30 Jahre Filmfest Schleswig-Holstein

Eine Kolumne von Helmut Schulzeck

Das Filmfest Schleswig-Holstein feierte in der zweiten Märzhälfte dieses Jahres sein 30-jähriges Bestehen. Angefangen im September 1993 als eher lokales eintägiges Filmfest mit Namen „Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide“ mauserte es sich über die Jahre zum Kieler Gegenstück des „Filmforums Schleswig-Holstein“ auf den Nordischen Filmtagen Lübeck.

Mit dem diesjährigen Festival ist den Verantwortlichen nun ein kleiner Quantensprung gelungen. Als regionale Größe beanspruchte das Filmfest schon länger einen hervorgehoben Platz innerhalb der selbst in Schleswig-Holstein sich inflationär entwickelnden Filmfestival-Landschaft. Doch nun trägt die noch nicht beendete inhaltliche Weiterentwicklung in Struktur und Umfang sichtbare Früchte. Und das trotz der einschränkenden Bedingungen, mit denen die Veranstalter seit 2020 zurechtkommen mussten: einerseits die Corona-Pandemie, andererseits der überraschende Rückzug der Filmwerkstatt Kiel der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein aus dem Veranstaltertrio mit Filmkultur Schleswig-Holstein e.V. und dem Kino in der Pumpe.

Das Filmfest scheint angekommen zu sein. Mit einer fast schon abgeklärten Selbstverständlichkeit wurden die Filme präsentiert, ohne dass der familiäre Charme, der solchen kleineren Festivals gottlob oft innewohnt, abhanden gekommen wäre. Vielleicht täte etwas weniger Selbstverliebtheit in Moderation und Außendarstellung gut. Ein bekannter Filmemacher meinte, die Fotos vom Festivalteam im Programmheft seien von der Ausleuchtung her „overdressed“. Seltsam ausgedrückt, doch wenn man die Porträtaufnahmen sah, wusste man, was er meinte.

„Der regionale Film liegt uns am Herzen.“ Das Credo, formuliert zum 27. Filmfest 2023, ist all die Jahre das gleiche geblieben, nur rhetorisches Ornament ist dazu gekommen. „Augenweide ist eine lohnende Gelegenheit zum Entdecken, zum persönlichen Gespräch mit Filmemachern und Filmemacherinnen, zum Kontakteknüpfen und last but not least zum Feiern“ (Linde Fröhlich und Gesa Rautenberg, die beiden Vereinsvorsitzenden der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V., Programm-Faltblatt), hieß es passend zur eintägigen 3. Augenweide 1997 mit drei Filmprogrammen.

Elaborierter – dem fünftägigen Event mit 19 Filmprogrammen, drei Filmvorführungen im Vorfeld, vier weiteren Veranstaltungen, wie z.B. einer Masterclass, diversen Interviews in der Filmlounge sowie Eröffnungs- und Schlussveranstaltung aus Marketing-Perspektive durchaus angemessen – drücken die Festivalleiter Daniel Krönke und Christoph Zickler auf der Filmfest-Website (www.filmfest-sh.de) 2023 ihre Erwartungen aus: „Auf dem Filmfest Schleswig-Holstein bringen wir Publikum und Filmschaffende zusammen. Schleswig-Holstein ist weit mehr als ein wunderschöner Drehort. Der Norden Deutschlands ist Heimat vieler großartiger Regisseur*innen, Drehbuchautor*innen, Kameraleuten und weiteren Filmkünstler*innen. Wir möchten unser Publikum in spannenden Filmgesprächen auf dem Filmfest SH ein Stück weit teilhaben lassen an den Schaffensprozessen dieser kreativen Köpfe.“

Nun, es muss nicht immer alles großartig sein oder, wie Ministerin Karin Prien in ihrem Grußwort lobte, eine über drei Jahrzehnte immer gleich gebliebene, ausgezeichnete Filmauswahl geben, doch die allermeisten Filme waren heuer in der Tat sehens- und diskussionswert. Auch das Beiprogramm war außerordentlich gelungen. Die neue Reihe „Blickfang“ mit Publikumspreis ist eine Bereicherung des Festivals. Wunderbar, dass neben dem Kino in der Pumpe die drei weiteren Arthouse-Kinos Kiels mit einer sehr glücklichen Filmauswahl eingebunden waren. Auch das Kulturzentrum Hansastr. 48 und die Filmreihe „FilmFörde“ im KulturForum der Stadtgalerie erreichten ein angeregtes Publikum. Ein interessanter (und vielleicht ausbaufähiger) Versuch war es zudem, neben dem Kieler STUDIO-Filmtheater landesweit fünf weitere Kinos zu Beginn und Ende des Filmfests per Livestream mit einzubinden.

Ein bisschen Berlinale-Flitter im Vorspann: Neue Sektion, die ihrem Namen ganze Ehre machte (Foto: Jens Kramer)

 

Filmfest-Macher*innen und -Helfer*innen verdienen Lob und Anerkennung für Engagement und Leistung, Filmen aus dem Lande ein offenes und dankbares Publikum beschert und den Zuschauer*innen Filme gezeigt zu haben, die nicht den industriellen Regeln des Mainstream-Kinos folgen, sondern als Einzelstücke unseren oder anderen Realitäten Rechnung tragen bzw. versuchen, Lebenswirklichkeiten in Kinematographie umzusetzen.

 

Titelfoto: Bei der Preisverleihung waren auch die Kinos im Lande per Stream dabei (Foto: Jens Kramer)
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