Kommentar:

Geräte, Gerede und Gerenne

48 Stunden Wettbewerb 2018: “Besonders wertvoll”?

Main Intention? What’s the Story? Was will uns der Dichter damit sagen? Um welche Themen geht es hier eigentlich? Plot-Schrott? Diese Fragen taumelten dauernd durch meinen Kopf, als ich neulich beim 48 Stunden Wettbewerb im Metro-Kino geduldig im Dunkeln ausharrte, denn bei fast allen dort gezeigten Filmen verstand ich nicht, um was es sich da eigentlich handelte.
Was geht hier ab, Mensch? Ich spiel Film?
Als ziemlich erfahrener Medienschaffender registrierte ich andererseits natürlich sofort ganz sachlich sämtliche Details des heftigen Produktionseinsatzes der einzelnen Filme. Teilweise gab es da ja schwindelerregende Dimensionen bei Requisiten, Kostümen, Drehorten und Spezial-Effekten. Und dann die große Menge an Schauspielern und Crew-Mitgliedern! Dieser gewaltige Aufwand in nur 48 Stunden? Respekt! Da komme ich ja allein schon beim Zuschauen ins Schwitzen. Jedenfalls waren besonders die langen Abspanne schon mal sehr interessant.
Die Preisverleihung mit ihren stilvoll schmusenden Lobreden erzeugte am Ende den farbigen Höhepunkt dieser eindrucksvollen Regionalveranstaltung des Film-Landes Schleswig Holstein. In den Pausen und am Schluss sprudelten dann die Szene-Meetings im Café und vor dem Kino auf der Straße: Der nordische Filmschaffende, er cann es, das Hollywoodchen!
Trotzdem fragte ich leicht verwirrt einige Teilnehmer nach ihren Eindrücken vom Inhalt der gezeigten Filme und erhielt ähnlich rätselnde Antworten. Niemand blickte so richtig durch. Das beruhigte mich zwar ein wenig in Bezug auf meinen eigenen Wahrnehmungszustand, ließ mich aber intensiv grübeln über die derzeitige Lage der hiesigen Medienproduktion. Nach meiner Erfahrung läuft nämlich dieses Business weltweit traditionell nach folgendem Grund-Konzept: Ein guter Spielfilm muss eine einfache Aussage auf Basis eines Konflikts unterhaltsam vermitteln. Punkt!
Diese vernünftige Regel gilt übrigens auch für Kurzfilme und Dokumentationen. Anscheinend aber nicht in Kiel, denn hier versucht man, das Rad noch einmal neu zu erfinden, hier ist vor allem die Verpackung wichtig, nicht der Inhalt. Das erinnert mich doch sehr an Hamlet, als die Königin zu ihrem um die Sache feige herum plappernden Oberkämmerer sagt: “Mehr Inhalt, weniger Kunst!”
Wenn zudem in Deutschlands gebildeten Kreisen das Wort Filmerwähnt wird, denken fast alle Anwesenden sofort nur an den so genannten Spielfilm als Fortsetzung des bürgerlichen Bildungstheaters mit modernen technischen Mitteln. Dass Film auch ein selbständiges oder sogar poetisches Medium sein kann, kommt in der Szene kaum jemandem in den Sinn. Diese begrenzte Wahrnehmung beobachte ich etwas länger schon auch bei den jüngeren Leuten, die das Filmschaffen oft besonders konservativ und einfallslos betreiben: Möglichst teures Technik-Equipment und möglichst viele dauerplaudernde Darsteller, die an aufregenden Schauplätzen herum hopsen, womit sie irgendeinen grandiosen Erfolg garantieren sollen. Geräte, Gerede und Gerenne. Full-Chip, grüne Brille, seltener Vorname, Museumseisenbahnen usw. …
Für fast alle der hier gezeigten Filme trifft dieses fantasielose Denken zu. Von realen Konflikten, guter Poesie und echten Gefühlen kaum eine Spur. Voll entplottet, Mann. Plot-Schrott. Sorgen haben die Leute! Mit ihren seltsamen Spülfilmchen. Na ja, Kiel eben, nicht oben. Kotz sei Dank. Ich spiel’ Film. Etwas länger schon. Und manchmal schäme ich mich so richtig für meinen Beruf. Wann? Rat mal “¦ (Bernd Fiedler)
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