Die Filmbriefe der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein (1989 – 2000) auf www.infomedia-sh.org
Mit der September-Ausgabe 2017 unseres Newsletters www.infomedia-sh.org starten wir hier mit einer historischen Serie. Jeden Monat wird in chronologischer Folge eine Nummer des Filmbriefs der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V. (heute Filmkultur SH) im PDF-Format zusammen mit einigen förderungsgeschichtlichen bzw. editorischen Anmerkungen veröffentlicht werden. Die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein (heute Filmkultur SH) war bekanntlich vor ihrer Fusion (2007) mit der Hamburger Filmförderung zur Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, die Institution, die ab 1989 im Auftrag der Landesregierung die Filmförderung in Schleswig-Holstein betrieb bzw. zu verantworten hatte. Zu ihrem Publikationsorgan wurde der „Filmbrief“, der Vorläufer von www.infomedia-sh.org. Er erschien das erste Mal als Print-Exemplar im November 1989 und zum letzten mal im November 2000 mit seiner 51. Ausgabe.
Anmerkungen zum Filmbrief Nr. 1: Endlich auch in Schleswig-Holstein eine von der Filmszene selbstverwaltete kulturelle Filmförderung
Im Herbst 1989 wurde der Verein Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein (heute Filmkultur SH) gegründet. Das Bundesland zwischen den Meeren bekam endlich eine von den FilmemacherInnen selbstverwaltete Filmförderung. Dabei konnte diese „auf Grundlagen zurückgreifen, die von der Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendfilmarbeit und Medienerziehung (damals kurz LAG Film, Anmerk. hsch), den studentischen Arbeitsgemeinschaften des Studentenwerks Schleswig-Holstein und zahlreichen anderen Initiativen sowie Einzelpersonen bereits gelegt waren, und von den Erfahrungen anderer Landesfilmförderungen profitieren. Die schleswig-holsteinische Landesregierung erklärte sich zur finanziellen Förderung einer dreijährigen Modellphase bereit, deren Besonderheit in einer weitgehenden Autonomie der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein e.V. bestand“, erinnert 1993 die zuständige Landesministerin Marianne Tidick in einem Grußwort in einer Broschüre mit dem Titel „Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein“, die die Ergebnisse der besagten Modellphase 1993 auswertet.
Eine solche Filmförderung war damals hier im nördlichsten Bundesland unter dem SPD-Ministerpräsidenten Björn Engholm möglich geworden. Zuvor wäre das unter Gerhard Stoltenberg oder Uwe Barschel völlig undenkbar gewesen, wenn auch immer wieder von dem Dokumentarfilmer und Leiter der studentischen Arbeitsgemeinschaften im Studentenwerk SH, Kurt Denzer (später Leiter der AG Film der CAU) und dem Festivalmacher Hauke Lange-Fuchs (Nordische Filmtage Lübeck) versucht worden war, den Verantwortlichen in Landesregierung und Kultusverwaltung entsprechende Ideen und Gedanken nahezubringen.
„Die breite Zusammensetzung des Vereins aus den Arbeitsbereichen Produktion, Jugendfilmarbeit, Kommunale Filmarbeit, Nordische Filmtage, Dokumentation und Wissenschaft sowie Medienzentren bildete die Grundlage für die Einigung mit der Landesregierung und die Akzeptanz des Selbstverwaltungsgedankens durch das Land als Geldgeber. Sie sichert die Unabhängigkeit der Förderung“, heißt es an anderer Stelle der genannten Broschüre zu Voraussetzung und Arbeitsgrundlage für diesen Verein.
