Vom Laufsteg auf die Leinwand

Das Symposium des Forums der Muthesius Kunsthochschule Kiel beschäftigt sich mit „Kleidern in Bewegung – Mode im Film“

Audrey Hepburn im „kleinen Schwarzen“ beim „Breakfast at Tiffany’s“, Coco Chanel als Designerin nicht nur für den Laufsteg, sondern auch so mancher Filmleinwand der Nouvelle Vague, Hollywood-Diven als „Säulenheilige“ nicht nur des Kinos, sondern auch ihrer Kleider … Mode und Film, Haute Couture und Subkultur verbindet, dass sie beide im besten Sinne des Wortes „modische“ Trends setzten und setzen. Gleichwohl galten Mode und Film, vor allem erstere, lange Zeit als flüchtiger Tand, nicht wert für einen „hochkulturellen“ Kunstdiskurs. Das Symposium des Forums der Muthesius Kunsthochschule „Kleider in Bewegung / Mode im Film – mediale und kulturelle Transfers“ (5. bis 7. Mai 2011 im Lessingbad) will das nun ändern und widmet sich der besonderen Wechselbeziehung dieser beiden wirkmächtigen „Stiefkinder“.
Konzipiert haben das Symposium die Muthesius-Professoren Theresa Georgen und Norbert M. Schmitz und setzen damit die bewährte Tradition der Forums-Symposien fort, aktuelle Diskurse in Kunst-, Kultur- und Medienwissenschaft mit praktischen Beispielen an die Kieler Kunsthochschule und eine interessierte Öffentlichkeit zu bringen. „Mode ist in der Kunstdiskussion gerade ziemlich in Mode“, weiß Georgen und spielt schon damit auf das an, was man der Mode auch nachsagt: nämlich bloß „modisch“ zu sein, vergänglich, ständig im Wandel, flatterhaft, das ephemere Gegenteil „ewiger Kunst“. Eben diese Eigenschaft sei es jedoch, die eine „Liebe von Mode und Kino zueinander“ schaffe, so Schmitz. Der Stoff, seine Bewegungen würden zum „Objekt der Kamerabegierde“, der „schöne Schein“ zum eigentlichen Akteur. Zu beobachten sei das nicht nur im Experimentalfilm wie etwa Ulrike Ottingers „Freak Orlando“, ein Highlight, das am 6.5., 18 Uhr mit einer Einführung der Regisseurin im Koki zu sehen ist.
Die Betörung der Alten – Kleider als eigenständige Akteure in Ulrike Ottingers Film „Freak Orlando“ (1981). Foto: Ulrike Ottinger
Auch im „Mainstream“-Kino schafft Mode jenseits bloßer Kostümierung eigene Ikonografien und kulturelle Codes. Der Vortrag „Säule mit Schlitz. Die Diva und ihr Kleid“ von Annette Geiger (5.5., 19 Uhr) untersucht, wie die Filmdiva durch ihre Kleider von der unberührbaren Heiligen zu einer gleichsam „an-fassbaren“ und damit auch erotischen Frau wird. Die Königinnen der Leinwand inspirieren über ihre Mode auch „die vielen kleinen Königinnen“, die davor sitzen. Barbara Vinken gibt dies in ihrem Vortrag „Der Königin neue Kleider“ (6.5., 15 Uhr) Anlass zu einer ideologiekritischen Betrachtung von Sofia Coppolas Film „Marie Antoinette“. Schon zeitgenössisch galt die später geköpfte Königin als Mode-Ikone, war also zugleich Hass- wie Identifikationsfigur des aufstrebenden Bürgertums. Warum fasziniert uns das noch heute – nicht zuletzt auch Modedesigner wie John Galliano, die den verschwenderischen Pomp der Antoinette gerade wiederentdecken?
Mode im Film ist offenbar immer auch Code für vordiskursliche lebensweltliche und kulturelle Phänomene, wie Petra Maria Meyer in ihrem Vortrag über „Identität und Differenz der Stoffe“ (7.5., 11.30 Uhr) reflektiert. An Mode zeigten sich „für menschliche Lebensformen und künstlerische Schaffensprozesse grundsätzliche Aspekte“, gerade auch in deren filmischer Repräsentation. „Die schönen Stiefkinder“ – so der Titel von Norbert M. Schmitz’ Vortrag (6.5., 11.30 Uhr) – Mode und Film sind also nur vermeintlich „Medien des Unechten und Flüchtigen“, sondern vielleicht sogar Schlüssel für manchen gesellschaftlichen wie kulturellen Diskurs. Vom Laufsteg führt der Weg über die Leinwand mitten ins Leben. (jm)
5. bis 7. Mai, Lessingbad (Lessingplatz 1). Filmvorführung „Freak Orlando“ von Ulrike Ottinger mit Einführung der Regisseurin: 6. Mai, 18 Uhr, Koki in der Pumpe. Infos und detailliertes Programm unter www.muthesius-kunsthochschule.de.
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