4. Fetisch-Film-Festival im Traum-Kino Kiel

Dornröschens verstörter Schlaf

„Spleeping Beauty“ (Julia Leigh, 2011)

Lucy (bezaubernd dünn und nur von fern lüstern: Emily Browning) ist something ten oder vielleicht gerade twenty. Alt genug, um als Studentin sich einen Nebenerwerb in einem Luxus-Fick-Establishment zu verdienen. Ihren „Gästen“ wird sie sediert präsentiert, ein Dornröschen schlafend, das von deren Zugriff nichts merken soll. Dornröschen künstlich für alternde Prinzen, die sich an ihr nicht vergehen, ihrer unberührten Schönheit eher erliegen.
Penetration ist streng verboten, und keiner der Ficker dränge ein, spritzte allenfalls verstohlen ab auf das junge, verwunschene Fleisch. Eben dieses Geheimnisgleichnis ist Lucys Geburt. Die alten, weißhaarig faltigen Väter „kommen“ auf diese Unschuld nochmal, und das lassen sie sich einiges kosten. Dem Weib, weil schlafend, als willfähriges.
Nackt und doch Nische: Emily Browning in „Sleeping Beauty“
Lucy, die im Office nicht minder widerwillig die Kopierarbeiten übernimmt und dabei den Nabel und Hebel der Schnittmaschine so fröhlich schwingt wie die Schwänze, denen sie letzte Ejakulationen wringt, ist ein Mädchen, das weiß, was es nicht will. Nicht diese nächtlichen Betäubungen, nicht die alten Männer, die sich an ihr vergehen.
Und doch ist sie das Nüttchen, das alles mitmacht, wenn man sie nur betäubt. Sie dornröst den Prinzen, die sich rüschen in das Röschenhöschen. Dabei erzählen sie traurige Geschichten vom eigenen Versehrten, sie wissen sehr gut, was an ihnen „pervers“ ist. Und leben das aus mit Lucy, die alles mitmacht, schlafend.
Die Puffmutter dekretiert: „No penetration!“ Und die alten Herren gehorchen – was sie noch geiler macht. Sie müssen sich zurückhalten, passend zum ohnehin verhaltenen, nur noch schwer sich ereignenden Erguss. Doch Lucy ahnt, was ihr im Schlaf geschieht. Sie verzeiht das nicht und wendet sich kotzend ab. Wird sie beim kranken Lieben, das sich ihr entziehen muss, Liebe finden, die nicht nur Fleisch will? Und nicht nur schlafend, sondern Dornröschens Wachheit?
Und wie würde MANN das dichterisch versenden?: So vielleicht?:
broken bones sleeping
und in dieser nacht, ich sagt’ es zum ersten mal, sind meine knochen zerbrochen. und ich wusste mit einem mal: einst werden sie alle zerbrochen sein. dann brauch’ ich deine hilfe, deine jugend, die zartheit deiner haut, dein weißes fleisch an meinem ergrauten, deinen schlaf an meinem wachen, deine träume für meine hingegeben, deinen leib für mich gesprochen.
und ich muss nicht in dich dringen, nur schauen dich an. und dass du mich anschaust aus deinen dunklen löchern. aus deinen augen, den tiefen. dass ein teich schaut und schlüpft in mich, gespiegelter himmel. dass ich die himmel sähe, die du auf erden sätest. und so sähe ich, ohne mehr säen zu müssen.
dass ich dich trüge auf händen, den kraftvollen. und dass ich sänke unter deiner federleichten last hin ans gestade, schiffgebrochen wie ulyss’ an dem eheversprechen jedweder rückkehr, selbst aus den höllen der sirenen, die atmen und wimmern so wild in mein ertaubendes ohr.
und wir sänken und sprängen aus den federkernen der matratzen am morgen, gesteinigte der nacht. blinzelten aus den fenstern hinaus auf die straßen, auf denen fahrzeuge schlichen, fächelten mit dunstigem atem den asphalt.
dass du wärest, läg’ ich nur noch, die jungfrau voll der gnaden, die mir arm ist um mich und hand, die mir leitet den stab auf dem pfad, die mühsal teilst mit mir und teilst sie mir mit, die botschaft, dass ich sterben muss einst.
und du erwachtest tastend, gingest schütterer als du gekommen warst, legtest dich wieder, während ich nun tränke von deinem schlaf meine überdosis, den schierling aus deinem feuchten becher. und du sagtest und sprachst und wünschtest sie mir: die gute, die letzte nacht.
(jm)
„Spleeping Beauty“, AUS 2011, 104 Min., Regie: Julia Leigh. www.youtube.com/watch?v=l4Sjhqw4QAU.
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