Die Filmbriefe der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein (1989 – 2000) auf www.infomedia-sh.org
In der September-Ausgabe 2017 unseres Newsletters www.infomedia-sh.org starteten wir mit einer historischen Serie. Jeden Monat wird in chronologischer Folge eine Nummer des Filmbriefs der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V. (heute Filmkultur SH) im PDF-Format zusammen mit einigen förderungsgeschichtlichen bzw. editorischen Anmerkungen veröffentlicht. Hier Filmbrief Nr. 3 vom Januar 1990.
Anmerkungen zum Filmbrief Nr. 3: Ein Sturm im Wasserglas um die Vergabe der ersten Filmförderungsgelder durch die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein
Der 3. Filmbrief im Januar 1990 macht mit der Reaktion auf einen kritischen Bericht und Kommentar der Kieler Nachrichten (KN) zur ersten Vergabe von schleswig-holsteinischen Filmfördergeldern durch die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein auf. Unter dem Titel „Mager gefüllter Topf nicht ausgeschöpft“ berichtete Wolfgang Glombik in der KN vom 10. Januar 1990 über den angeblichen „Fehlstart für die Filmförderung in Schleswig-Holstein“. Von den zur ersten Vergabe bereitgestellten 100.000 DM waren bloß 88.000 vom vierköpfigen Fördergremium vergeben worden. Die Folge war eine große Verärgerung bei einigen Antragstellern, die sich ungerecht behandelt sahen, zumal eben 12.000 DM nicht vergeben, sondern für die nächste Fördersitzung zurückgestellt worden waren. Eine(r) oder mehrere von ihnen hatten wohl die KN informiert, die in einem relativ ausführlichen Artikel zwar beide Seiten zu Wort kommen, aber im zweiten Teil den Filmemacher Kurt Denzer (dessen Mitgliedschaft im Vorstand der Kulturellen Filmförderung SH mit keinem Wort erwähnt wird) den Vorgang bewerten ließ. Denzer sprach von einer „Ohrfeige“ für einige Talente in Schleswig-Holstein und hatte laut KN-Artikel nur Kopfschütteln für die Entscheidung des Gremium übrig. Die Gremiumsentscheidung klinge ja fast so, als ob sich viele mit ihren Filmideen überschätzt hätten. Abschließend setzt Glombik noch einen drauf. Er zitiert Michael Zamjatnins, dessen Trickfilmprojekt nicht mit einer Förderung bedacht wurde und der in „derartige(n) Förderungsauswahlverfahren – auch wenn er sie für eine gute Sache hält – ohnehin kaum mehr als nur ’ein Würfelspiel’“ sehe.
Filmkritiker Christoph Munk versucht mit seinem Kommentar auf Seite 2 derselben Ausgabe der Kieler Nachrichten das Ganze einzuordnen und zu bewerten:
Sinn der im vergangenen Herbst mit höchst bescheidenen Mitteln angefangenen Filmförderung ist es, das vorsichtig aufkeimende Pflänzchen des Filmschaffens im Lande langsam zum Blühen zu bringen. Bei diesem Prozess ist jeder Tropfen der ohnehin raren Geldmittel dringend vonnöten. Der Garten muss, um im Bild zu bleiben, erst angelegt werden, ehe eine kultivierende Auswahl getroffen werden darf. Jede Mark, die dem schleswig-holsteinischen Film vorenthalten wird, schadet seiner Entwicklung, auch seiner Qualität, die sich ja erst einmal herausbilden muss (…) Die vierköpfige Jury hat das offenbar nicht begriffen. Und der Verein „Kulturelle Filmförderung“ protestiert nicht im Sinne seiner Mitglieder.
Ohne hier Schlachten von gestern schlagen zu wollen, bleibt festzuhalten, dass das Fördergremium als eines in seinen Entscheidungen unabhängiges installiert wurde, und die nicht bewilligten Gelder der hiesigen Filmszene in toto nicht verloren gingen (was zur Zeit der ersten Vergabe bekannt war), sondern sich in den bei der nächsten Vergabe im Mai 1990 zugesagten knapp 150.000 DM wiederfanden. Entscheidend für die Vergabe der Fördergelder konnte in erster Linie nur die inhaltliche Substanz der Anträge sein und nicht das Renommee der Antragsteller. Ich gehe mal davon aus, dass Christoph Munk die Anträge damals genauso wenig kannte wie ich. Auch deshalb scheint mir sein abschließendes Urteil, in dem er die Qualifikation des Vergabegremiums in Frage stellt, vor allem seiner Solidarität zur hiesigen kleinem Filmszene geschuldet und dem Wunsch, diese zu unterstützen, soweit ihm dies als Filmjournalist möglich war.
Verband versus Verein
Aufmerksam machen möchte ich auch auf einen kleinen Veranstaltungshinweis auf Seite 2 des 3. Filmbriefs und beigefügte Einladung. Dort kündigt der Verband der Filmschaffenden in Schleswig-Holstein e.V. seine Mitgliederversammlung an und lädt zum anschließendem Jour Fixe ein. Pikant ist das deshalb, weil der Verband der Filmschaffenden, der sich aus einem kleinen Zirkel von rund zwei Dutzend Mitgliedern zusammensetzte, im Grunde genommen schon vor der Gründung des Vereins Kulturelle Filmförderung Schleswig Holstein e.V. für sich beanspruchte, die einzige wirkliche Interessenvertretung für die professionellen Filmemacher im Lande zu sein, und alles andere zählte für den Verband nicht wirklich. Da er diesen quasi (elitären) Alleinvertretungsanspruch, dem unausgesprochen ein gewisser Standesdünkel anhaftete, gegen die viel breiter aufgestellte Kulturelle Filmförderung politisch nicht durchsetzen konnte, beteiligte er sich nolens volens nicht nur an der Vereins- und Lobbyarbeit der Filmfördervereins, sondern besetzte auch Führungspositionen im Verein. Die verantwortlichen Redakteure für den Filmbrief Nr. 3, C. Cay Wesnigk und Adolf Bollmann, waren beide führende Mitglieder im Verband. Adolf Bollmann, Gründer des Verbandes, der doch zu gerne ein Filmhaus in Lübeck gesehen hätte und sich im Vorfeld der Vereinsgründung explizit gegen der Filmwerkstatt in Kiel ausgesprochen hatte, aber der Einrichtung dieser „Spielwiese“ schließlich doch zustimmte, war zu der Zeit sogar Vorstandsvorsitzender der Kulturellen Filmförderung SH. (Helmut Schulzeck)