FilmFörde #22 zeigt in Kieler Erstaufführung und in Anwesenheit des Regisseurs:

„Der Gipfel – Performing G20“

Dokumentarfilm von Rasmus Gerlach, 2017, 82 Min., work in progress
Rasmus Gerlach wurde als jugendlicher Demonstrant schon mit dem stärksten Wasserwerfer beschossen und hat sich in seinem Film „Gefahrengebiete & andere Hamburgensien“ bereits intensiv mit Polizeigewalt auseinandergesetzt. Anfang Juli 2017 taucht er mit einem Team von fünf Kameraleuten tief in das Protest-Geschehen rund um den G20-Gipfel ein und dreht einen persönlichen Film. Auf den Straßen finden Protest-Performances als neue Form des Demonstrierens viel Anklang, doch die bunten Szenen werden bald von der Gewalt-Eskalation überschattet.
Der Film eröffnet mit der Aktion der „Frau auf dem Panzer“ am 7.7.2017 in der Kaiser-Wilhelm-Straße nah am Brahmsplatz. Eine junge Frau klettert auf einen Polizei-Panzer. Für einen Moment steht sie oben auf dem Dach. Dann reagiert die Polizei. Ein junger Mann filmt die Szene von seinem Balkon und entscheidet sich, sie per Live-Stream um den Globus zu schicken. Auch ein spanischer Journalist filmt diese besondere Performance auf der Straße und veröffentlicht seine Bilder via Twitter. Pressefotografen sind vor Ort – was vielleicht daran liegen mag, dass sich die Szene direkt vorm Gebäude des Springer-Konzerns abspielt.
Für ihre Provokation hätte die junge Frau sich wohl kaum einen geschichtsträchtigeren Ort wählen können, denn schließlich spielte er auch während der 68er-Unruhen schon eine wichtige Rolle. Das wussten die ausführenden Polizisten nicht, die in der Folge die sichtbar unbewaffnete Demonstrantin zunächst mit Spray und dann mit Strahlen aus einem Wasserwerfer attackierten, um sie dann vom Panzer zu zerren. Die Polizisten in ihren den ganzen Körper verhüllenden Monturen sind auswärtige Kräfte. Das hört man deutlich an den mit aggresivem Akzent gesprochenen Wasserwerfer-Durchsagen. Die Recherche hat ergeben, dass die Polizisten aus Wiesbaden stammen und der Polizei-Panzerwagen aus Mülheim.
Der Panzer wird durch den Film hindurch als Motiv immer mal wieder erscheinen – wird sogar von einem Polizisten beinahe zärtlich mit einem Handfeger gesäubert. Am Ende sieht man den Panzer mit den beiden gleichfalls im Film sehr oft aufkreuzenden Wasserwerfern „Blu1“ und „Blu2“ vor der Hamburger Kunsthalle. Am Tag nach den Protesten wurde der Bevölkerung freier Eintritt ermöglicht. Als Schlusssequenz des Films dienen Bilder des verwüsteten Schulterblatts nach den Ausschreitungen. Es sind ruhige vom Fahrrad gedrehte Kamerafahrten über das „Schlachtfeld“ ohne Kommentar.
Bis dahin ergibt sich ein emotionsgeladener Erfahrungsraum im Film. Der Hamburger Polizei-Pressesprecher hatte den besonderen Ehrgeiz, hier mitten im Demotrubel dem NDR ein Interview zu geben. In der Folge wird er von Demonstranten gejagt und versteckt sich in einem Krankenwagen. Sein besonderer Insider-Bericht bewahrt den Film vor Einseitigkeit und macht ihn auch für eine breite Masse zu einem wichtigen Stück Kino.
Der Gipfel – Performing G20
Regie: Rasmus Gerlach
Kamera: Max Bryan, Irene Bude, Doro Carl, Birgit Dunkel, FCMC, Markus Fiedler, Mario Gehrke, Rasmus Gerlach, Ronald Goris, Maren Grimm, Paul Kulms
Schnitt: Elisabeth Hirsch
Bildtechnik: Martin Heckmann
Musik: Laurie Anderson, Lou Reed, Oded Kafri & Die Goldenen Zitronen
Mischung: Stephan Konken
Performer: Megafonchor, Therese Schneider, Justus Schwerdtfeger, Schwabinggrad Ballett
Produktion: Kinoki GmbH
Do, 8.2.2018, 19 Uhr, KulturForum in der Stadtgalerie Kiel (Andreas-Gayk-Str. 31)
Eintritt: 5 € (erm. 3 €, Geflüchtete frei)
Fotos: Rasmus Gerlach
Infos: www.facebook.com/filmfoerde und auf der neuen Website www.filmfoerde.de
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