22. Filmfest Schleswig-Holstein 2018
Filmkultur Lounge mit Live-Streaming überzeugt
Ich saß im Intercity von Frankfurt nach Hamburg am Freitagabend, konnte nicht dabei sein beim ersten Tag des Filmfests Schleswig-Holstein. Dennoch hatte ich irgendwie das Gefühl, nahe am Geschehen dran zu sein. Und das lag an den Live-Streamings der Filmkultur Lounge auf Facebook (die man jetzt sich auch als Aufzeichnungen immer noch an gleicher Stelle anschauen kann).
Im vorigen Jahr hatten Jessica Dahlke und Christoph Zickler vom Vorstand des Vereins Filmkultur Schleswig-Holstein e.V. die Idee zu einer Filmlounge. Den Filmemacher*innen und Filmfestbesucher*innen sollte ein Raum der Begegnung gegeben werden, für Gespräche über die gezeigten Filme aber auch zum „Chillen“ zwischen den Filmprogrammen, wie es so schön neudeutsch heißt. Binnen Kurzem hatten sie einen leeren Laden in der Küterstraße, keine 100 Meter von der Pumpe (dem Festivalort) entfernt, für ein paar Tage angemietet und mit ein paar bequemen Sitzmöbeln ausgestattet. Der tatkräftigen, noch suchenden Initiative war aber bis auf eine Veranstaltung (mit den Filmemachern und Drehbuchspezialisten Christian Mertens und Bartosch Werner) nicht unbedingt ein Erfolg vergönnt. Die Lounge wurde von den Filmfest-Besuchern kaum angenommen. Der Ort war trotz seiner Nähe zu weit vom eigentlichen Geschehen entfernt, die Veranstaltung nicht wirklich ins Festival integriert und bei den Teilnehmer*innen bekannt. Aber dennoch, ein Anfang war gemacht, und dieses Jahr hatte man aus den Erfahrungen gelernt. Der relativ kleine Gruppenraum 2 in der Pumpe, gleich neben den Kinosaal, wurde zur Filmkultur Lounge umgestaltet und nicht nur mit Couchen und Sesseln ausgestattet, sondern auch zu einem Livestream-Studio mit entsprechender Deko und Technik, dem Offenen Kanal Kiel und der Filmwerkstatt Kiel der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein sei Dank, hergerichtet. Auch inhaltlich hatte man sich gründlich Gedanken gemacht. Und so wurde die Filmkultur Lounge zur fast sensationellen Überraschung auf dem 22. Filmfest Schleswig-Holstein. Ein Ort der intensiven Kommunikation über Film in den gestreamten Interviews aber auch außerhalb dieser. Ein cineastisch brodelnder Melting Pot des Filmszene Schleswig-Holsteins, der Dank der unerwarteten Souveränität und Frische seiner Macher*innen überzeugte.
Interviewer Oliver Boczek im Programm 2 der Filmkultur Lounge (Foto: Screenshot)
Liebe Leute von der Filmkultur Lounge auf dem Filmfest Schleswig-Holstein, eure Talkshows sind der Knaller, jung und peppig in der Anmutung, manchmal noch ein klein wenig holprig aber im Großen und Ganzen fabelhaft in der Anlage. Das geht schon mit dem flotten Vorspann fürs Facebook Live Streaming (von Merlin Slamanig) los, setzt sich dann fort mit dem idealen Gastgeberpaar, Hille Norden und Johann Schultz, perfekt gestylt, besonders Hille, und mich irgendwie erinnernd an die Geschwister Pfister (obwohl das ja drei waren) und mündet dann zum Beispiel in die neugierigen Fragen vom retro-frisierten Oliver Boczek, der an die wilden intellektuellen Filmjournalisten aus den 1970er Jahren denken lässt. Es macht einfach Spaß, diesen unverkrampften, interessanten Interviews zu folgen und sich von der Begeisterung der „Loungeonisten“ anstecken zu lassen, mit der sie das Ganze fast aus dem Stand durchziehen und meistern. Eine prima Ergänzung und Werbung für das Filmfest Schleswig-Holstein. (Helmut Schulzeck)