7. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide
Sketch mit Schrotschuss
„Sängerknaben“ (D 2002, Frank D. Müller)
11 Minuten dauert der Kurzfilm-Sketch „Sängerknaben“ von Frank D. Müller, 11 Minuten Kurzweil und Sarkasmus nebst einem ironischen Seitenblick auf das Gangster- und Krimi-Genre. Benny (Max von Thun) und Niko (Misel Maticevic) haben es auf die Sparstrümpfe reicher Witwen abgesehen, bei denen sie sich als vermeintliche Abgesandte des örtlichen Pastors Zutritt verschaffen. Nächstes Opfer soll Dorothee Sendlinger (Helmka Sagebiel) sein. Doch die hat eine rachsüchtige Tochter (Christiane Blumhoff), die nicht nur ihre Mutter und deren Reichtum mit der Schrotflinte verteidigt, sondern den Spieß umdreht. Benny und Niko müssen buchstäblich nach ihrer Pfeife tanzen, besser singen. Eine Zwangssituationen, denn die beiden „wollen nichts Böses, nur bisschen Bares“ und sind nicht sattelfest im deutschen Volksliedgut, worauf es Schrotschüsse in den nackten Allerwertesten setzt …
Vertauschte Rollen, Ganoven auf der sangbaren Anklagebank – Max von Thun, Misel Maticevic
Frank D. Müllers Drehbuch setzt ganz auf die Dynamik der Handlung, der sich Kameraführung und Schnitt unterordnen. Die witzige Handlung, die die Rolle von Täter und Opfer beziehungsreich vertauscht, die auch den Spleen des Flintenweibs – Benny und Niko sind offenbar nicht die ersten von ihr geschassten „Sängerknaben“ – humorig beleuchtet, ist der Motor des Films, der dadurch nicht mehr, aber auch nicht weniger als „klassisches“ Unterhaltungskino ist. Doch es bleibt ein bloßer Sketch, ein Scherz, ein komödiantisches Intermezzo ohne viel Hintersinn, dessen Schluss – Benny und Niko im Bademantel und am Tropf auf einer verschneiten Krankenhausparkbank – allzu bemüht surreal erscheint. Bewundernswert dennoch die Leistung der Schauspieler, denen in 11 kurzen Minuten die Zeichnung nicht bloß plakativer Charaktere gelingt. (Gudrun Lübker-Suhre)
„Sängerknaben“, D 2002, 35mm, 11 Min., Buch, Regie: Frank D. Müller, Kamera: Holger Seidel, Jiri Heidinger, Petra Brüderl, Schnitt: Christian Lonk, Produktion: Markus Penth, Frank D. Müller.