26. – 28. März 2010 im „metroKino im Schlosshof“:
„Welt aus Eis“ – 5. Grönland-Filmfest Kiel
Das Kalaallit Filmmianit Nalliuuttoraiorneq feiert kleines Jubiläum
Ein kleines Jubiläum für die „Welt aus Eis“: zum fünften Mal in jährlicher Folge wird vom 26.-28. März 2010 unter diesem Titel wieder die Insel Grönland in vielen unterschiedlichen Facetten über die Kieler Kinoleinwand flimmern – beim „Kalaallit Filmmianit Nalliuuttorsiorneq“, wie das „Grönland-Filmfest“ in der Sprache der dort lebenden Inuit heißt. Veranstaltet wird es von der Deutsch-Dänischen Gesellschaft Kiel. „Bei unserem Beginn 2006 mussten wir uns noch recht mühsam ein paar bescheidene Stunden Filmprogramm für ein Grönland-Wochenende zusammensuchen. Damals hat niemand von uns damit gerechnet, dass sich die als Einzelveranstaltung gedachte Filmschau zu einem mittlerweile deutschlandweit beachteten, jährlichen Filmfest auswachsen würde – mit rund 13 Stunden Programm zu diesem Jubiläum „, sagt Annie Lander Laszig, die Vorsitzende der DDG Kiel, nicht ohne Stolz. Immerhin handelt es sich um das einzige Filmfest weltweit, das ausschließlich der Insel des ewigen Eises und deren polarer Nachbarschaft gewidmet ist.
In insgesamt zwölf Beiträgen zeigt das Jubiläumsprogramm 2010 ein vielfältiges Bild von Kalaallit Nunaat, wie Grönland heute offiziell heißt. Im Mittelpunkt werden zwei Spielfilme und eine filmische Dokumentation stehen. Mit „Qivitoq“ (27. März, 20.00 Uhr) kommt eine großartige Grönland-Love-Story des dänischen Regisseurs Erik Balling auf die Leinwand. In dem Streifen aus dem Jahr 1956 spielen neben Astrid Villaume und Poul Reichhardt (die damals in Dänemark ähnlich populär waren wie bei uns O. W. Fischer und Maria Schell) das grönländische Eis und die faszinierende Natur der Insel eine Hauptrolle. Der seinerzeit in deutschen Kinos nicht gezeigte Film ist in einer vom Dänischen Filminstitut aufwändig restaurierten Fassung erst seit wenigen Monaten wieder zugänglich. Der Leiter des Arktischen Instituts in Kopenhagen, Bent Nielsen, wird den Film einleiten.
Auch in dem 90-minütigen, deutschen Stummfilm-Klassiker von 1927 „Milak der Grönlandjäger“ (28. März, 18.30 Uhr) lässt dessen Regisseur Georg Asagaroff die einzigartige Natur der Eiswelt eine Hauptrolle spielen – als erster Grönland-Spielfilm überhaupt wurde „Milak“ an Originalschauplätzen in Grönland und auf Spitzbergen gedreht. Die Eisbären allerdings, die den drei als Protagonisten posierenden Polarforschern auf ihrer gefahrvollen Arktis-Expedition nach dem Leben trachten (zusätzlich noch zu den allerorten dräuenden Gletscherspalten und Schneestürmen), hatte Asagaroff von Hagenbeck in Hamburg mitgebracht. Wie im vergangenen Jahr schon beim Stummfilm „Eskimobaby“ wird Werner Loll das nostalgische Leinwanderlebnis wieder zeitgemäß live am Pianoforte begleiten.
Die knapp 80 Minuten lange schwedisch-dänische Dokumentation „Spuren im Eis“ – Regie Staffan Julén – (27. März, 16.30 Uhr) geht den dunklen Punkten in der Biographie des amerikanischen Polarhelden Robert E. Peary nach, der vor fast genau 100 Jahren – am 6. April 1909 – von Grönland aus und mit Hilfe der dortigen Inuit als erster Mensch den nördlichen Scheitelpunkt des Globus erreicht haben will – was übrigens schon zu seinen Lebzeiten in Frage gestellt wurde. Zu dem hohen Preis, den dieser Ruhm kostete, gehörte auch die vier Jahre zuvor durch Peary erfolgte Verschleppung von sechs grönländischen Inuit nach New York, wo sie im Museum of Natural History als „Wilde aus dem Eis“ gegen Eintrittsgeld zur Schau gestellt wurden. Bis auf den kleinen Jungen „Minik“ starben alle schon nach kurzer Zeit. In seiner Dokumentation aus Archivmaterial und neu gedrehten Aufnahmen im Polareis lässt Julén einen grönländischen Urenkel Pearys aus dessen illegitimer Verbindung mit einer Eskimofrau Spurensuche nach dem Schicksal Miniks aber zugleich auch nach der schillernden Persönlichkeit seines eigenen weltberühmten Vorfahren betreiben.
