Intimes Kammerspiel mit Kamera
Bernd Fiedlers Spielfilm “weiß vor weiß” feiert Premiere im Kieler Traum-Kino
“Das ist ein Film, den man ziehen lassen muss”, sagt der am Schönberger Strand lebende Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann Bernd Fiedler über seinen 90-minütigen Spielfilm “weiß vor weiß”, der bereits 2007 unter dem damaligen Arbeitstitel “Still-Leben” gedreht wurde, und nun in neu geschnittener Fassung im Kieler Traum-Kino seine Premiere feiert.
“Ziehen lassen” – wie einen Tee, aber auch “ziehen lassen”, damit der Film sich aus sich selbst heraus endlich aufmache auf die Leinwand. Gedreht hat ihn Fiedler nach seinem Konzept “Drehbank”: bewegliche, “wie ein Schauspieler mitagierende” Kamera, kleines Team, daher ein Budget, das übliche TV-Produktionen – fürs Fernsehen war der Film ursprünglich gedacht – um das Dreifache unterbietet. Fiedler, der in den 60er Jahren an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin studierte und bei zahlreichen Film- und TV-Produktionen als Kameramann mitwirkte, will nicht nur gewohnte Produktionsmethoden unterlaufen, er hat mit “weiß vor weiß” auch das Genre des filmischen Kammerspiels neu formuliert.
Bernd Fiedler (rechts) beim Dreh und im Gespräch mit seinen Hauptdarstellern Margrit Sartorius und Siemen Rühaak (Foto: jm)
In mehrfachem Sinne eng ist das Ferienhaus an der Ostsee (Drehort bei Schönberg), wohin sich Sonja (Margrit Sartorius) zurückgezogen hat, um ihrer Fotokunst zu frönen. Ein weißes Ei vor weißem Hintergrund bildnerisch ins richtige Licht zu setzen, ist dabei die “Königsdisziplin”, die auch dem Film den darauf nicht von Ungefähr Bezug nehmenden Titel gab. Und sie wartet auf ihren Liebhaber Erwin (Siemen Rühaak), der als gefragter Sozialarbeiter kaum Zeit für sie findet. Immer wieder vertröstet er sie am Telefon und will eigentlich nur kommen, um Schluss zu machen – zumal er längst eine Affäre mit Sonjas bester Freundin Heike (Ritta Kristensen) hat. Und dann ist da noch der bodenständige Bauer Günther (Thomas Reisinger), dem Sonja Avancen macht, die er nicht erfüllen kann – oder will? Eine klassische Dreiecksgeschichte, die Fiedler (Drehbuch, Regie und Kamera) aber ganz unklassisch und daher für die Leinwand besser als für den TV-Schirm geeignet erzählt.
Kammerspiel um ein ungleiches Dreieck: Siemen Rühaak (links), Margrit Sartorius und Thomas Reisinger in Bernd Fiedlers “weiß vor weiß” (Foto: Fiedler)
Nicht nur um die Liebe und ihre Verwirrungen geht es in “weiß vor weiß”, auch um die der (Film-) Kunst und ihr zu sich selbst Finden gegen alle Hindernisse. Dass die Figur Sonja in ihrem Suchen nach Liebe und adäquatem Ausdruck der Bildkunst autobiografische Züge trägt, würde Fiedler wohl professionell verneinen. Der Zuschauer erahnt es dennoch, wenn sie sich der zärtlich beobachtenden Kamera manchmal buchstäblich entblößt. “Die Kamera vergessen, obwohl und weil sie Mitspielerin ist”, hat sich Fiedler in sein “Drehbank”-Konzept geschrieben. Hier kann man das im höchst intimen Kammer- und Kameraspiel auf äußerlich wie innerlich engstem Raum in fast jedem Filmbild erfahren. (jm)
Premiere am Sonnabend, 28.2.2015, 20 Uhr, im Traum-Kino (Kiel, Grasweg 19)