Die Kulturelle Filmförderung (heute Filmkultur SH) legte dann alsbald ohne große Umschweife los. Sie hatte zwei Standbeine. Zum einen das Filmbüro des Vereins in Lübeck, das das organisatorische Rückrat der Institution bildete, die finanzielle Förderung der einzelnen Projekte durchführte und sich als Ansprechpartner und Berater in Sachen Filmförderung schnell etablierte. Und zum anderen die Filmwerkstatt in Kiel, die sich ebenso schnell zum anerkannten und beliebten „Entwicklungshelfer“ in Sachen Filmproduktion und -distribution mauserte. Neben ihrer Beratungsfunktion als kultureller Dienstleister trug sie u. a. zur Verbesserung der filmtechnischen Infrastruktur entscheidend bei, indem sie professionelles Equipment in Schleswig-Holstein bereit hielt und damit auch eine Filmförderung durch Sachleistungen ermöglichte.
Den Enthusiasmus, mit dem man dann in der Folgezeit die Sache anging, kann man schon bei Lektüre des ersten Filmbriefes erkennen, begleitet von einer vorsichtigen Genugtuung und großen Hoffnungen, was sich aus den vorläufigen „Richtlinien für die Projektförderung“ (Seite 3) ablesen lässt.
Quasi als Editorial lassen sich die „Einsichten und Aussichten 1″ lesen, wie auch als Bekenntnis zu Improvisation und Understatement.
Im 2. Kapitel von „Einsichten und Aussichten“ steckt Ministerin Eva Rühmkorf (1989, Vorgängerin von Marianne Tidick) mit der „Präzisierung bestimmte(r) Rahmenbedingungen und Eckpunkte“ Anforderungen und Erwartungen der Landesregierung an die Kulturelle Filmförderung ab.
Schaut man im Folgenden auf die vom Verein zukünftig anvisierten Ziele, was die Fördersummen betrifft, so weiß man nicht, ob man von hoffnungsvollem Optimismus oder träumerischer Illusion sprechen soll. Von der damaligen Förderungshöchstsumme von 100.000 DM, das entspricht der heutigen Kaufkraft von auch bald 100.000 Euro, können heutige Antragsteller bei der Filmförderung der Filmwerkstatt Kiel nur träumen. Und beim hoffnungsvollen Satz „Sofern mehr als 500.000 DM jährlich für die Projektförderung zur Verfügung stehen, können auch größere Projekte gefördert werden.“ (Seite 3, Spalte 2) fallen so manch einem erstaunliche Parallelen von damals zu heute auf, wenn man an Anspruch und Wirklichkeit denkt.
Der relativ begrenzte Landesetat und die bald doch erheblich auch für Schleswig-Holstein zu Buche schlagenden Kosten der Wiedervereinigung sollten hiesige Förderer wie Filmer nach einer kurzen Flugphase schließlich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück holen.
Tatsächlich jedoch bekam Quinka Stoehr 1992 für ihren Dokumentarfilm „Virginia Grütter – Ich singe für Dich und singe für deine Stürme“ 90.000 DM Produktionsförderung, nachdem sie 1989 15.000 DM Förderung für die Stoffentwicklung erhalten hatte. Die Gesamtsumme markiert meines Wissens den Förderungsrekord für ein Einzelprojekt, wenn man die oben veranschlagte Kaufkraft (DM zu Euro) zu Grunde legt.
Abschließend noch ein paar Sachinformationen zum auch im Filmbrief Nr.1 angekündigten „2. Filmforum Schleswig-Holstein“, das damals im Rahmen der Nordischen Filmtage Lübeck vom Zentrum/Jugendamt veranstaltet wurde, aber noch nicht zum eigentlichen Festival gehörte. Im Capitol-Kinocenter in der Breiten Straße 13 wurden an zwei Tagen im Kino 5 sechs Filmprogramme gezeigt. Dazu gab es eine Diskussionsveranstaltung. Viele der dort auch gezeigten Kurzfilme sind von Schleswig-Holsteinern an den Filmhochschulen in Berlin, München und Hamburg produziert worden. Hier im Lande gab es noch keine Ausbildung an Hoch- bzw. Fachhochschulen in Sachen Film. (Helmut Schulzeck)