Die weiteren acht Dokumentationen und Reportagen sind vor allem dem exrem abseitigen, menschenfeindlichen Ostgrönland gewidmet, das von den Bewohnern der Westküste geringschätzig „Tunu“ genannt wird – zu Deutsch: der Hintern. Doch wird auch der Süden der Rieseninsel in „Thumbnail“ (28. März, 11.00 Uhr) zu sehen sein – als neues Mekka für Extremsportler. Der Film zeigt zwei der besten Bergsteigerinnen der Welt bei der Bezwingung einer Steilwand, die fast senkrecht 1.600 Meter hoch aus einem Eisfjord emporwächst. Der einstündigen Dokumentation schließt sich die Tierbeobachtung „Eisbären können nicht weinen“ an. Dieser 2009 produzierte Beitrag lässt deutlich werden, wie drastisch sich die Erderwärmung schon jetzt auf die arktische Tierwelt auswirkt. Auch die Kieler NDR-Filmer werden wieder nicht fehlen: Udo Biss zeigt seine jüngste Reise-Reportage von Bord der „Fram“: „Endstation Packeis – eine Seereise in den höchsten Norden Grönlands“, und in „Tauchabenteuer Arktis“ taucht Unterwasserkameramann Thomas Mauch ab in die faszinierende Bilderwelt unter den schwimmenden Eisbergriesen (beide Beiträge im Programmblock „Im und unterm Eis“, 28. März, 16.30 Uhr).
Einen besonderen Höhepunkt für alle Cineasten wird die Eröffnung des 5. Grönland-Filmfestes am Freitag, dem 26. März, 17.00 Uhr, durch Stadtpräsidentin Cathy Kietzer bringen. Aus Anlass des „Jubiläums“ wird diese nicht wie die gesamte sonstige Veranstaltung im „metroKino im Schlosshof“ (Holtenauer Straße 162) stattfinden sondern im Kieler Rathaus. Im Ratssaal werden Hauke Lange-Fuchs und Jörg Klinner mit Hilfe zweier fast vorsintflutlicher Original-Projektoren und zeitgenössischen Bildvorlagen eine nostalgische Laterna-Magica-Schau zum Thema „Franklins Reise ins Eis“ präsentieren. Die Laterna-Magica-Vorführungen waren – bevor zu Beginn des letzten Jahrhunderts die Bilder auf der Leinwand das Laufen lernten – die Vorgänger des Kinos. Vor dieser Schau wird auch die Fotoausstellung „Bilder vom eisigen Ende der Welt“ eröffnet, die das Filmfest begleitet. In der Rotunde vor dem Ratssaal zeigen der dänische Grönland-Fotograf Rolf Müller und der Kieler Journalist Hans Joachim Kürtz Bilder von ihren Grönland-Aufenthalten in den vergangenen vier Jahrzehnten. (26. März – 20. April).
„Ich will nicht verschweigen, dass es für uns Organisatoren bei aller Freude über das abwechslungsreiche Jubiläumsprogramm auch einen bitteren Wermutstropfen gegeben hat“, resümiert Annie Lander Laszig. Denn aus Grönland hatte seit Monaten die feste Zusage vorgelegen, dass der erste, im vergangen Jahr komplett von den Grönländern selber produzierte Spielfilm „Nuummioq“ beim diesjährigen Kieler Grönland-Filmfest seine Europa-Premiere haben sollte. Doch kam vierzehn Tage vor dem Beginn völlig unerwartet die Absage des Produzenten. Denn überraschend hatte sich eine Vertriebsfirma in England die Verleihrechte gesichert. „Und die wollen „Nuummioq“ erst Mal auf einem der Festivals in Cannes oder Venedig präsentieren, was voraussetzt, dass der Film zuvor auf keinem anderen Festival gezeigt wurde – auch nicht in Kiel“, hieß es zur Begründung der Absage. Kommentar der Kieler Macher: „Da blieb uns nur der schwache Trost, mit Cannes und Venedig in einem Atemzug genannt zu werden.“ Im Übrigen liegt die neue Zusage für „Nuummioq“ für das GFF 2011 vor „¦
(nach einer Pressemitteilung der Veranstalter)