8. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide

„Dack ut Delv – Ein Dorf und sein Reet“

Reet ist eines der ältesten Dacheindeckungsmaterialien, die es gibt. Schon vor Jahrhunderten wussten unsere Vorfahren die guten Eigenschaften dieses natürlichen und regenerativen Baustoffes zu schätzen. „Dack ut Delv – Ein Dorf und sein Reet“ ist eine Langzeitdokumentation der Arbeitsgruppe Film der Christian-Albrechts-Universität und beschäftigt sich nicht nur mit der Ernte des Reets, sondern auch mit dessen Verarbeitung in Delve, einem über 700 Jahre alten Ort in Dithmarschen.

Der Film begleitet die Reetpflanzen durch alle Jahreszeiten bis zur Ernte und dokumentiert die Arbeit der Reetdachdecker. Heutzutage haben die Reetbauern, wie auch andere traditionelle Handwerksberufe, mit einem Hauptproblem zu kämpfen – es finden sich wenige, die diese anstrengende Tätigkeit ausüben möchten, und so hält „Dack ut Delv“ filmisch fest, was möglicherweise bald in Schleswig-Holstein verloren sein wird.

Buch, Regie: Kurt Denzer, D 2004, 20 Min., 35mm

Gespräch mit Dr. Kurt Denzer, Leiter der Arbeitsgruppe Film der Christian-Albrechts-Universität, über seinen neuen Film „Dack ut Delv“

Herr Dr. Denzer, wie kam es zu dem Film „Dack ut Delv“?

Der Direktor des Dithmarscher Landesmuseums, Dr. Arnold, sagte mir, es sei in der Eider-Niederung im kleinen Örtchen Delve sehr viel Reet angebaut, geerntet und verwertet worden. Inzwischen sei das so zurückgegangen, dass nur noch zwei ältere Familien Reet anbauten. Hier würde doch eine Kulturpflanze völlig verschwinden. Er fragte mich, ob es nicht möglich wäre, die Situation einfach nur filmisch zu dokumentieren. Das sind ja Dinge, die die „Arbeitsgruppe Film“ der Christian-Albrechts-Universität schon immer gemacht hat, nämlich Langzeitprojekte, die freie Produzenten in dieser Form eigentlich gar nicht durchführen könnten.

Wir haben mit dem Projekt begonnen, haben uns kundig gemacht, wurden auch in Delve etwas informiert und dachten, das ganze könne man nun in einer Filmlänge von 10-15 Minuten schaffen. Wir haben einen entsprechenden Antrag auf Produktionsförderung bei der Kulturellen Filmförderung gestellt, der auch positiv beschieden wurde.

Kurt Denzer bei den Dreharbeiten zu „Dack ut Delv“

MSH-Förderung haben Sie nicht beantragt?

Ich wollte es bei der MSH versuchen. Aber der NDR sagte, er habe kein Interesse daran, weil er schon mal etwas über Reet gesendet habe. Diesen Zwei-Minuten-Beitrag haben wir uns auch angesehen.

Dann haben wir 2001 das Projekt gestartet und haben das Glück gehabt, in Ingo Wiechmann einen „Hobby-Archivar“ zu finden, der sich die Geschichte von Delve erarbeitet hat und uns mit denjenigen bekannt gemacht hat, die sich noch um das Reet kümmern. Wir haben über einen Zeitraum von zwei Jahren gedreht, weil man das Aufwachsen des Reets bis hin zum Verarbeiten auch mit aufnehmen muss. Unsere Beziehungen zum Reet und Delve sind im Laufe der Dreharbeiten so intensiv geworden, dass der Film jetzt 20 Minuten lang geworden ist. Er hätte ohne weiteres noch länger werden können, aber dafür gab es kein Geld mehr. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht, weil wir uns ein gutes Verhältnis zu den Delver Reetbauern geschaffen haben und diese einen Einblick in eine filmische Langzeitdokumentation gewinnen konnten.

Delver Bürger überreichten Kurt Denzer (links) anlässlich der Uraufführung des Films beim 8. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide die Flagge ihrer Gemeinde (Foto: hsch)

Warum haben Sie den Film auf 35mm realisiert?

Video kam von vornherein nicht in Frage, nicht nur aus „Glaubensgründen“ (Dr. Denzer schmunzelt), die „Arbeitsgruppe Film“ hat keine Video-Ausrüstung. Wir haben nun mal als „AG Film“ nur Aufnahme-Einheiten in 16mm und 35mm. 16mm geht leider allmählich immer mehr zurück. Und dann kam folgendes hinzu: Es war vorher zu sehen, dass es eine Anzahl von Aufnahmen geben würde mit vielen senkrecht stehenden, feinen Reetstengeln. Und das kann ich mir als fürchterlich aussehend auf einem Fernsehschirm vorstellen oder auf einem Bild, das über einen Beamer kommt; das ist Augenpulver. Das zweite ist, dass diese Landschaft, flach wie sie nun mal ist und nicht gerade durch Alpenglüh’n oder ähnliches in Abwechslung gebracht, in diesen feinen Nuancen wiedergegeben werden muss. Und das geht nur in 35mm. Da es ja eine Dokumentation zur Erinnerung an etwas ist, was fast schon vorbei ist, muss es auf dem Material gedreht werden, das am längsten weiterhin hält, und das ist nun mal ohne Zweifel auch 35mm.

(Die Fragen stellte Helmut Schulzeck)

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