Filme beim 7. Kurzfilmfestival „Lokale Held*innen 2024“
Schon seit sieben Jahren nimmt das kleine Kurzfilmfestival „Lokale Held*innen“, das Anfang August wieder im Rahmen des lala-Festivals auf Gut Ovendorf nordöstlich von Neumünster stattfand, einen festen Platz im schleswig-holsteinischen Filmfestkalender ein. Elf Kurzfilme mit Schleswig-Holstein-Bezug, präsentiert in ländlichem Ambiente, fanden ein neugieriges Publikum.
So klein das Festival mit 11 Kurzfilmen im Programm auch sein mag, die Bandbreite war auch dieses Jahr wieder groß. Sie reichte vom mit politischen Anspruch professionell in Szene gesetzten Musikvideo, das das Elend der Flüchtlinge am Mittelmeer anprangert („Feine Sahne Fischfilet – Wenn wir uns sehen“, Regie: Kay Otto, 4 Min.) über den ehrgeizigen Kunststudentenfilm „Banaligkeiten“ bis hin zur „gnadenlosen“ Werner-Herzog-Parodie einiger junger Kieler Film-Nerds („Werner Herzogs Day At The Beach“, Regie: Yorck Beese; 7 Min.)
Als etwas Besonderes möchte der Gewinner des Jurypreises, der Film „Banaligkeiten“ (12 Min.) von Sander Wolfgang Schaper und Paula Katharina Fischer, hervorstechen. Schon das Kunstwort des Titels will der landläufigen Bedeutung des eigentlichen Worts widersprechen. Im Grunde genommen werden nur gewöhnliche Dinge gezeigt, freilich bisweilen in Einzelheiten absichtsvoll „verfremdet“.
Gezeigt wird das Alleinsein einer jungen Frau mit leicht trotziger Attitüde in einem großen Herrenhaus. Die junge Frau, bekleidet mit Baseball Cap, ärmellosem Shirt, roter Trainingshose, Baumwollsocken und Latschen, erreicht ein herrschaftliches Anwesen. Sie lädt einen Kasten Bier aus dem Kleinbus, verschafft sich Zutritt zu dem bis auf sie menschenleeren edlen Altbau, tanzt durch die Räumlichkeiten, legt sich schlafen, speist, sitzt auf Klo, wechselt die Schlafstelle usw. und verlässt schließlich mit Bierkasten und VW-Bus wieder den leicht trostlosen Ort. Akustisch begleitet wird dieser Ein-Tages-und-Nacht-Aufenthalt von wummerndem Techno Beat und automatisierten Telefonansagen. Der Film versucht, mit Gewöhnlichem zu wuchern, lässig das Alltägliche durch eine besondere Kulisse und einen das Bild irritierenden Sound zu etwas Besonderem aufzuladen. Nicht nur hier gab es in diesem Wettbewerb an der technischen Qualität der Filme kaum etwas zu bemängeln. Beim erzählerischen Inhalt allerdings war oft noch Luft nach oben.
Schwierig wurde es allerdings, als sich die Jurybegründung des Preises für „Banaligkeiten“ in blumigen Formulierungen verlor, die eine mögliche Absicht mit dem tatsächlich Gezeigten zu verwechseln schienen: „Der Film öffnet sich dem Grotesken im Alltäglichen und kreiert ein Angebot, die verschiedenen Schichten hinter den Irritationen zu hinterfragen. Gleichzeitig gibt er jedoch keine endgültige ‚richtige Lesart‘ vor und überlässt es so einer zuschauenden Instanz, das Wunderliche im eigenen Alltäglichen zu erkennen. Dieser Kontrast zwischen der Einfachheit in der Anlage und der Komplexität im Erzählen, die während der Diskussion weiter aufblüht, eint die Jury in der Entscheidung, den Film bei den Lokalen Held*innen 2024 auszuzeichnen.“ (aus der Begründung der Preisjury: Patricia Moresmau, Nils Meyn und Martin Platte). Eher ratlos bleibt man/frau da zurück … oder?
Bisweilen ist der Grad zwischen originell und witzig oder albern nur ein schmaler. Das galt hier besonders für die Genre-Parodie „Luzie“ (6 Min.) von Torben Sachert und Olli Ott., die sich des lustigen Gespensterfilms annahm. Man nehme es mir bitte nicht übel. Aber nach gefühlt einem guten Dutzend jener Genre-Parodien des Kieler Filmemacherduos, das zweifelsohne nicht nur gekonnt sondern geradezu „besessen“ bzw. leidenschaftlich exakt mit den entsprechenden Versatzstücken zu jonglieren weiß, sollte der Drops doch endlich mal gelutscht sein.
Der Film, der mich am meisten überzeugte und auch den Publikumspreis gewann, war Sven Bohdes „Pepe taucht ab“. Bohde liefert uns hier – trotz einiger offensichtlicher Schwächen in Bildgestaltung und Dramaturgie – ein in seiner schnörkellosen Einfachheit und Geradlinigkeit geradezu charmantes Kurzporträt des leidenschaftlichen Hobbytauchers und Fördemüll-Beseitigers Pepe Lange. Lange ist als gestandener Profifotograf in der Kieler Kulturszene gewiss kein Unbekannter. Hier präsentiert er sich von einer anderen Seite, nämlich als leidenschaftlicher Schnorchel-Enthusiast, der selbst der eher trüben Unterwasserwelt der Kieler Förde noch ihre Reize abzugewinnen weiß. Man sieht, dass er kein professioneller Taucher ist, sondern eher ein unverzagter Autodidakt. Doch gerade deshalb, gelingt es ihm, unsere Neugierde zu wecken. Gelingt, jedenfalls gefühlt, auch sein Werben, ihm es gleich zu tun. Sympathisch unverstellt plaudert er zu uns Schnorchellosen über diese trotz aller räumlichen Nähe doch für unsereins so ferne Unterwasserwelt. Er nimmt uns mit mit seiner Begeisterung für einen nachhaltigen submarinen Kosmos. Und vielleicht werden wir auch im nächsten Sommer schnorcheln.