2. Int. Ocean Film Festival CineMare 2017
„Meer Bewusstsein“ schaffen
Das Meeresfilmfestival CineMare setzte bei der Eröffnung deutliche Zeichen für Meer und Mensch
„Demut und ein Bewusstsein für die ’Erhabenheit des Meeres’, wie sie schon Immanuel Kant erkannte – kurz: ’Meer Bewusstsein’“, wolle CineMare schaffen, sagte Mit-Kurator und Gründer der Kieler Ocean Mind Foundation Daniel Opitz bei der Eröffnung des Meeresfilmfestivals im Zoologischen Museum. Große Worte zwar, aber bereits das Eröffnungsprogramm mit sieben Kurzfilmen löste diesen hohen Anspruch ein.
Katja Vedder, Kuratorin der „Ocean Contemporary Art Films“ (Foto: jm)
CineMare rückt die – nicht selten problematische – Beziehung zwischen Mensch und Meer in den Fokus. Dies zeigten schon die drei „Ocean Contemporary Art Films“, kuratiert von Katja Vedder von der Berliner Kunstinitiative Art Objective: „The Things We Leave Behind“ von Susana Sanromán zeigt in bildkräftiger Stop-Motion, wie der Mensch im von ihm erzeugten Meer aus Müll buchstäblich versinkt.
Filmstill aus „The Things We Leave Behind“ (Foto: Susana Sanromán)
In der (Video-) Installation „Garden Eden“ visualisiert Ulf Saupe den komplexen Wasserkreislauf und zieht eine Analogie zu den globalisierten Warenströmen, die noch weit entfernt von einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sind. Mit „Partenza“ greift Renata Poljak die Flüchtlingsproblematik auf, die in ihrer Heimat Kroatien bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts virulent war, als sich Menschen nach Südamerika aufmachten, um Armut und Hunger zu entkommen. In poetischen Schwarzweißbildern zeichnet sie ein Bild von schmerzlichem Abschied und Hoffen auf Rückkehr.
Dass „die Natur den Menschen nicht braucht, vielmehr der Mensch die Natur“, thematisiert ein Film der Umweltorganisation Conservation International: In „Ich bin der Ozean“ spricht dieser selbst mit der eindringlichen Stimme des Schauspielers und Naturaktivisten Hannes Jaenicke und warnt vor der Hybris, der Mensch dürfe das Meer hemmungslos ausbeuten. Das Problem der Plastik-Vermüllung der Meere bringt ein Image-Film des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Wissenschaftsjahr sarkastisch auf den Punkt, wenn der „Plastik Peter“ statt Meeresfrüchten nur Plastik, „frisch aus dem Meer gefischt und garantiert 400 Jahre haltbar“, im Angebot hat.
Filmstill aus „Johanna under the Ice“ (Foto: Ian Derry)
Wie sich der Mensch mit dem Meer verbinden kann, statt es zu zerstören, zeigt „Johanna under the Ice“. Der Fotograf Ian Derry taucht darin mit der finnischen Freitaucherin Johanna Nordblad unter das Eis, eine nicht ungefährliche Sphäre, wo der Mensch nur mit Demut gegenüber dem Meer überleben kann.
Filmstill aus „Bon Voyage“ (Foto: Marc Wilkins)
Festivalleiter Till Dietsche und Daniel Opitz wollten „eigentlich nur einen Segelfilm im Programm haben“, waren dann aber von dem Kurzspielfilm „Bon Voyage“ des Schweizer Regisseurs Marc Wilkins (Trailer auf YouTube) auf ganz andere Weise „angefasst“: Ein Seglerpaar trifft im Mittelmeer auf ein sinkendes Flüchtlingsboot und ist hin und her gerissen zwischen der Pflicht zu helfen und dem Verbot, Migranten nach Europa zu „schleusen“. Als die Geretteten erkennen, dass sie an die libysche Küstenwache ausgeliefert werden sollen, kapern sie in ihrer Verzweiflung die Yacht, was am Ende jedoch scheitert, nur ein Kind bleibt verstört zurück. Aktueller kann ein Meeresfilm zwei Tage nach dem Flüchtlingsgipfel in Paris, wo sich Europa noch mehr abschottete, nicht sein. Dem Zuschauer bleibt ein Kloß im Halse stecken, der sich erst beim Ausklang in der Walhalle des Zoologischen Museums mit der Kieler Band Anchor In Ink löst. (jm)