Preisträger*innen des 5. CINEMARE Meeresfilmfestivals 2021

 

Das 5. CINEMARE Meeresfilmfestival vom 21. bis 25. April 2021 konnte wegen der Corona-Pandemie „nur“ online stattfinden. Das hatte zum Nachteil, dass nur ein Teil der am Festival teilnehmenden Filme (inklusive „Meeresfilmgespräch“ mit den Filmemacher*innen) auf der Plattform kiel.live/CINEMARE angesehen werden konnte – aber das immerhin weltweit. Apropos weltweit: Gleichzeitig mit CINEMARE (und noch bis 2. Mai) fand in Kiels Partnerstadt San Francisco das 18. International Ocean Film Festival 2021 statt. Online macht’s möglich – so kann auch dessen gesamtes Programm unter watch.eventive.org/IOFF2021 angeschaut werden – allerdings nicht kostenlos, sondern Pay per View. CINEMARE-Festivalleiter Till Dietsche freute sich daher bei der Eröffnung am 20. April über „zwei Festivals, ein Ozean!“.

Das IOFF 2021 ist allerdings im Internet deutlich besser dokumentiert als CINEMARE, dessen Website www.cinemare.org lediglich als Link-Verteiler zur Streaming-Plattform kiel.live/CINEMARE dient und ansonsten keine Informationen zu den Filmen enthält, geschweige denn einen Online-Katalog. Infos zu den Filmen, auch den preisgekrönten, muss man sich mühsam auf der Facebook-Seite von CINEMARE und durch eigene Internetrecherche zusammensuchen. Schade für berichtende Journalist*innen, nicht minder wohl für interessierte Zuschauer*innen. Die multi- und transmedialen Möglichkeiten eines Online-Filmfestivals hat CINEMARE so beiweitem nicht ausgereizt. Dennoch Lob für die Veranstaltung unter den schwierigen Bedingungen fehlender großer Leinwände, nach denen die präsentierten Filme mit ihrer Bilderpracht geradezu „schreien“.

Bei den acht vergebenen Preisen hatten Frauen die Nase vorn, sei es als Regisseurinnen oder Protagonistinnen.

Den Hauptpreis, den Deutschen Meeresfilmpreis, vergeben für einen Film, der die Beziehung Mensch / Meer in den Vordergrund stellt, gewann die Kielerin Lisa Hoffmann für ihren Film „Seafever“ (D 2020, 57 Min., www.lhoffmann.com/seafever), der bei CINEMARE und parallel beim IOFF 2021 seine Uraufführung erlebte.
Geprägt durch ihre eigene Zeit auf See, erzählt Lisa Hoffmanns Film von der Liebe zum Meer. Die zentrale Frage hierbei ist, warum wir uns eigentlich so zum Meer hingezogen fühlen. Vor allem aber geht es darum zu verstehen, warum einige Menschen sich dafür entscheiden, ihr gesamtes Leben dieser Naturgewalt zu widmen, und wie diese Hingabe mit ihrem Sozialleben außerhalb des Meeres zu vereinbaren ist.

Still aus dem Film „Seafever“ von Lisa Hoffmann

Den Sister City Award, vergeben von einer Jury des IOFF 2021, sowie lobende Erwähnungen in den Kategorien „Deutscher Meeresfilmpreis“ und „Seefahrer:innenfilmpreis“ gewann „Chicks on Boards“ (www.facebook.com/ChicksOnBoards) von Dörthe Eickelberg.
Surfen ist Ausdruck von Unabhängigkeit und Unendlichkeit. Aber die scheinbar endlose Freiheit zwischen Himmel und Wellen hat klare Grenzen an Land. Surfende Frauen gelten in vielen Kulturen als Beleidigung. Einige von ihnen surfen trotzdem und riskieren viel für ihre Leidenschaft. Die Filmemacherin Dörthe Eickelberg gehört ebenfalls zur weiblichen Minderheit der Surfer, denn auch in westlichen Kulturen ist Surfen eher eine männliche Sportart. „Wo sind all die Küken auf Brettern?“, fragte sich Dörthe Eickelberg. In Gaza traf sie Sabah beim Surfen in engem Neopren und Hijab, obwohl für muslimische Frauen strenge Kleidungsvorschriften gelten. In Südafrika entdeckte sie Suthu, die einzige schwarze Surferin ihres Landes. In Indien nahm sie an einem Wettbewerb mit den Newcomern Aneesha und Sinchana teil, die ihre männlichen Konkurrenten nicht fürchten. Surfen wird zu einer Metapher für das menschliche Bestreben, die größten Hindernisse zu überwinden und sich zu befreien, auch und gerade von einengenden Rollenbildern. Eine Reise in das einzigartige Universum und die Kultur außergewöhnlicher Menschen, die alles für ihre Leidenschaft aufs Spiel setzen.

Das gilt auch für die Protagonistinnen des mit dem Seefahrer*innenfilmpreis ausgezeichneten Films „Wellenbrecherinnen – Im Ruderboot über den Atlantik“ (D 2020, Regie: Guido Weihermüller, www.wellenbrecherinnen.de).
Meike, Cätschi, Steffi und Timna stehen vor der Herausforderung ihres Lebens. Die vier Frauen wollen als erstes deutsches Team am härtesten Ruderrennen der Welt teilnehmen und den Atlantik im Ruderboot überqueren. Auf ihrem 5.000 Kilometer langen Weg vom Startpunkt auf La Gomera bis zur Karibikinsel Antigua warten extreme Bedingungen: meterhohe Wellen, sengende Hitze und unbarmherzige Stürme. Doch der eigentliche Kampf der vier Frauen beginnt schon lange vor dem Start in das gefährliche Abenteuer.

