Familiengeheimnisse, Lebenslügen & neue Blickwinkel
Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein: Förderentscheidungen Gremium 2
Eine internationale Koproduktion, Fortsetzungen von (Lebens)geschichten, experimentelle Kurz- und Langfilme von Hamburger Dokumentarfilmern und engagierten Filmemachern: Gremium 2 der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH), zuständig für Projekte mit Herstellungskosten bis 800.000 Euro, förderte in der Sitzung vom 19. April 22 Projekte mit insgesamt 616.000 Euro.
Produktionsförderung erhalten zwei Spielfilme, drei Dokumentarfilme und vier Kurzfilme für das Kino:
Der Spielfilm NORDSTRAND von Florian Eichinger (90.000 Euro, Bergfilm Produktion, Hamburg) ist nach Eichingers Debütfilm BERGFEST der zweite Teil einer Trilogie über familiäre Gewalt und zugleich das Psychogramm einer zerstörten Brüder-Beziehung.
Nach ihrem preisgekrönten Dokumentarfilm ON THE WAY TO SCHOOL wagen sich die türkischen Filmemacher Orhan Eskiköy und Zeynel Dogan an ihren ersten Spielfilm und rekonstruieren in der deutsch-türkischen Koproduktion VOICE OF MY FATHER (70.000 Euro, Riva Filmproduktion, Hamburg) unter Verwendung von Tonbandaufnahmen das Porträt einer zerrissenen Familie von 1979 bis heute.
China meets Parchim: Der chinesische Unternehmer Jonathan Pang kaufte 2007 den alten Militärflughafen in Parchim und träumt seitdem von einer europäisch-asiatischen Drehscheibe für Flugfrachtverkehr. Der Dokumentarfilm PARCHIM INTERNATIONAL von Stefan Eberlein (60.000 Euro, Lemme Film, Hamburg) erzählt von einem Flughafen als Brennpunkt der Globalisierung.
Nach JONAS IN THE DESERT von 1994 und JONAS AT THE OCEAN von 2002 arbeitet der Hamburger Filmemacher Peter Sempel mit JONAS IN THE JUNGLE (38.000 Euro) aktuell an seinem dritten Dokumentarfilm über den Avantgardefilmer und Poeten Jonas Mekas.
Für drei Ausländer wird eine Führerscheinprüfung fernab ihrer Heimat zu einer besonderen kulturellen Herausforderung: In AND WHO TAUGHT YOU TO DRIVE? von Andrea Thiele (35.000 Euro, Kloos & Co Medien, Berlin) geht es weniger um das Autofahren an sich – alle drei haben einen Führerschein – sondern um kulturelle Überzeugungen, um Integration und Identität.
In dem Kurzfilm EUROPA ODER DER ALLGEMEINE FRIEDE (25.000 Euro) betrachtet Volko Kamensky die Dörfer Oradour-sur-Glane in Frankreich und Bonnland in Deutschland und untersucht die vielschichtigen Realitäten einer befriedeten europäischen Gegenwart.
Als eine „Ode an die Realität des Alterns“ beschreibt Timo Becker seinen Film MÄDCHENABEND (25.000 Euro, Jäger & Becker Film, Hamburg) über die 79-jährige Christine und die 83-jährige Eva, die sich frei nach dem Motto „man ist nie zu alt um noch einmal jung zu sein“ auf einen Trip durchs nächtliche St. Pauli begeben.
Adnan Softic fragt in seinem Essayfilm SCHNEE VON GESTERN (AT) (20.000 Euro) nach dem möglichen zweiten, dem anderen Gesicht eines Menschen und ob man dieses (böse) Gesicht mit einer Kamera aufnehmen kann.
Die Veränderung eines Stadtviertels und der schleichende Prozess der Gentrifizierung stehen im Mittelpunkt des dokumentarischen Kurzfilms ROSENHOFSTRASSE – EIN QUARTIER IM WANDEL von Gerd Samland (10.000 Euro, BlickWechsel, Hamburg) über das Hamburger Schanzenviertel.
Fernsehförderung erhalten drei Dokumentarfilme:
Carsten Rau und Hauke Wendler rekonstruieren in KEIN PLATZ FÜR WADIM (50.000 Euro, Pier 53, Hamburg) die Geschichte von Wadim, der aus Lettland nach Hamburg kam, sich bestens integriert hat und mit 18 Jahren abgeschoben wurde. Die Suche nach einem Platz in der Gesellschaft endet tragisch in seinem Freitod.
In DER KRIEG HÖRT NIE AUF (35.000 Euro, Hanfgarn & Ufer, Hamburg) begleitet Michael Richter traumatisierte deutsche Soldaten während ihrer Therapie und dokumentiert gleichzeitig die Ausbildung und Vorbereitung von Soldaten für ihren Afghanistan-Einsatz.
War der Lügenbaron Münchhausen selbst Opfer einer Lüge? Dieser Frage geht Kai Christiansen in MÜNCHHAUSEN – DIE GESCHICHTE EINER LÜGE nach (30.000 Euro, Gebrueder Beetz Filmproduktion, Hamburg).
Projektentwicklung in Höhe von 31.000 Euro erhält der Dokumentarfilm von Eric Ellena und Said Bahij I AM A B-BOY (Beleza Film, Hamburg) über die Gefühle, das Leben und den Alltag von drei jungen Breakdancern.
Drehbuchförderung bzw. Stoffentwicklung in Höhe von je 10.000 Euro erhalten der Spielfilm GRAU SIND ALLE MEINE FARBEN von Stephanie Töwe (HfP Hansafilm, Hamburg) über den schwulen Künstler George, der sich nach einem Schlaganfall nicht mit seiner neuen Situation zufrieden gibt und weiter für seine Ideale kämpft, der Kinofilm mit crossmedialer Erzählebene SOMMERLIEBE von Stefan Gieren (Fiction Zwei Null, Hamburg), über die Beziehung zwischen dem 16-jährigen Paul und der an Leukämie erkrankten Anna sowie der Dokumentarfilm POLISARIO von Klaus Balzer über den Flüchtlingsstaat Polisario in Algerien.
Im Verleih werden die Dokumentarfilme WADAN’S WELT von Dieter Schumann (20.000 Euro, Real Fiction Filmverleih, Köln; Kinostart: 5. Mai 2011) und UTOPIA LTD. von Sandra Trostel (17.000 Euro, Rapid Eye Movies; Kinostart: 12. Mai 2011) sowie der Spielfilm THE TIGER FACTORY von Woo Ming Jin (15.000 Euro, Aries Images, Hamburg; Kinostart: 12. Mai 2011) gefördert.
Kinoförderung erhalten die zeise kinos (7.000 Euro) für das Programm ZEISE OPEN AIR 2011 vom 15. Juni bis 27. August 2011 im Altonaer Rathaus, das Metropolis Kino (5.000 Euro) für die Filmreihe NORWEGEN – SCHIFFE & MENSCHEN vom 5. bis 24. Mai 2011 sowie das B-Movie (3.000 Euro) für die Retrospektive GISELA TUCHTENHAGEN.
Die Förderentscheidung haben getroffen: Gabriele Brunnenmeyer, Ulrike Dotzer, Eva Hubert, Dietrich Leder, Bernd-Günther Nahm und Hansjürgen Rosenbauer.
(nach einer Pressemitteilung der FFHSH)