Familienschaukel
D 2008, 5’19 Min., Tobias Wiemann
Überraschend anekdotenhafte Begebenheiten lassen sich im Kurzfilm besonders gut erzählen – in auf die Spitze getriebener Einheit von Raum und Zeit sogar ganz klassisch aristotelisch. Auf der Schaukel im Garten – man imaginiert: am Rande eines Familienfestes – sitzen Niels und sein Onkel Jürgen. Niels hat Sorgen und sucht Rat bei Jürgen. „Sag mal, Onkel Jürgen, hattest du schon mal etwas mit einer Frau, die schon vergeben ist?“ Denn Niels hat sich in Johanna, die Freundin seines Bruders Marten, verknallt. Da der Onkel keinen Rat weiß, hilft ihm Niels auf die Sprünge: „Stell dir mal vor, du wärest in meine Mutter Eva, die Frau deines Bruders verliebt.“ Und je mehr Niels dieses Szenario – „lediglich vergleichsweise“ – ausschmückt, umso deutlicher wird, dass Onkel Jürgen sich eine verbotene Liaison mit Eva nicht erst vorstellen muss, er steckt mitten drin. Tobias Wiemann, dessen Film 2009 beim Filmfest in Wismar premierte und dort vom Augenweide-Team entdeckt und nach Kiel eingeladen wurde, versteht es, durch die Dialogführung und im simplen Schnitt/Gegenschnitt-Verfahren auf der Schaukel die Familienschaukel (und ihre gegenseitigen Verschaukelungen) in Bewegung zu setzen. Ein kleiner Film, der ein großes Drama in nur fünf knackigen Dialogminuten skizziert.
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