Der Humor im Horror
Kurzfilm des Kieler Schülers Niklas Kielmann gewann Deutschen Jugendfilmpreis
Manchmal steht eine Location am Anfang einer Kurzfilmidee. Für „Sommerhaus“ des 18-jährigen Kieler RBZ-Schülers Niklas Kielmann und sein hier zweiköpfiges Team war es ein Ferienhaus in Heidkate, dessen Veranda nicht nur Niklas an das Motel in Hitchcocks „Psycho“ erinnerte. Es passte nicht ganz zu der ersten Filmidee, die er im Kopf hatte, daher schrieb er in zwei Tagen flink ein neues Drehbuch, der Film wurde in nur drei Tagen gedreht und gewann Ende Juni den mit 1.000 Euro dotierten Deutschen Jugendfilmpreis in der Altersgruppe der 16- bis 20-Jährigen.
Schon mit Zwölf begannen Niklas zu filmen, zunächst mit dem iPod. Inzwischen sind Niklas und seine Produktions-„Firma“ Palvicboom semiprofessionell ausgestattet, haben diverse Image-Filme und Musik-Videos gedreht und 2017 mit „Heist to the Future“ über die Zukunft ohne Bargeld einen vom Handelsblatt ausgelobten Filmpreis gewonnen. Niklas muss kurz nachrechnen: „Sommerhaus“ sei sein vierter Kurzspielfilm. „Wir probieren das einfach mal aus“, war das Do-it-yourself-Motto für den No-Budget-Film, den Niklas und seine Team- und Schauspielkollegen Lorenz Riemenschneider, den er seit Kindesbeinen kennt, und Thoringe Zenk im Herbst 2016 drehten. Lorenz, der Chris, den Sohn der Sommerhaus-Besitzerin spielt, wollte zudem mal mit Kunstblut experimentieren, so wurde aus dem Idyll ein Horror-Splatter-Movie über die Abgründe, die ein junger Mann, der plötzlich Macht über einen anderen hat, in sich entdeckt und die am Ende völlig eskalieren.
Jede Menge Kunstblut und Effekte, wenn die Axt ins böse Spiel kommt. Still aus dem preisgekrönten Kurzfilm „Sommerhaus“
Kurz zum Plot, ohne zu viel vorab zu „spoilern“: Joshua (Thoringe Zenk) erreicht auf seiner Flucht vor seinen suchtkranken Eltern völlig erschöpft das Sommerhaus, das Chris renovieren soll. Chris bietet ihm Hilfe an, freilich nicht ohne Gegenleistungen. Er macht Joshua kurzerhand zu seinem Abeitssklaven – und schließlich zum Opfer seiner erwachenden sadistischen Fantasien.
„Spontan“ haben die Drei gearbeitet, die neben der Darstellung auch sonstige „Rollen“ am Set wie Ton und Kamera übernahmen. „Dialoge langweilen mich sehr schnell“, gesteht Niklas. Deshalb hat er sie in der Exposition bewusst schnell und „hölzern“ geschnitten. Alles weitere der Gewalteskalation wird weitgehend nonverbal gezeigt – und das mit großer schauspielerischer Kunst. Eine Herausforderung für den „an sich sehr friedlichen“ Lorenz, der sich so weit in seine Figur vertiefte, dass er „jene Abgründe auch in mir wie in jedem Menschen schlummernd“ entdeckte. „Wir stellten uns einen typischen Arthouse-Horror-Film vor“, sagt Niklas, „wollten das Genre aber auch überzeichnen und bis ins Skurrile parodieren“.
Jenen „bissigen trockenen Humor (…), bis auch dem Publikum das Lachen im Halse stecken bleibt“, hob die Jury des Jugendfilmpreises hervor. Das Lob erkennen die Filmemacher an, obwohl sie den Film „nicht für einen Wettbewerb gemacht haben“, sondern „eher als Experiment und Stilübungung“. Das Thema „Abgründe“ interessiert Niklas aber auch weiterhin, der nächste Kurzfilm darüber ist bereits in Arbeit. (jm)
Infos und Filmproben sowie Link zu „Sommerhaus“ und einem „Making of“: www.palvicboom.com
„Stargate“ in die braune Vergangenheit
Ein weiterer Kurzfilm aus Schleswig-Holstein konnte beim vom Bund ausgelobten Generationenfilmpreis reüssieren: „Braunhemd – Die Begegnung“ von Gerd Manzke aus Heide, den er in einem medienpädagogischen Projekt zusammen mit 13- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern drehte. Sie reisten in eine Jugendherberge nahe des ehemaligen KZ Sachsenhausen. Eine geheimnisvolle Tür dort wird zum „Stargate“ durch die Zeiten von 1937 bis 2016. Eine Zeitreise in die braune Vergangenheit, die zeigt, wie wir zu Tätern wurden oder hätten werden können. „Der Film bringt mögliche Parallelen zur Gegenwart zur Sprache und stellt Fragen, wie man damals vielleicht selbst reagiert hätte und wie sich Jugendliche heute noch für das Thema interessieren lassen“, so die Jury. Der Film gewann den mit 500 Euro dotierten Team-Award. (jm)