Eindrücke vom Seminar „Der bessere Ton“ in der Filmwerkstatt Kiel
Bernd-Günther Nahm (Leiter der Filmwerkstatt Kiel der FFHSH) und Arne Sommer (Verein Kulturelle Filmförderung SH) begrüßten die 25 Teilnehmer zum zweitägigen (27.-28. Oktober 2012) Seminar „Der bessere Ton“, das genre- und abteilungsübergreifend das Gestaltungspotential des Filmtons auslotete.
„Bist du ratlos, mach es drahtlos!“: der Hamburger Tonmeister Volker Zeigermann (www.zeigermann-schmahl.de) präsentierte jedoch nicht nur Tipps und Tricks aus der Praxis der drahtlosen Mikrofonie. In seinem Vortrag betonte er die Gleichrangigkeit des Filmtons mit dem Filmbild und erläuterte die kontinuierliche Sensibilität, die erforderlich ist, um mit der Tonaufnahme am Filmset der Atmosphäre der Filmerzählung gerecht zu werden. Gleichzeitig brach er eine Lanze für den Berufstand der Tonleute, die in ihrer leicht Nerd-haften Introvertiertheit oft von der Kameraabteilung sprichwörtlich an den Rand gedrängt werden.
Der Editor Andrew Bird, der fast alle Filme von Fatih Akin montiert hat, zeigte Filmausschnitte von Godard bis Coppola, um Gestaltungsmittel und Wirkungsweise des Tonschnitts zu veranschaulichen. Am Beispiel eigener Arbeiten wie „Gegen die Wand„ machte er die kreativen Entscheidungsprozesse nachvollziehbar, die zusammen mit der Regie im Schneideraum erfolgen. Übereinstimmend mit Tonmeister Volker Zeigermann betonte er, das erst der umfassende und qualitätvolle Originalton vom Set diese Entscheidungsvielfalt ermöglicht.
Der Phonetiker und Linguist Dr. Benno Peters von der Universität Kiel (www.phonexis.de) erweiterte den Blick auf die Welt des Hörens mit Beispielen aus der Wahrnehmungspsychologie und -physiologie. Er verdeutlichte, wie grundlegend der Hörsinn bestimmt wird durch kulturelle Prägung und kommunikative Konventionen. In anschaulichen Grafiken und Animationen zeigte er physikalische Grundlagen und biologische Phänomene wie Synästhesie oder den „McGurke-Effect“, wobei das menschliche Ohr nicht vorhandene Sprachlaute wahrnimmt, weil das Auge die entsprechende Lippenstellung gesehen hat.
Filmmusiker Stefan Ziehten (www.sziehten.de) , der unter anderem für die TV-Serien „Polizeiruf 110“ und „Wilsberg“ sowie für die „Sendung mit der Maus“ arbeitete, erklärte, wie sich Filmmusik zur Unterstützung der Filmdramaturgie einsetzen lässt. An Filmbeispielen aus dem Genrekino und mit eigenen Arbeiten, verdeutlichte er methodische Begriffe wie Underscoring oder Leitmotivik, bis hin zum sogenannten „Mickey-Mousing“ , bei dem jede Bewegung im Bild musikalisch scherzhaft kommentiert wird. Für sein eigenes Vorgehen bevorzugt er die Gestaltung von musikalischen „Sound-Inseln“, im Film, damit die die Ohren des Publikums sensibel bleiben und nicht überfordert werden von einem indifferenten Klangteppich.
Das Seminarpublikum bestand zu einem Großteil aus filmhandwerklichem Nachwuchs der Kieler Fachhochschule und der Hamburger „Tide“ sowie einigen Freiberuflern und Quereinsteigern aus Hamburg und Schleswig-Holstein.
Die Themen der Referenten griffen oftmals ineinander und boten gegenseitige Anknüpfungspunkte. Auch ihre Darstellung des eigenen Werdegangs in der professionellen Welt des Tons stieß auf großes Interesse beim überwiegend studentischen Publikum.
Einig waren sich alle Vortragenden darüber, das Film immer Teamwork sei, und alle Abteilungen von der Tonaufnahme, über den Schnitt bis zur Musik dem Gesamtwerk dienlich zu sein haben. (Text und Fotos: Lorenz Müller)