59. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, 2.-7. Mai 2013

Flatness: Kino nach dem Internet

Das Filmfestival als Versuchsanordnung zur Zukunft des bewegten Bildes

Das neue Themenprogramm der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen fragt nach der Zukunft des bewegten Bildes in einer Zeit des digitalen Umbruchs. „Flatness: Kino nach dem Internet“, kuratiert von Shama Khanna und ko-kuratiert von drei Künstlern, Anthea Hamilton, Oliver Laric und Ed Atkins, verwandelt den Kinosaal in ein Versuchslabor, in dem Bilder aus der individualisierten Oberfläche des Computermonitors gelöst werden, um Teil der Beziehung zwischen dem Publikum und der Leinwand zu werden. „Flatness“ zeigt Arbeiten, die sich mit der Art, wie wir heute Bilder wahrnehmen und erfahren, auseinandersetzen. In acht Film- und Performance-Programmen – einschließlich einer Reihe von Auftragsarbeiten – sowie einer Diskussion fragt das Programm, ob eine neue Ästhetik möglich ist, die die Sinne anspricht, die in unserer individualisierten, digitalisierten Bildwahrnehmung heute brachliegen.
Während Film und Video einem bestimmten Medium entsprachen, braucht die heutige digitale Bilderflut keinen bestimmten Träger mehr. Gleichzeitig weicht die kollektive Seh-Erfahrung mehr und mehr der individualisierten Erfahrung vor dem eigenen Monitor, der ebenso gut ein Smartphone wie ein Flat Screen-Fernseher sein kann. Bilder sind zu Kulturobjekten geworden, die durch eine ganze Reihe von Schnittstellen zirkulieren. Jeder Zuschauer kann sie neu interpretieren, weiterverbreiten oder auf seinem Smartphone sein eigenes Mini-Filmfestival kuratieren. In anderen Worten, jeder Zuschauer kann zum Urheber werden. Körnige Bilder aktueller Ereignisse, vom Arabischen Frühling bis zum Großbrand in einer brasilianischen Disco, verbreiten sich mit ungeheurer Geschwindigkeit um den Erdball. Gleichzeitig zeigen hyper-reale HD-Bilder die Künstlichkeit, aber auch die digitale Sinnlichkeit dieser neuen Technologien. „Flatness“ untersucht die Geschichte und Gegenwart des „šFlachen’ im bewegten Bild: Das Bild als (pixelige) flache Oberfläche, die relative Oberflächlichkeit unserer emotionalen Reaktion auf solche Bilder oder die Art, wie Künstler wie Robert Bresson in der Vergangenheit „šflache’, ausdruckslose Darstellungsformen genutzt haben.
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen individualisierter Online-Nutzung und kollektiver Kino-Erfahrung? Und wie arbeiten Künstler mit diesen neuen ästhetischen Eigenschaften? Der Österreicher Oliver Laric nutzt in seinen Arbeiten vorhandenes Material, interpretiert es neu und stellt diese Arbeiten online, damit andere sie weiter bearbeiten und verbreiten können. Der Brite Ed Atkins arbeitet mit HD-Bildern, stört unsere Reaktion auf ihre hyper-reale Sinnlichkeit und Künstlichkeit mit Wortfetzen und (visuellen) Geräuschen. Anthea Hamilton, Großbritannien, untersucht in ihrer „Kabuki“-Reihe von Live Performances Arten des Sehens, indem sie Elemente des hochgradig kodierten japanischen Kabuki-Theaters aufgreift und sie in Zusammenhänge stellt, wo diese Codes unbekannt sind und die Vorführung zur reinen Oberfläche wird. Der österreichische Filmemacher Martin Arnold arbeitet mit Sequenzen aus alten Hollywoodfilmen, in die er Störimpulse wie Wiederholungen, Verzögerungen und Schleifen einbaut und sie so mit neuer Bedeutung auflädt (Pièce Touchée), während Hito Steyerl in Strike einem Flat Screen-Fernseher buchstäblich mit Hammer und Meißel zuleibe rückt.
(nach einer Pressemitteilung der Kurzfilmtage Oberhausen)
Cookie Consent mit Real Cookie Banner