Zum 80. Geburtstag des Dokumentarfilmemachers Volker Koepp am 22. Juni 2024 gibt es in der ARD Mediathek zwölf Dokumentarfilme zu sehen, eine bisher einzigartige Sammlung aus seinem umfänglichen Filmschaffen mit Schwerpunkt auf den späteren Filmen zwischen 1998 und 2023. Malerische Landstriche und beeindruckende Menschen trifft Volker Koepp in seinen Dokumentarfilmen und erzählt in einfühlsamen Portraits die kleinen Geschichten und die großen Zeitläufte.
Zu sehen sind folgende Filme:
Die Gilge – Flussfahrt in Ostpreußen (1998, 73 Min.)
Kurz hinter der einst ostpreußischen, heute russischen Stadt Tilsit teilt sich die Memel in ein Delta. Die breitesten Arme dieses Deltas, Ruß und Gilge, münden schließlich in das Kurische Haff. Die Flusslandschaft ist geprägt von hoher Bodenfeuchtigkeit. Erst ein kompliziertes System der Entwässerung erlaubte eine Kultivierung. Die Gilge war zudem eine wichtige Wasserstraße. Heute verfällt dieses Entwässerungssystem, die Gilge versandet und die Landschaft renaturiert. Die alten Dörfer verfallen aus Geldmangel, das Leben ist von zunehmender Armut geprägt. Wir treffen auf die Bewohner, wie den Bauern Anatoli, der aus Sibirien hierherkam und auf den Grundmauern eines deutschen Hauses ein neues errichtete oder auch auf die alte Anastasia, die sich noch an das Zusammenleben mit den Deutschen bis zu deren Vertreiben erinnern kann. Nach seinem mehrfach preisgekrönten Film „Kalte Heimat“ ist der Film eine weitere Reise des renommierten Dokumentarfilmes Volker Koepp in das Gebiet des ehemaligen Ostpreußens.
Herr Zwilling und Frau Zuckermann (1999, 126 Min.)
Täglich besuchte Herr Zwilling in den Abendstunden Frau Zuckermann. Man sprach über frühere Zeiten, über Politik und Literatur und über Sorgen. Die beiden gehörten zu den letzten im alten Czernowitz geborenen Juden.
Frankfurter Tor (2003, 73 Min.)
„Frankfurter Tor“ nennt sich ein riesiger Parkplatz für Lastkraftwagen der Autobahn A 12 Berlin-Frankfurt. Dieser asphaltierte märkische Flecken diente etliche Jahre zur Vorregulierung des Grenzverkehrs. Er ist nach dem Frankfurter Tor in Berlin benannt. Täglich passierten tausende LKW diese Grenze, über 700.000 Fahrer stiegen jährlich hier aus und wartete auf die Weiterfahrt in Richtung Polen.
Schattenland – Reise nach Masuren (2005, 90 Min.)
Der Film führt in die wohl bekannteste Landschaft des früheren Ostpreußens, nach Masuren, ein dünn besiedelter Landstrich im heutigen Polen. Früher war der Fischreichtum in den wohl 3000 Seen sprichwörtlich. Noch heute ist die Fischerei ein wichtiger Wirtschaftszweig neben der Landwirtschaft. Beharrlich trotzen die Bauern der masurischen Erde Getreide ab. Das Leben ist hart, denn die Böden für die Landwirtschaft sind meist schlecht und die Winter sehr lang. Dort begegnen Volker Koepp Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in dieser Gegend gestrandet sind, Polen und Ukrainer, die als Bauern und Fischer ihr Auskommen suchen. Der Film stellt aber auch Menschen vor, die, fasziniert von der masurischen Landschaft, einen Neuanfang wagen. Unter ihnen ein polnisches Ehepaar, das mit großem Engagement Häuser renoviert und an Touristen vermietet. Volker Koepp zeigt den Existenzkampf der Menschen in Masuren, aber auch ihre starke Lebenskraft.
Holunderblüte (2007, 88 Min.)
Kinder im Kaliningrader Gebiet, die häufig ohne die Eltern aufwachsen; erzählen von Alkoholismus und Gewalt ebenso selbstverständlich wie von Freundschaft, Liebe, ihren Hoffnungen und Sehnsüchten.
Memelland (2008, 89 Min.)
