Versilbertes Nass
„Wasser unterm Hammer“ (Leslie Franke und Hermann Lorenz, D 2005)
Kiel 2001, die Stadtwerke werden privatisiert, um das chronisch leere Stadtsäckel zu füllen. Heute, vier Jahre später ist nicht nur der Verkaufserlös des Tafelsilbers längst verfrühstückt, auch die „Heuschrecken“ von TXU Europe sind nach Einstreichung exorbitanter Renditen weitergezogen und Ratsherr Hans-Werner Tovar (SPD), damals einer der Manager der Privatisierung, zieht Bilanz: „Mein größter Fehler!“
Nur ein lokales Beispiel, das Leslie Franke und Hermann Lorenz in ihrem faktenreich recherchierten und durchaus parteiischen Dokumentarfilm „Wasser unterm Hammer“ (gefördert von der MSH – Gesellschaft zur Förderung audiovisueller Werke in S.-H.) gegen die Privatisierung staatlicher Daseinsvorsorge ins Feld führen. Überall das gleiche Bild: Die Versilberung des lebensnotwendigen Nass‘ führt zu Erhöhung der Gebühren, Arbeitsplatzabbau, Vernachlässigung von notwendigen Investitionen und bedrohlich sinkender Wasserqualität. In Berlin wie in London, wo die RWE-Tochter Thames Water nicht nur nichts gegen den maroden Zustand des Leitungsnetzes tut, sondern sich durch vertraglich legalisierte Einleitungen von ungeklärten Abwässern in die Themse auch als Umweltschädling Nummer Eins profiliert – bei gleichzeitig zweistelligen Profitraten.
Ist das Lebenselixier Wasser eine Ware? Sie wird es zumindest, wenn Global Player wie die deutsche RWE oder der französische Konzern Vivendi sich kommunale Wasserbetriebe unter den Nagel reißen, willfährig unterstützt von Kommunalpolitikern, die sich vom Verkauf der städtischen Betriebe (immer nur kurzfristige) Entlastungen der gebeutelten Haushalte versprechen. Ein Teufelskreis, den im Film Otto Meyer, Sprecher des Münsteraner Bürgerbegehrens gegen die Privatisierung der dortigen Stadtwerke, treffend beschreibt: Die kommunalen Haushalte verarmen unter anderem, weil Investoren wie RWE es verstehen, seit Jahrzehnten keine Gewerbesteuer zu zahlen, indem sie Verluste im Inland anfallen lassen, die Gewinne jedoch ins Ausland exportieren, und gleichzeitig die Kosten für die durch den Arbeitsplatzabbau verursachte Arbeitslosigkeit und für durch mangelnde Investitionen in das Leitungsnetz entstehende Umweltschäden auf den Staat abwälzen. Um die wiederum dadurch in Bedrängnis geratenen öffentlichen Haushalte zu sanieren, überlegen immer mehr Kommunen, ihre Stadtwerke an eben solche privaten Renditejäger zu verscherbeln.
Doch es gibt auch Gegenbeispiele, die beweisen, dass kommunale Wasserbewirtschaftung jenseits von Profitmaximierung Erfolg haben kann. Hamburg – dort sind die Wasserwerke nach einem 2004 angestrengten Bürgerbegehren nach wie vor in kommunaler Hand und haben sich zu einem Musterbetrieb der Qualitätssicherung entwickelt. Doch auch hier droht die anstehende EU-Zwangsliberalisierung der Ware Wasser wie einst des Stroms. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat Anfang 2005 den Geschäftsführer der HWW, einen dezidierten Befürworter kommunaler Wasserwirtschaft, gegen einen Privatisierungsfachmann ausgetauscht. Und so mahnt der Film am Ende zurecht: „Die Schlacht um das blaue Gold hat erst begonnen.“ (jm)
Die Premiere fand am 14.9. im Kieler KoKi statt. Noch bis zum 19.9. ist in der Galerie der Pumpe die begleitende Ausstellung „Wasser in Bürgerhand“ der Wasser AG von attac Kiel zu sehen.