Ein herber Rückschlag für den Mainstream! Das VERBOTENE LICHTSPIEL hat sich zum Ziel gesetzt, filmgeschichtlich Abseitiges oder Vergessenes zurück auf die Leinwand zu bringen. Abseitig meint Filme, die über Jahre hinweg die Kultur der Bahnhofkinos genährt haben, bevor Porno und räudige 4:3-Abtastungen für den Heimvideo-Markt ihr den Garaus gemacht haben. Mit dem VERBOTENEN LICHTSPIEL erobern diese Filme den öffentlichen Raum zurück, die Clubs, Cafés und Kinos dieser Stadt. Eingebettet in thematische Reihen („Shocks Italian Style“, 2008; „Angels Of Vengeance“, 2009) und versehen jeweils mit einer erläuternden Einführung, gilt es, diese Filme in einer ihnen angemessenen und würdigen Form zu erleben. Und „erleben“ grüßt dabei die Anfänge des Mediums auf Jahrmärkten und Rummelplätzen, das Spekulative, das Sensationelle, Reißerische, das Physische und allen voran das Versprechen. Einlösung bietet das VERBOTENE LICHTSPIEL nun bereits in der dritten Auflage.

Verbotenes Lichtspiel 3

Sequels, Spin Offs und andere filmische Nachgeburten

Welcher zweite Teil ist besser als das Original? Welcher dritte, vierte, n-te? Konsensantwort: „Der Pate II“. Sonst noch was? Ghostbusters II? Halloween 4? Emanuelle 6? Fortsetzungen stehen unter Generalverdacht: Sie werden nur aus Geldgier gemacht. Sie sind entweder billiger, weniger starbesetzt, schlampiger gemacht oder einfach schlechter. Eines jedenfalls können sie nicht mehr sein: so originell wie das Original. Soweit das Vorurteil. Aber was heißt schon originell, speziell im Genrefilm, der ja von der Wiederholung eingeführter Muster lebt.
Wir sehen es so: Der Rahmen, das Bekannte, die Wiederholung mag vielleicht nur die Lizenz zum Gelddrucken sein, die Versicherung an den Zuschauer, dass er wieder bekommt, was er mag. Aber im schönsten Fall hat die Fortsetzung Freiheiten, die es bei der Etablierung der Marke im Original nicht gab. Oder es werden Nebengleise betreten. Oder neue Tabus ins Visier genommen. Das heißt Fortsetzungen können absurder, anarchischer, lustiger, härter sein. Und sie müssen nicht mehr alles durch die Blume sagen.
Mit VERBOTENES LICHTSPIEL 3 widmen wir uns dem Bodyhorror an der Grenze zum Slapstick (Evil Dead II), blicken in die manifesten Alpträume überforderter Teenager (A Nightmare On Elm Street 3) und verhelfen gut eingeübter Kampfkunst zu ihrem Recht (Iron Monkey). Dann sieht ein Mann zum dritten Mal rot und sich in Brooklyn einer Horde gesetzesuntreuer Freaks gegenüber (Death Wish 3). Und vergleichbare Freaks machen ein paar Straßen weiter die Bronx (un)sicher (Fuga dal Bronx – The Riffs II). Ein Eintopf schmeckt aufgewärmt übrigens auch oft besser.
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Mittwoch 7. April 2010, HansaFilmpalast, 20:30 Uhr

Evil Dead II – Dead by Dawn

Sam Raimi. USA 1987. 84 Min. Originalfassung mit englischen UT. Mit Bruce Campbell, Sarah Berry
Ash ist der einzige Überlebende einer kleinen Schar von Freunden, die in einer abgelegenen Waldhütte aus Versehen die Mächte des Bösen durch Vorlesen aus „Necronomicon“, dem Buch der Toten, erweckt haben. Der aberwitzige Kampf gegen die Horden der Finsternis geht in die zweite Runde.
Regisseur Sam Raimi ist der personifizierte Traum vom Aufstieg in Hollywood: Sein mit elterlichem Geld produzierter Low-Budget-Kunstblut-Schocker The Evil Dead wurde zum Kult-Film der frühen Achtziger und Überraschungshit an der Kinokasse. Natürlich bekam Raimi Studio-Finanzierung für ein Sequel: Evil Dead II – Dead by Dawn. Raimi blieb sich treu und bescherte seinen Fans feinsten Gore gepaart mit schwarzem Humor und Marx-Brothers-inspiriertem Slapstick. Evil Dead II ebnete den Weg für den dritten Teil, The Army of Darkness. Heute ist Sam Raimi ein gefragter Blockbuster-Regisseur, der nach der Spiderman-Triologie mit Drag Me To Hell zu seinen Wurzeln zurückgekehrt ist.
Zum Auftakt von Verbotenes Lichtspiel 3 laden wir im Anschluss an die Vorführung zum „Tanz der Teufel“ mit DJ Jens Raschke ins Sponti-Hansa.
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Dienstag 13. April 2010, Prinz Willy, 20:30 Uhr

