4. Deutsch-Afrikanischer Filmworkshop in Yaoundé / Kamerun anlässlich des 15. Filmfestival „Écrans Noirs“ – Ein Bericht
Yaoundé, die Hauptstadt Kameruns liegt auf und zwischen sieben Hügeln/Bergen. Auf einer dieser Anhöhen befindet sich das von Chinesen errichtete Kongresszentrum, in dessen großen Tagungssaal vor ca. 1.000 Gästen die Eröffnungsgala für das 15. Filmfestival „Ècrans Noirs“ (Schwarze Leinwände) (18. bis 25. Juni 2011) mit großen Aufwand und glitzerndem Hype zelebriert wurde. Das geschah selbstverständlich mit allen Drum und Dran, inklusive zweisprachiger Moderation (französisch und englisch) auf der Bühne vor der Leinwand, Live-Übertragung im kamerunischen Fernsehen usw. usf., ganz ähnlich, wie man es bei uns zum Beispiel von der Berlinale kennt. Natürlich gestaltete sich auch die Abschlussveranstaltung mit der feierlichen Preisverleihung eine Woche später genauso „bombastisch“, von den supertollen, besonders den europäischen Blick aufs heftigste irritierenden, weiblichen Roben ganz zu schweigen.
Bombast wie bei A-Festivals in Europa – Fotosession bei der Preisverleihung in Yaoundé (Fotos: Helmut Schulzeck)
„Écrans Noirs“ ist als bedeutendes Filmfestival für zentralafrikanischen Raum längst etabliert und weiß sich mit etlichen Programmschienen für Spiel- und Dokumentarfilm sowie entsprechenden Wettbewerben entsprechend in Szene zu setzen. Abspielorte waren neben dem besagten Kongresszentrum u.a. das Crentre Culturell François Villion (das französische Kulturzentrum) mit einem schönen, alten, großzügigen Kino zentral in der Innenstadt gelegen, ein Open Air Kino im so genannten „Village Du Festival“ am Sportpalast gelegen, in dessen Nebenräumen und Foyer etliche Nebenveranstaltungen und Treffen aus dem Begleitprogramm stattfanden, und das Goethe-Institut, in dessen Räumen neben öffentlichen Vorführungen aus dem Festivalprogramm auch der dreitägige Deutsch-Afrikanische Filmworkshop stattfand, zu dem neben dem Goethe-Institut, den „Écrans Noirs“, der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok) auch die unabhängige kamerunische Produzentenvereinigung APIC geladen hatte. Ermöglicht wurde der Workshop u.a. auch durch die Unterstützung von German Films.
Filmplakat für „Écrans noirs“
Die Filmaufführungen, Präsentationen und Diskussionsrunden des Filmworkshops fanden in enger Kooperation mit dem 15. „Écrans Noirs“ statt. Von deutscher Seite dazu eingeladen waren die deutschen Dokumentarfilmproduktionen „Adopted“ (Regie: Gudrun F. Widlok, Rouven Rech, Prod.: Hanfgarn und Ufer, Torero Film), „Taste the Waste“ (Regie und Prod.: Valentin Thurn) und „So close and yet so far – Meine ferne Familie“ (Regie und Prod.: Helmut Schulzeck) sowie Erik Lötsch, der als Rostocker Dokumentarfilmproduzent (ExtraVista Film & TV) auch Koproduktionen im afrikanischen Raum mit dortigen Partnern realisiert, und Thomas Böltken, der gerade mit „Das Erbe der Nanas Benz“ einen Dokumentarfilm über den Stoffhandel in Togo postproduziert. Gudruns Widlocks „Adopted“, ein Film über einsame Europäer, die sich von afrikanischen Familien „adoptieren“ lassen, der im letzten Jahr im Rahmen des Workshops als work in progress vorgestellt wurde, lief im Rahmen der Wettbewerbssektion „L’écran du film étranger“.
Die Leitung des 4. Workshops dieser Art in Yaoundé hatte von deutscher Seite aus die Berliner Filmproduzentin Bärbel Mauch, die sich als Insiderin nicht nur um und für das afrikanische Filmschaffen seit Jahren verdient macht. Neben der Präsentation der deutschen und kamerunischen Dokumentarfilmprojekte bot die Veranstaltung genügend Raum, besonders die Probleme der afrikanischen Filmemacher zu diskutieren. Gemeinsam wurden auch mögliche Kooperationen in Produktion, Vertrieb bzw. Distribution angedacht. Was lässt sich tun, um Koproduktionen und weitere Zusammenarbeiten auf den Weg zu bringen und zu befördern? Diese Frage beschäftigte alle Teilnehmer auch über die Meetings hinaus.
Europäisches Engagement für den afrikanischen Film: Workshop-Mitorganisatorin Bärbel Mauch im Kreis kamerunischer Filmstudenten
Obwohl auch die Teilnahme von kamerunischen Seite ursprünglich auf fünf Produzenten/Projekte beschränkt war, verstand man es zu improvisieren, neue Gäste spontan einzubinden und auch Platz zu finden für die zusätzlich als Gäste eingeladenen Filmstudenten des Institut Supérieur du Sahel in Maroua (Nordkamerun), wo seit dem letzten Workshop 2010 der Aufbau einer Dokumentarfilmausbildung in Angriff genommen wurde. Hier nur einige Stichworte zu dem breiten Themenspektrum, das im Workshop beleuchtet wurde: z.B. die Schwierigkeiten mit der offenen oder versteckten staatlichen Zensur in Afrika, die vorauseilende Schere im Kopf bei so manchen Beteiligten in der afrikanischen Filmbranche, die Probleme mit den meist, wenn vorhanden, französischen Koproduzenten, die nur an die staatlichen Fördergelder kommen, wenn sie (und sei es nur auch pro forma) als die federführenden Macher auftreten, die schrumpfenden Abspielmöglichkeiten in den Kinos Kameruns, von denen immer mehr geschlossen werden.
Der Workshop vermittelte so zum wiederholten Mal afrikanischen Filmemachern und Produzenten mit eigenen Projekten den Kontakt zu deutschen bzw. europäischen Partnern. Deutsche Regisseure und Produzenten lernten die Produktionsbedingungen und die Expertise afrikanischer Partner kennen. Zudem wurden direkte Kontakte zu kamerunischen und afrikanischen Produzenten, Organisationen und TV-Anstalten ermöglicht. (Helmut Schulzeck)