Zwischen profan und Koran

„Profane“ (Usama Alshaibi, USA 2010)

Muna kommt aus dem Irak und lebt in Chicago. Dort muss sie nicht verschleiert gehen, außer sie wollte es – vor den Suren des Koran in einer Art Bekenner-Video. Muna ist eine Domina wider Willen, sie besorgt es willigen Herren auf ihre ganz eigene Art – mit Kopftuch. Was ihr hilft – auch bei der Selbstbefriedigung – ist der Koran, seine mystische Versenkung. Ihn senkt sie wie die Finger und die Dildos ihrer Freundin, ein „hairy redhead“, in ihr „inner sanctum“. „Ich bin du“ verheißt der Sufi-Revolutionär Mansur Al-Hallaj.
Tag- wie Nacht- wie Drogenträume suchen Muna heim, immer auch wieder der eines islamischen Exorzismus. Den Teufel im Leib kann sie gerade noch aushalten, wenn ihr „Brother“ im Glauben, Ali, sie im Taxi durch das verschneite Chicago kutschiert.
Usama Alshaibi inszeniert seinen halbdokumentarischen Spielfilm über eine muslimische Domina so zart wie einen beständigen Traum, der Flucht sein könnte aus der Zuflucht des harten Sex in den weichen Glauben – an was? An die Erlösung? Muran und ihre kokain-süchtige Freundin sind Dominas im Zwischenreich, so schuldig, wie ihr Fahrer Ali ihnen einen konsternierten Koran-Lehrer zuführt. Indem er auf ihr „Blowjob“-Angebot dankend und doch lüstern verzichtet.
Sexualität wird hier zur Glaubens- und Bekenntnisfrage. Muna fickt niemanden ohne Gedanken ans Jenseits und das Paradies ihrer (verlorenen) Jungfräulichkeit. Und das ist ihr Dominantes, Dominum, der Herr, Allah. Ein Film so verstörend wie jedes Glaubens- oder Sex-Selbstbekenntnis. Ein Experiment über die Zwischenwelt, die liebevolle Liebe, Hardcore-Sex als den Krieg der Geschlechter und auch den Tod als alle Vereinendes aufspannt. (jm)
„Profane“, USA 2010, 80 Min., Buch, Regie: Usama Alshaibi, Darsteller: Manal Kara, Molly Plunk, Dejan Mircea. http://dancehabibi.com/profane/
Cookie Consent mit Real Cookie Banner