A Nightmare on Elm Street 3: Dream Warriors

Chuck Russell. USA 1987. 96 Min. Original mit deutschen UT. Mit Robert Englund, Heather Langenkamp, Patricia Arquette
Langsam schält sich eine Gestalt aus den Schatten der dunklen Gasse und kommt mit einem selbstsicheren, leisen Kichern auf Taryn zu. Sie kennt diesen Mann mit dem dreckigen Pullover und der vernarbten Haut. Sie spürt, wie die unter der Hutkrempe verborgenen Augen des Mannes sie wissend mustern. Sie weiß, dass Fred Krueger zu ihr gekommen ist, um sie zu töten. Und er kennt ihre Schwächen genau. Mit einem kalten Lächeln hebt der Mann seine Hände, deren Finger sich jetzt in Heroinspritzen verwandelt haben. „Let’s get high!“, flüstert er triumphierend, und Taryn ist sich mit einem Mal sicher, dass sie nie mehr aufwachen wird…
Nicht nur Taryn, auch die anderen jugendlichen Patienten der psychiatrischen Klinik sind davon überzeugt, dass der Mann, der sie in ihren Albträumen verfolgt, eine reale Gefahr darstellt. Zunächst ist natürlich niemand bereit, den Jugendlichen derart Fantastisches zu glauben. Dies ändert sich jedoch, als Nancy Thompson nach Springwood zurückkehrt. Um die Teenager zu retten, muss sie Freddy noch einmal entgegentreten.
Dream Warriors bietet all das, was die Freunde des A Nightmare on Elm Street-Franchises von einem Eintrag in ihre Serie bestenfalls erwarten: Der Film etabliert eine neues starkes „final girl“, greift gleichzeitig jedoch auf vielgeliebte Charaktere wie Nancy und Lt. Thompson zurück und spinnt die große Erzählung um Freddy und „seine Kinder“ dementsprechend liebevoll weiter. Die surrealen Traumsequenzen sind im Überbietungsmodus gestaltet, und Robert Englund darf sich gemäß des mittlerweile vorherrschenden Kultes um seine Figur richtig austoben. Und nie sah 1987 so herrlich nach 1987 aus wie in diesem Film: „Welcome to prime time, bitch!“
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Donnerstag 15. April 2010, Luna, 20:30 Uhr

Siu nin Wong Fei Hung ji: Tit Ma Lau /Iron Monkey

Yuen Woo-Ping. HK 1993. 90 Min. Original mit engl. UT. Mit Rongguang Yu, Donnie Yen
Eisenstein zu Gast im Aktuellen Sportstudio. Iron Monkey bleibt in seiner Montage der visuellen Sensationen über weite Strecken näher an den revolutionären Russen, der filmischen Avantgarde oder auch moderner Sportberichterstattung als am klassischen Hollywoodkino.
Der Plot ist dabei für Hong-Kong-Verhältnisse erstaunlich linear und effizient erzählt: Iron Monkey vs. die Verhältnisse. Mit Händen und Füßen und in die Fresse. Beiwohnend: der spätere Volksheld Wong Fei Hung, dem die Begegnung mit diesem Rächer der Entrechteten zum Schlüsselerlebnis seiner Jugend gerät. Das altruistische und nicht weniger Kung-Fu-lastige Wirken des erwachsenen Wong ist Thema der Once Upon A Time In China Filme, der erfolgreichsten asiatischen Filmreihe der frühen Neunziger. Deren Produzenten liefern mit Iron Monkey zugleich Prequel – beleuchtet wird die bisherige Leerstelle, Fei Hungs Jugend – und Spin Off. Der narrative Fokus liegt auf dem Titelgebenden Iron Monkey.
Die Figur des Iron Monkey kommt daher wie ein chinesisches Mashup aus Robin Hood und Zorro, liefert allerdings an der Actionfront Unvergleichliches. Mit purer entfesselter Kinetik, überbordend vor schierer Energie, drückt der Film sein Publikum in die Sitze wie eine fortwährend beschleunigende Achterbahnfahrt – den nächsten Mehrfachlooping stets in Sichtweite. Dem Regisseur Yuen Woo-Ping diente Iron Monkey überaus erfolgreich als Bewerbungsmappe: Als Kampfchoreograph betreute er u.a. The Matrix, Tiger And Dragon oder auch Kill Bill. Assimilation scheint von jeher das größte Kompliment, dass Hollywood zu machen weiß, nur dass Yuen Woo-Ping sein Sunrise bereits in Hong Kong gedreht hat, der Titel: Iron Monkey.
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Mittwoch 21. April 2010, Weltruf, 20:30 Uhr