Still aus dem Film „Wellenbrecherinnen – Im Ruderboot über den Atlantik“ von Guido Weihermüller

Den Curator’s Choice (und eine lobende Erwähnung in der Kategorie Wissenschaftskommunikation) gewann „Sharks of the Icy North / Haie Eiskalt!“ (Schweden/D/USA/A 2020, 51 Min., Kamera: Christina Karliczek, www.facebook.com/BlackCoralFilm).
Haie verbinden wir oft mit fernen und warmen Orten, dabei leben sie auch in den eisigen Gewässern des Nordens. „Haie Eiskalt!“ zeigt beeindruckende Unterwasseraufnahmen der faszinierenden Tiere, der Eishaie in Grönland und der seltenen Hundshaie in der Nordsee um Helgoland.
Der Film läuft auch beim diesjährigen Internationalen Naturfilmfestival GREEN SCREEN (4. – 19.9.2021).

Still aus dem Film „Sharks of the Icy North / Haie Eiskalt!“ von Christina Karliczek

Nicht minder „fremd“ erscheinen uns Tintenfische. In seiner BBC-Doku „The Octopus in my House“ (GB 2019, 58 Min., www.chrisscarffe.com/bbc-the-octopus-in-my-house, www.dailymotion.com/video/x7ie2h4) beobachtet Regisseur Chris Scarffe die seltsamen Tiere und gewann dafür den Preis in der Kategorie Wissenschaftskommunikation.
Mit seinen drei Herzen, dem blauen Blut, dem Körper ohne Knochen und nicht zuletzt seiner erstaunlichen Intelligenz kommt der Tintenfisch dem am nächsten, wie wir uns einen Alien vorstellen. Tintenfische haben sich vor mehr als 500 Millionen Jahren aus einem gemeinsamen Cousin entwickelt. Sie sind aber auch intelligente Wesen mit nachgewiesenen Fähigkeiten zur Problemlösung. Was passiert also, wenn wir wie der Meeresbiologe David Scheel einen achtbeinigen Außerirdischen in unser Wohnzimmer einladen? Der Film folgt David in seiner komplexen, sich entwickelnden Beziehung zu seinem eigenen Tintenfisch und verknüpft Davids Ich-Erzählung mit Oktopus-Geschichten aus aller Welt. Er bietet einen Einblick in die außergewöhnliche Intelligenz und das Verhalten dieser unglaublichen Kreaturen.

Still aus dem Film „The Octopus in my House“ von Chris Scarffe

Der Meeresschutzfilmpreis ging an „Sockeye Salmon Red Fish“ (RUS 2020, Regie: Dmitriy Shpilenok, shpilenokfilm.com).
Sockeye, eine Wildlachsart, wird in den Gewässern Kamtschatkas geboren und verbringt sein ganzes Leben im Pazifik. Nur einmal kehrt er in die Süßgewässer zurück – um Nachwuchs zu zeugen, den Kreislauf des Lebens zu beginnen und zu sterben. Er ist eine unerschöpfliche Ressource, die Milliarden von Menschen auf dem Planeten ernährt, und jedes Jahr kehrt er zurück. Doch schon bald könnten wir uns mit dem Unvorstellbaren konfrontiert sehen: Die Menschen werden das Unerschöpfliche erschöpfen.
Der Film läuft auch beim diesjährigen Internationalen Naturfilmfestival GREEN SCREEN (4. – 19.9.2021).

Still aus dem Film „Sockeye Salmon Red Fish“ von Dmitriy Shpilenok

„Parallelen zwischen kreativen Prozessen und Prozessen des Meeresschutzes“ geht die junge Kieler Künstlerin und Filmemacherin Franka Ambsdorf in ihrem Film „Blue Paint – Die Farbe des Meeres“ nach, wofür sie den mit 500 € dotierten Newcommer Award bekam. Sie interviewt darin Menschen, die – wie sie selbst – das Meer kreativ inspiriert.

Still aus dem Film „Blue Paint – Die Farbe des Meeres“ von Franka Ambsdorf

Den Kurzfilmpreis gewann „Kokoly“ (GB 2019, Regie: Paul Anton, Matthew Judge, kokolyfilm.com).
Der Film zeigt einen Snapshot auf das Leben von Madame Kokoly, einer Vezo-Fischerin aus dem Südwesten Madagaskars, die ihre täglichen Aufgaben in und um die Küstengewässer in der Nähe ihres Heimatdorfes erledigt. Durch die Worte von Madame Kokoly und anderer Frauen aus ihrer Gemeinde erhalten wir einen Einblick in den hohen Tribut, den Überfischung und Zerstörung von Lebensräumen für die Vezo verursacht haben, und erleben die Realität ihres täglichen Überlebenskampfes. „Kokoly“ beleuchtet die Probleme von Fischer*innen in den Tropen, die an der Front des Klimawandels und des ökologischen Zusammenbruchs leben.
Lobend erwähnt wurde in der Kategorie Kurzfilm „Baked Fish“ (Regie: Guillem Miró, vimeo.com/401289219), ein satirischer Animationsfilm zum Thema Plastikverschmutzung des Meeres.

Link:

Aufzeichnung der Eröffnung und Preisverleihung von CINEMARE

 

Titelfoto: Still aus dem Film „Chicks on Boards“ von Dörthe Eickelberg
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