Comic-Kick für den Film
Der Sommertreff der schleswig-holsteinischen Filmbranche widmete sich dem Storyboard
„Storyboard“ – man hat das irgendwie schon mal gehört, aber was es genau bedeutet, fern von Hollywood und gerade auch für das eigene Filmvorhaben, wussten die wenigsten Gäste beim Sommertreff der schleswig-holsteinischen Filmbranche am 28.8.2014 in der Landesbibliothek S.-H., veranstaltet von der Filmwerkstatt Kiel und der Kulturellen Filmförderung S.-H. e.V. in Zusammenarbeit mit dem im Mai neu gegründeten Comic Center Kiel.
Arne Sommer (l.), Leiter der Filmwerkstatt Kiel der FFHSH, begrüßt das Publikum in der schleswig-holsteinischen Landesbibliothek und stellt die Vortragsgäste zum Thema „Storyboard“ vor: Jens Jeddeloh (r.) und Volker Sponholz (m.) (Foto: Lorenz Müller)
Volker Sponholz (Comic-Zeichner (u.a. „Bertis Buben“), Comic Center Kiel, Mitherausgeber der Comic-Zeitschrift „Pure Fruit“) und der Berliner Comic-Zeichner und in mehreren Produktionen erfahrene Storyboard-Artist Jens Jeddeloh zeigten in einem instruktiven Vortrag, wie Story-Boarding dem Film einen echten Comic-Kick geben kann. Storyboards, die skizzenhafte Vorzeichnung von Filmbildern und -sequenzen, führte einst Walt Disney für seine Trickfilme ein – um Kosten zu sparen: Ganze Filme wurden zunächst in repräsentativen Einzelbildern skizziert auf den Soundtrack gelegt, um hinterher nur die Szenen wirklich zu animieren, die auch gebraucht wurden. Story-Boarding für Real-Filme ist zwar zunächst ein zusätzlicher Kostenfaktor in der Projektentwicklung, indem es aber das Drehbuch vorab detailliert visualisiert – in enger Zusammenarbeit des Zeichners mit Regisseur und meist auch Kameramann – kann es die Produktionskosten am Set erheblich reduzieren.
Warfen sich im lockeren Dialog die Bälle zu: Der Kieler Zeichner und Illustrator Volker Sponholz (l.), und der Berliner Zeichner Jens Jeddeloh, der unter anderem für die Comic-Verfilmung „Aeon Flux“ das Story-Board zeichnete (Foto: Lorenz Müller)
Jens Jeddeloh berichtete von seinen Erfahrungen bei Produktionen wie der Comic-Verfilmung „Aeon Flux“ (USA/D 2005, Regie: Karyn Kusama). Dort war zwar schon viel vorgegeben, seine szenischen Zeichnungen zur „Visualisierung in der Vorstufe“ etwa einer Verfolgungsszene in einer U-Bahn anhand eines Set-Modells wurden dennoch fast 1 zu 1 umgesetzt. Mit diesem Beispiel und dem einer Probearbeit zu einer Revisualisierung einer Szene aus „Batman“ erläuterte Jeddeloh auch die eigene Zeichensprache eines Storyboards (Pfeildiagramme für Bewegungen der Kamera und Darsteller sowie Zooms).
Ausschnitt des Storyboards von „Aeon Flux“, für das der Storyboard-Artist Jens Jeddeloh ein plastisches Architekturmodell zur Verfügung hatte, um die Bewegung von Kamera und Protagonisten zu visualisieren (Foto: Jens Jeddeloh)
Bei einem bestehenden und bereits produktionsfertigen Drehbuch können die Skizzen durchaus fragmentarisch sein (wie etwa in Martin Scorseses zwar laienhaft gezeichnetem, aber die Szenen und deren Ablauf genau skizzierenden Storyboard zu „Taxi Driver“), „Hauptsache, der Kameramann kann sie lesen“, so Jeddeloh. Aber auch in der Projektentwicklung und zur Akquise können Storyboards nützlich sein. Dafür sind in der Regel genauer ausgefertigte, fast schon einem „Comic vor dem Film“ ähnliche Zeichnungen nötig. Die Arbeit des Zeichners kann dabei so weit gehen, dass er Interieurs entwickelt, die später Filmarchitekten als Vorlage dienen – wie in Jeddelohs Storyboard zur Science-Fiction-Serie „Lexx – The Dark Zone“, wo eine „Alien-Kantine“ nach seinen zeichnerischen Entwürfen designt wurde. In solchen Fällen wird der Storyboard-Artist beinahe schon zum Co-Autor. Sogar für den Schnitt kann das Storyboard eine wichtige Hilfe sein.
Je mehr Action, desto mehr Bilder – im Unterschied zum schriftlichen Drehbuch, ist der Umfang eines Storyboards abhängig von den Bewegung im Bild (Foto: Jens Jeddeloh)
Überdies zeigen Storyboards, wie nah sich die Dramaturgien von Comic und Spielfilmen sind, wie sie sich gegenseitig ergänzen können – auch filmische Erzähltechniken lassen sich vice versa für den klassischen Comic nutzen – und wie der Comic dem Film so einen Kick geben kann. Volker Sponholz und das im Comic Center Kiel vereinte Zeichnerkollektiv können daher zurecht auf eine in Zukunft engere Zusammenarbeit mit schleswig-holsteinischen Filmemachern hoffen. Wie gesagt: eine Win-Win-Situation für beide Künste – und vielleicht auch Ausblick auf zukünftige Crossmedia-Projekte. (jm)