Die Menschen nennen ihre Gegend auch „Klein-Litauen“. Sie erzählen von ihrem Leben in der Grenzregion, vom Ende des Krieges, der Sowjet-Zeit und von der Gegenwart und sprechen über die Natur am Strom und am Haff.
Berlin – Stettin (2009, 110 Min.)
Als Volker Koepp um 1950 in der Treskowallee in Berlin-Karlshorst das Hüpfspiel „Berlin-Stettin” spielte, war ihm noch nicht bewusst, dass sich mit diesen beiden Städtenamen eigene wichtige Lebensorte verbanden. Koepp wurde 1944 in Stettin geboren. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, Anfang 1945, floh seine Mutter von dort und fand nach einigen Zwischenstationen in Berlin eine neue Heimat. Zwischen Berlin und Stettin liegen wichtige Lebens- und Filmlandschaften Volker Koepps. In „Berlin – Stettin“ ist Koepp wieder zwischen diesen beiden Orten unterwegs. Ganze Film-Zyklen entstanden dort vor Jahren: über die Ziegelarbeiter in der Kleinstadt Zehdenick (1988 und 1991) oder über die Arbeiterinnen des heute geschlossenen Textilwerks in Wittstock (1975-1997). Auf seinen Reisen begegnet Volker Koepp Menschen aus früheren Filmen wieder und macht neue Bekanntschaften. Diesmal fügt er ihnen seine persönlichen Erinnerungen hinzu: Gedanken, Gespräche, biografische Notizen.
Livland (2011, 89 Min.)
Eine historische Landschaft im Baltikum, die Estland und Lettland umfasst – ein Land der Mythen und Mittsommerbräuche, der verlassenen Dörfer und lebendigen Traditionen. Der Dokumentarfilmer Volker Koepp hat Menschen getroffen, die in dieser Landschaft beheimatet und fest verwurzelt sind. In der für ihn charakteristischen Weise der genauen, poetischen Beobachtung hat er diese Begegnungen und den Zauber der baltischen Landschaft, der Wälder, Moore, Seen und der Ostsee-Küste festgehalten. Der Film gibt Einblick in Alltag und Leben der Livländer, insbesondere der jungen Menschen, die nicht im Ausland neue Arbeits- und Lebensperspektiven suchen, sondern im Land geblieben sind. Er zeigt ihre Suche nach einem Platz in einem Land, das seinen Wurzeln treu bleiben und dennoch den Anschluss an die globalisierte Welt nicht verlieren will. Nach vielen Filmen über diese Region setzt Koepp seinen Filmzyklus fort. Seine Reise führt ihn dabei immer am baltischen Meer, an der Küste der Ostsee entlang.
Landstück (2016, 122 Min.)
Die Uckermark ist eine seit Jahrhunderten als Agrarland genutzte Kulturlandschaft. „Landstück“ setzt Landschaft, Lebensläufe und den Alltag der Menschen hier in Beziehung zueinander. Ein Film über Vergangenheit und Gegenwart und das Verhältnis von Mensch und Natur.
Wiederkehr – Reisen zu Johannes Bobrowski (2017, 60 Min.)
Eine filmisch-literarische Reise in das Gebiet zu beiden Seiten der Memel, das heute Litauen von der russischen Exklave um Kaliningrad/Königsberg trennt. In Tilsit, dem heutigen Sowjetsk, wurde der Dichter Johannes Bobrowski geboren. Volker Koepp besucht dieses Gebiet, trifft Landschaften und Menschen, Gegenwart und Vergangenheit.
Seestück (2018, 135 Min.)
Begegnungen mit Menschen, ihrem Leben am Meer und mit dem Meer. Die Küstenbewohner der Ostsee teilen eine lange Geschichte , nicht nur des kulturellen Austauschs und Handels, sondern auch der Kriege und Vertreibungen.
Gehen und Bleiben – Uwe Johnson. Folgen des Krieges (2023, 168 Min.)
Der Schriftsteller Uwe Johnson (1934-1984) hat sich mit deutscher Geschichte und ihrer Gegenwart auseinandergesetzt. Mit Texten von Johnson bereist Filmemacher Volker Koepp die biografischen und literarischen Landschaften des Schriftstellers, trifft Menschen, die von ihrem Leben und ihren Erinnerungen, vom Ausharren an den Orten ihrer Herkunft, vom Gehen und Bleiben und von Uwe Johnson erzählen.
(nach Infos aus der ARD Mediathek)