das Leben verändert, so dass die Erinnerung an den „süßen Vogel Jugend“ nur schmerzhaft sein kann. Gabriela Hegedüs gibt in Barbara Alberts „Fallen“ ihr Filmdebüt. Eindringlich und facettenreich spielt sie Nicole, eine Freigängerin, die mit Teenagertochter und ehemaligen Schulfreundinnen durch ein Wochenende voll von melan„komischer“ Vergangenheit, nüchterner Gegenwart und trüber Zukunft irrlichtert. Anflüge von Paranoia, Halluzination, Wut und Trauer über die Vergeblichkeit, die sich in ihrem Leben breit gemacht hat, versteht sie dermaßen eindringlich zu verkörpern, dass sie aus einem Ensemble starker Frauen unvergesslich herausragt.
Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten
Der Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten geht an die Regisseurin Elke Hauck für ihren Film „Karger“.
Begründung der Jury: Dieser Film über einen starken, schwachen Mann, der Beruf und Familie verliert, ist berührend, beklemmend und voller Kraft. Elke Hauck hat sich mit solcher Genauigkeit ihren Figuren genähert, dass man immer wieder im Dokumentarfilm zu sein scheint. Gleichzeitig geht der Film mit seinen Protagonisten wie ein unbestechlicher und liebevoller Beobachter durch jede präzise gesetzte Einstellung, von Augenblick zu Augenblick. Wenn „Karger“ beim Verlassen der Stadt die Sonnenbrille aufsetzt und einen letzten Blick zurück wirft, wird diese einfache Handlung zu einer großen Geste des Kinos.
Dokumentarfilmpreis
Der Dokumentarfilmpreis geht an Arash T. Riahi für seinen Film „Exile Family Movie“.
Begründung der Jury: In „Exile Family Movie“ stoßen unterschiedlichste Kulturen und persönliche Geschichten mit unglaublicher Wucht und unverhoffter Direktheit aufeinander. Der Regisseur Arash T. Riahi schafft es mit großer menschlicher Wärme und einer gehörigen Portion Selbstironie, uns in die endlosen Verästelungen seiner Familiengeschichte hinein zu ziehen und uns mit einer neuen Sicht auf politische und gesellschaftliche Zusammenhänge zu bereichern, ohne je belehrend oder pädagogisch zu wirken. Wir wünschen dem Film, dass er über die Landesgrenzen hinaus Brücken bauen und Herzen öffnen kann und viele Zuschauer erreicht.
Publikumspreis
Der Publikumspreis des 28. Filmfestivals Max Ophüls Preis geht an den Film „Reine Geschmacksache“ des Regisseurs Ingo Rasper.
Preis der Schülerjury
Der Preis der Schülerjury geht an den Film „Große Lügen!“ von der Regisseurin Jany Tempel.
Begründung der Jury: Die deutsch-französische Schülerjury hat einen Film ausgewählt, in dem die Hauptprotagonistin zwischen Traumwelt und Realität schwebt. Auf der Suche nach ihrer Identität durchlebt sie verschiedene Ebenen ihrer Vergangenheit. Besonders angesprochen hat die Schülerjury die auffallende Farbästhetik des Films, der mit prägnanten Farben die Schönheit der inneren Welt der Hauptfigur widerspiegelt. Gefallen hat ihr auch, wie der Film Märchenhaftes, Romantisches, Großstadtwirklichkeit und Familiäres vereint. Die Handlung hat immer wieder unvorhersehbare Wendungen, mit einer überraschenden Auflösung. Nicht zuletzt war die Schülerjury begeistert von den beiden Schauspielerinnen Anna Thalbach und Claudia Mehnert.
Förderpreis der DEFA-Stiftung
Der Förderpreis der DEFA-Stiftung in Höhe von 4.000 Euro auf dem 28. Filmfestival Max Ophüls Preis 2007 geht an Saara Aila Waasner für ihren Film „Die Gedanken sind frei“.
