Grenzorte und Zwischenwelten
Förderentscheidungen der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Gremium 2
Ängste und Träume, Kampf und Widerstand sind die Themen der aktuell geförderten Spiel- und Dokumentarfilme sowie eines Kurzfilms. Gremium 2 der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein (FFHSH), zuständig für Projekte mit Herstellungskosten bis 800.000 Euro, förderte in der Sitzung vom 29. Juni 2010 14 Projekte mit insgesamt 616.000 Euro.
Produktionsförderung erhalten zwei Spielfilme, sechs Dokumentarfilme und ein experimenteller Kurzfilm für das Kino.
Der Spielfilm OHNE TITEL von Maike Mia Höhne (95.000 Euro) ist der erste abendfüllende Spielfilm der Filmemacherin aus Hamburg und zugleich auch das Langfilm-Debüt für den Hamburger Produzenten Dirk Manthey. Erzählt wird die Geschichte eines Paares, das in der Frage nach einem Kind unterschiedlicher Meinung ist. Die Beziehung steht auf dem Spiel.
Die Nachwuchsproduzenten Henning Kamm und Fabian Gasmia von der Hamburger Firma Detailfilm setzen u.a. nach FATHER, SON & HOLY COW mit CENTRAL STATION von Ami Livne (90.000 Euro) ihre internationale und grenzübergreifende Filmarbeit fort. Der Wachmann Kamal, ein Beduine in Israel, kämpft bei seinen Kollegen und seiner Familie um Anerkennung und hat schließlich einen perfiden Plan, „gewaltsam“ Aufmerksamkeit zu erregen.
Die verschollen geglaubte Vertonung von Sergei Eisensteins Filmklassiker PANZERKREUZER POTEMKIN ist der Ausgangspunkt für den Dokumentarfilm REVOLUTION IM TON von Martin Reinhart und Thomas Tode (90.000 Euro, Bildschön Filmproduktion, Hamburg). Sie haben einen Film entwickelt, der auf Basis teils unbekannter, teils in neue Zusammenhänge gestellter Filmausschnitte von den Anfängen des Kinos bis in die 1930er Jahre eine überraschende und unterhaltsame Reise zu den Wurzeln der modernen Informations- und Massenmedien ermöglicht.
In seinem Film DIE GEDANKEN SIND FREI (70.000 Euro, Filmtank, Hamburg) stellt Niels Bolbrinker Paranoikern Wissenschaftler gegenüber, deren Forschungen die Fantasie der Betroffenen erst real werden lassen. Der Film recherchiert das Zusammenspiel zwischen Wahnsinn und Methode.
Essen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der Taiwanesen und ein taiwanesisches Sprichwort sagt: „Bauch und Herz sind nicht zu trennen.“ Die Filmemacherin Monika Treut begibt sich in ihrem Film DAS ROHE UND DAS GEKOCHTE (70.000 Euro, Hyena Films, Hamburg) auf eine kulinarische Reise durch Taiwan. Über das Medium Essen will sie Taiwans Kultur und Geschichte anschaulich machen.
Thees Klahn stellt in seiner Langzeitdokumentation THE YOUNG CLASSX – STADTTEILKIDS UNTERWEGS IN DIE ELBPHILHARMONIE (50.000 Euro, Dragon Ciné, Hamburg) das neue Hamburger Musikerziehungs-Projekt „The Young ClassX“ vor und begleitet neun Kinder aus Hamburger Vororten auf ihrem neuen und manchmal schwierigen Weg hin zur klassischen Musik und zum gemeinsamen Musizieren.
Punk is not dead! Das beweist das Comeback der Punk-Band Slime in diesem Jahr. In ALLE GEGEN ALLE (35.000 Euro, Timo Schierhorn Filmproduktion, Hamburg) erforschen Timo Schierhorn und Mathis Menneking das Wesen des Punks damals und heute.
Um Widerstand, Tradition und Heimat geht es in dem Dokumentarfilm ROSIA MONTANA von Fabian Daub (32.000 Euro, Bildfolge Filmproduktion, Hamburg). Die größten Goldvorkommen Europas liegen in Transsilvanien rund um das uralte karpatische Dorf Rosia Montana. Die Dorfbewohner wehren sich mit aller Kraft gegen die Zerstörung ihrer Heimat durch einen kanadischen Großkonzern.
Die Zwischenwelt des Schlafwandelns ist das Thema des experimentellen Kurzfilms ÜBER DIE NACHT von Vanessa Nica Mueller (25.000 Euro). Im Mittelpunkt steht der Schlafwandler Jochen M., dessen Erlebnisse zwischen Wach- und Schlafzustand visualisiert werden.
In der Projektentwicklung wird die auf einer wahren Begebenheit beruhende Dokumentation WADIMS HEIMAT von Carsten Rau und Hauke Wendler (19.000 Euro, Pier 53 Filmproduktion, Hamburg) gefördert. Ein in Hamburg lebender, gut integrierter Lette wird mit 18 Jahren von seiner Familie getrennt und nach Riga abgeschoben. Nach Jahren der Demütigung sieht er im Tod den einzigen Ausweg für seine Situation.
Drehbuchförderung in Höhe von 13.000 Euro bekommt Rasmus Gerlach für seine Kinodokumentation MOBILE STORIES (Moonlight Movies, Hamburg) über das Mobil-Telefon als wirtschaftliches Instrument der Globalisierung.
Im Verleih und Vertrieb wird der Film ZWIEBELFISCHE von Christian Bau und Artur Diekhoff unterstüzt (17.000 Euro, die thede e.V., Hamburg). Der Film beleuchtet das Leben von Jimmy Ernst, Sohn des Künstlers Max Ernst, der 1935 eine Setzerlehre in der weltberühmten Fremdsprachen-Druckerei Augustin in Glückstadt beginnt.
Kinoförderung erhalten das 3001-Kino (6.000 Euro) für das Kino-Open-Air-Programm „Filmnächte am Millerntor“ und das Lichtmeß Kino e.V. (4.000) und das Erstellen von originellen Programmpostkarten für 2010/2011.
Die Förderentscheidung haben getroffen: Gabriele Brunnenmeyer, Ulrike Dotzer, Ute Holl, Eva Hubert, Dietrich Leder und Bernd-Günther Nahm.
(nach einer Pressemitteilung der FFHSH)