Landesfilmarchiv präsentierte neu entdeckte Filmaufnahmen zur Neulandhalle 1935

Es waren nur fünf Minuten Film, die am 19. Dezember 2017 von Staatssekretär Dr. Oliver Grundei der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, aber diese Aufnahmen sind eine durchaus spektakuläre filmarchäologische Entdeckung. Die Neulandhalle im Dieksanderkoog, damals Adolf-Hitler-Koog, wurde im Jahre 1935 als NS-Kult- und Versammlungsstätte konzipiert. Heute wird über eine Nutzung als Lernort im Rahmen der Geschichtsdidaktik nachgedacht. Vom Landesfilmarchiv wurden jetzt völlig unbekannte Originalaufnahmen der Neulandhalle aus dem Jahr 1935 kurz nach ihrer Fertigstellung entdeckt.
Bei der Analyse von Produktionsresten der ehemaligen Firma Nordmark-Film stieß das Landesfilmarchiv auf einzelne gut belichtete Negativreste, die mit diversen anderen Themen vermischt waren. Sie selbst lagen aber in keinem der bekannten Nordmark-Filme vor. In aufwendiger filmarchäologischer Arbeit wurden Einzelszenen teilweise erst anhand der erhaltenen Randnummerierungen der entdeckten Originalnegative hergestellt, so dass besonders bei den eindrucksvollen Aufnahmen vom Aufhängen der Glocke ein sehr authentischer „neuer Film“ entstanden ist. Das Ergebnis wurde als Beispiel für verschiedene Projekte zur Rettung unersetzlicher regionaler Filmquellen vorgestellt.

Wissenschaftsstaatssekretär Dr. Oliver Grundei würdigte Film-Rekonstruktion des
Landesfilmarchivs zur Neulandhalle

Wo kommen unsere filmischen „Archivquellen“ her, die von Wissenschaft, Geschichtsdidaktik und Fernsehen so gerne verwendet werden? Ein besonderes Beispiel für filmarchäologische Arbeit wurde am 19. Dezember 2017 im Landesarchiv Schleswig-Holstein/Landesfilmarchiv von Staatssekretär Dr. Oliver Grundei vorgestellt. Bei der Analyse von unterschiedlichsten Produktionsresten der ehemaligen Firma Nordmark-Film, die kleinteilig und über diverse Dosen verstreut waren und als kaum aufbewahrenswert angesehen wurden, stieß das Landesfilmarchiv auf Auffälligkeiten. Während solche Schnittreste zumeist nur aus Doppelungen oder fehlbelichteten Szenen bestehen, ließen sich dieses Mal einzelne gut belichtete Negativreste von der Neulandhalle im Dieksanderkoog, dem ehemaligen Adolf-Hitler-Koog, identifizieren, die in keinem der längst bekannten Nordmark-Filme enthalten waren und auch hier nur in ganz kurzen Bildfolgen mit anderen Themen vermischt waren.
Die jetzt entdeckten Filmaufnahmen von der Neulandhalle, die seinerzeit als NS-Kult- und Versammlungsstätte konzipiert war, sind bei aller Kürze spektakulär. Sie zeigen das Hochziehen der Glocke in den hölzernen Glockenturm, porträtieren das Gebäude in seinem damaligen Zustand und bringen Aufnahmen von der Einweihungsfeier am 30.8.1936 unter Beteiligung des damaligen Reichswirtschaftsministers Hjalmar Schacht.
Staatssekretär Dr. Oliver Grundei: „Ich freue mich sehr, dass Schleswig-Holstein das Landesfilmarchiv so erfolgreich betreibt und dass sich zum wiederholten Male zeigt, wie wichtig eine solche Arbeit ist. Wir brauchen in Schleswig-Holstein diesen professionellen Umgang mit den vielen regionalen Filmquellen, die ohne eine solche Arbeit verloren wären. Sowohl Wissenschaft als auch Geschichtsdidaktik sind darauf angewiesen.“
Nur bei genauer Materialkenntnis und präziser Vergleichsarbeit lassen sich solche Analyseergebnisse erzielen. Das Landesfilmarchiv hat in sorgfältiger Arbeit die kleinteiligen Bildsplitter so zusammengefügt, dass sie einen Zusammenhang ergeben. Dabei wurden Einzelszenen erst anhand der erhaltenen Randnummerierungen der entdeckten Originalnegative hergestellt, so dass besonders bei den eindrucksvollen Aufnahmen vom Aufhängen der Glocke ein sehr authentischer „neuer Film“ entstanden ist.
Prof. Dr. Dr. Rainer Hering, Leiter des Landesarchivs Schleswig-Holstein, wies auf die besondere Bedeutung des Landesfilmarchivs für die Bestandsbildung im Gesamtrahmen des Landesarchivs hin: „Regelmäßige Aufgabe des Landesfilmarchivs ist es, einmalige und unersetzliche Filmdokumente im Lande aufzuspüren und durch restauratorische und konservatorische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass diese Dokumente dauerhaft erhalten bleiben und von der Öffentlichkeit für unterschiedlichste Zwecke benutzt werden können.“ Hering weiter: „Neben diese gewissermaßen normale filmarchivische Arbeit tritt aber immer wieder etwas, was nur mit dem Wort Filmarchäologie treffend beschrieben werden kann: Das Auffinden unbekannter und manchmal splitterhafter Filmdokumente, das Zuordnen und Erschließen. Gerade unsere regionalen Filmschätze sind es, die oftmals unerkannt, verstreut und in ihrer Erhaltung hochgradig gefährdet sind.“
Dr. Dirk Jachomowski, Leiter des Landesfilmarchivs, gab einen kurzen Einblick in die Überlieferungsgeschichte des Neulandhallenfilms und berichtete, dass das Landesfilmarchiv in den vergangenen Jahren viele solcher Quellen ermittelt, in ihren Entstehungskontext gestellt und sie vor dem unwiederbringlichen Verlust gerettet habe. Um über das aktuelle Beispiel „Neulandhalle“ hinaus diese besondere filmarchäologische Arbeit zu verdeutlichen, brachte Dr. Jachomowski ein ergänzendes Beispiel, das zeitgleich mit dem Neulandhallenmaterial und sogar in unmittelbarer Nachbarschaft entstanden ist und vor kurzer Zeit in eine kommentierte DVD-Edition einmündete: Amateuraufnahmen aus dem Jahr 1936 über die Hallig Langeneß, die inzwischen in Schleswig-Holstein geradezu zum „Klassiker“ geworden sind und sehr eindringlich das immense öffentliche Interesse an unserer regionalen Filmüberlieferung zeigen.
Das Landesfilmarchiv hat sich mit seiner Arbeit zu einem Kompetenzzentrum zur Bewahrung unseres filmischen Erbes entwickelt, das mit vielen Kommunen und Institutionen im Lande bei der Bewahrung solcher Quellen kooperiert. So machte Dr. Jachomowski deutlich, dass gerade auch beim Film die Arbeit in Netzwerken – vom Bundesarchiv-Filmarchiv über die Landesfilmarchive hin zu Kommunen und Institutionen – unerlässlich ist, um effizient mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen und die immer komplexer werdenden fachlichen Standards in der Filmarchivierung einhalten zu können.
(nach Pressemitteilungen des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes SH)

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