Begründung der Jury: Susanne lebt seit ihrem 18. Lebensjahr mit einer Zwangserkrankung. Jeder einzelne Schritt im Alltag kostet sie viel Kraft und Überwindung. Vor 20 Jahren wurde sie in einer Pflegefamilie aufgenommen und erfährt dort Zuwendung und Verständnis. Mit der gleichaltrigen Tochter verbindet sie eine stille Freundschaft. Um sich der Frage zu stellen, ob sie je gesund wird und ein normales Leben führen kann, muss Susanne viel Mut aufbringen. Saara Aila Waasner nähert sich langsam und einfühlsam ihrer Protagonistin. Sie lässt den Zuschauer erahnen, wie komplex und verstrickt Susannes Gedankenwelt ist. Gleichzeitig zeichnet sie ein sanftes Bild einer Großfamilie, deren liebevolles Miteinander das Leben mit Susannes psychischer Erkrankung beeindruckend normal erscheinen lässt.
Filmmusikpreis der Saarland Medien GmbH
Der Filmmusikpreis der Saarland Medien GmbH geht an „Preußisch Gangstar“, Regie: Bartosz Werner aus Kiel und Irma-Kinga Stelmach, Musik: Benjamin Krbetschek, Mr. Mighty und Micpropaganda.
Begründung der Jury: Um in der Sprache des Films zu bleiben: „Hey Alter, die Mucke ist Bombe! Voll Fett.“
SR/ZDF-Drehbuchpreis
Der SR/ZDF-Drehbuchpreis geht an Tom Streuber und Ingo Rasper für das Drehbuch zu dem Film „Reine Geschmacksache“.
Begründung der Jury: Ob eine Komödie funktioniert, lässt sich untrüglich daran erkennen, dass der ganze Kinosaal 104 Minuten lang herzlich lacht. Und wenn sich die Jurymitglieder auf ihrer Sitzung noch mal ganze Passagen aus diesem wunderbaren Drehbuch gegenseitig vorlesen und wieder lachen, ist der Preisträger gefunden. Aber letzten Endes bleiben Juryentscheidungen „reine Geschmacksache“. Wolfi Zenkers einsamer Kampf gegen den fortschreitenden Werteverfall in der deutschen Damenoberbekleidungsindustrie hat es uns angetan. Dieser eher unsympathische Mittfünfziger plündert das Ausbildungskonto seines Sohnes, um die neue S-Klasse anzuzahlen, obwohl die Garage dafür zu eh klein ist und der reisende Handelsvertreter zur Zeit gar keinen Führerschein besitzt. So wie Wolfi Zenker sind auch die übrigen Figuren präzise, ambivalente und facettenreiche Charaktere, über die man lacht, aber die nicht lächerlich sind. Die Autoren kennen ihr Milieu und zeigen uns mit Wortwitz und Situationskomik einen Mittelstand am Rande des Nervenzusammenbruchs. Mit Vergnügen zeichnet die Jury das geradezu perfekte Drehbuch von Tom Streuber und Ingo Rasper für den Film „Reine Geschmacksache“ mit dem SR/ZDF-Drehbuchpreis 2007 aus.
Interfilmpreis
Der Interfilmpreis geht an Arash T. Riahi für seinen Film „Exile Family Movie“.
Begründung der Jury: Der Dokumentarfilm „Exile Family Movie“ von Arash T. Riahi (Österreich 2006) zeigt die Verbindung politischer Geschichte mit den persönlichen Geschicken einer iranischen Exilfamilie. Über alle Barrieren und Trennungen hinweg entsteht eine eigene Form des spannungsreichen, aber liebevollen Miteinanders. Die Fülle seiner Beobachtungen montiert Arash T. Riahi lebendig und transparent.
Lobende Erwähnung: „Fair Trade“ von Michael Dreher (Deutschland/Marokko 2006).
Begründung der Jury: Mit einem abgründigen Beispiel von Fair Trade-Business gelingt dem Kurzfilm großes Kino.