Death Wish 3 – Die Rächer von New York

Michael Winner. USA 1985. 92 Min. Original mit engl. UT. Mit Charles Bronson
Zweimal (Death Wish & Death Wish II) hat Paul Kersey (Charles Bronson) schon seine Frau verloren. Zweimal waren die Täter asoziale Freaks. Zweimal hat er sie selbst gerächt. Wenn er jetzt einen Freund in Brooklyn besuchen will und der von – ja, genau – Freaks ermordet worden ist, dann trifft für seine Reaktion weniger „Rache“ als vielmehr „Aufräumen“ zu.
Die Death Wish-Reihe markiert den kommerziellen Höhepunkt der Karriere von Charles Bronson und begleitet seinen schauspielerischeren Abstieg. Der ehemals komplexe Charakter, für den die Rache noch mit Schmerz und sogar Zweifeln verbunden ist, wird zur Comicfigur. Death Wish 3 ist der Film, der schon unter den ersten beiden lag. Hatte man die Botschaft „Leute wehrt Euch und zwar mit Gewalt!“ beim ersten Teil unter all der Schauspiel- und vielleicht sogar Inszenierungskunst übersehen – hier wird sie bemerkenswert unumwunden offen gelegt. Die knochentrockene Inszenierung bewegt sich dabei oft hart am Rande der unfreiwilligen Parodie. „This movie is truly a classic 80s movie! „¦ Guns, Bad Guys, CREEPS, Gangs, CHARLES BRONSON and more CREEPS!!!!“ (IMDb-Kommentar)
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Samstag 24. April 2010, Kommunales Kino in der Pumpe, 22:30 Uhr

Fuga dal Bronx/The Riffs II – Flucht aus der Bronx

Enzo G. Castellari. Italien 1983. 84 Min. Deutsche Kinofassung. Mit Mark Gregory, Henry Silva
Nein, sie ist keine gute Wohngegend, die Bronx. Wenn man allerdings nichts anderes kennt, mag es hier ganz nett sein. Trash (Mark Gregory), blutjunger Anführer der Motorradgang „The Riffs“, hat jedenfalls noch nie drüber nachgedacht, von hier weg zu gehen. Lieber riskiert er Tag aus, Tag ein Kopf und Kragen, um sein Revier gegen andere Gangs zu verteidigen. Oder er beschützt – wie im ersten Teil – die junge Erbin eines Millionenimperiums, die freiwillig in diese wilde Gegend floh, weil sie das fremdbestimmte Leben im mondänen Manhattan nicht länger ertrug.
Jetzt, in der nahen Zukunft des Jahres 1995 und im zweiten Teil, sind die Gegner noch übermächtiger: Eine skrupellose Allianz aus Politikern und Wirtschaftsbossen hat den Plan gefasst, die alte Bronx großflächig abzureißen und an ihrer Stelle eine moderne Stadt für Reiche entstehen zu lassen. Schon ziehen silber gewandete Söldner durch die Wohnblocks, um mit Flammenwerfern die Entmietung zu beschleunigen und die letzten Banden, die hier noch herrschen, zu vertreiben. Doch sie haben die Rechnung ohne Trash gemacht.
Bereits im ersten Riffs-Film (1982) erweiterte Castellari die motivische Palette des Bandenfilms um Endzeitelemente wie Anarchie, Futurismus und Schrott- und Lumpen-Design und verschmolz damit gewissermaßen den Warriors-Kosmos mit denjenigen aus Escape From New York und Mad Max. Im rasch nachgeschobenen zweiten Teil sind diese Versatzstücke noch stärker ausgebaut, nicht immer zugunsten der Logik und Wahrscheinlichkeit. Castellari weiß eben, worauf es ankommt.
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