52. Nordische Filmtage Lübeck: Retrospektive widmet sich Liebe und Sexualität im skandinavischen Kino

Unter dem Titel „Die skandinavische Verlockung: LIEBE – WOHLFAHRT – SEX im Kino der fünfziger bis siebziger Jahre“ widmet sich die Retrospektive der 52. Nordischen Filmtage Lübeck einer einzigartigen Tradition in der Filmgeschichte Skandinaviens: Die freizügige Darstellung von Liebe und Sexualität. Das Verhältnis zwischen den Geschlechtern unvoreingenommen und realistisch zu schildern, galt im Ausland seit Mitte der fünfziger Jahre als besondere Qualität des skandinavischen Kinos und sorgte mit dafür, dass Filme aus Skandinavien zum Exportschlager wurden.
Auf bahnbrechende Liebesfilme wie Ingmar Bergmans „Die Zeit mit Monika“ (1953) und Arne Mattssons „Sie tanzte nur einen Sommer“ (1951) folgte in den sechziger Jahren eine Welle von Aufklärungs- und Experimentalfilmen, die satirisch Missstände einer repressiven Gesellschaft aufgriffen, wie „Ich bin neugierig“ (1967) von Vilgot Sjöman und „Stille Tage in Clichy“ (1969) von Jens Jørgen Thorsen. In den siebziger Jahren tauchte die filmische Darstellung von Liebe und Sexualität häufig im Kontext politischer Bewegungen auf, so in Christian Braad Thomsens „Liebe Irene“ von 1971. Zugleich entstanden grelle Independent-Perlen wie Gustav Wiklunds „Exposed“ (1971), die es heute wieder zu entdecken gilt.
„Die filmische Darstellung der intimen Welt war im skandinavischen Kino immer auch gesellschaftlich eingebunden, denn Erfolg und Niedergang des erotischen Genres waren mit dem Aufstieg und der Krise des Wohlfahrtsstaates vor allem in Dänemark und Schweden verbunden“, sagt Jörg Schöning, Leiter der Retrospektive. „Zugleich ist auch die Rezeption dieser enorm erfolgreichen Filme im europäischen Ausland eng an die Wahrnehmung der politischen und sozialen Verhältnisse in den skandinavischen Ländern geknüpft.“
Dieser Wechselwirkung zwischen gesellschaftlicher und filmhistorischer Entwicklung spürt die diesjährige Retrospektive der Nordischen Filmtage Lübeck anhand ausgewählter Filmklassiker und Themenschwerpunkte nach. Ein Workshop mit Filmausschnitten des in Dänemark ansässigen amerikanischen Filmarchivars und Publizisten Jack Stevenson, der erst kürzlich die Studie „Scandinavian Blue: The Erotic Cinema of Sweden and Denmark in the 1960s and 1970s“ veröffentlicht hat, sowie eine Präsentation des in Stockholm beheimateten „Klubb Super 8“ mit dem Produzenten und Filmhistoriker Rickard Gramfors und der zum Kultstar avancierten Darstellerin Christina Lindberg gewähren vertiefende Einblicke in das Thema.
(nach einer Pressemitteilung der NFL)
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