60. Internationale Filmfestspiele Berlin (11. – 21. Februar 2010)
Panorama mit 54 Filmen komplett
Das Panorama präsentiert in diesem Jahr 18 Spielfilme im Hauptprogramm, 16 im Panorama Special und 20 in der Reihe Panorama Dokumente. Von den Filmen aus 29 Ländern sind 31 Filme Weltpremieren, 18 sind Erstlingswerke.
Eröffnungsfilme
Das Panorama Hauptprogramm eröffnet am 11. Februar mit dem russischen Film Veselchaki von Felix Mikhailov. Die klandestine Subkultur eines Moskauer Transenkabaretts ist Spiegel einer zutiefst homophoben Gesellschaft. Der Blick in die Herkunftsfamilien der Performer zeigt die harsche Normalität, aus der sie geflüchtet sind und welcher Anstrengung jedes Einzelnen es bedarf, daran nicht zu zerbrechen. Aber die Protagonisten lernen sich zu wehren.
Panorama Special eröffnet am 12. Februar mit Kawasakiho růže des Tschechen Jan HÅ™ebejk. Er widmet sich einem dunklen Kapitel der jüngeren Geschichte: Korruption, Opportunismus und Pragmatismus nach der DubÄek-Ära gehen die unselige Koalition ein, die noch jede Revolution zunichte machte. Der Film entfaltet eine Familiengeschichte, wenn die Tochter dem angesehenen Vater schmerzhafte Fragen stellt. Aber um Wahrheit und Vergebung geht es, nicht um Rache.
Panorama Dokumente zeigt am 12. Februar mit dem Film David Wants To Fly ein Lehrstück über organisierte Verblendung, relevant vor dem Hintergrund aufstrebender Religiösität weltweit. Der junge Berliner Filmemacher David Sieveking begibt sich auf die Suche nach dem tieferen Sinn der Begeisterung seines Idols für Meditation. Dabei gelangt er von Holland über die USA bis Indien und zurück auf den Berliner Teufelsberg.
Themenschwerpunkte
Vergangenheit im Spiegel der Gegenwart spielt im Panorama-Programm eine starke Rolle in Spiel- und Dokumentarfilm. So befinden sich in Son Of Babylon ein Junge und seine Großmutter auf der Suche nach dessen im letzten Golfkrieg verschollenen Vater und entdecken die Gräuel der jüngsten irakischen Geschichte. In Red Hill werden die in der Vergangenheit liegenden verbrecherischen Machenschaften einer rassistischen Polizeimafia aus dem australischen Hinterland ans Tageslicht gezerrt. Ob in der brasilianischen Favela (Bróder!) oder im Leben einer Deutschtürkin in der Türkei (Die Fremde), ob in der taiwanesischen Kleinstadt (Monga), in der französischen Landadelsvilla (L’arbre et la forêt) oder zur Adenauerzeit der jungen Bundesrepublik (Fritz Bauer, Dokumentarfilm): die verheerenden Auswirkungen der Kombination von Pragmatismus, Opportunismus und Korruption werden in einer ganzen Reihe von Filmen deutlich – sei es auf das persönliche Leben der Protagonisten oder auf ganze Gesellschafts-entwicklungen bezogen.
Panorama Dokumente
Neben den politischen Rückblicken wie Shtikat Haarchion, der auf ungeschnittenem Material eines Nazi-Propagandafilms basiert, Red, White & The Green zu den letzten Wahlen im Iran oder Cuchillo de Palo, der das Schweigen in Paraguay über die Schwulenverfolgung zur Diktaturzeit bricht, gibt es auch solche der cinematografischen Art: Blank City, in dem sich die US-Avantgarde der 70er und 80er-Jahre versammelt, von Amos Poe bis John Waters, von Urahn Jack Smith über Eric Mitchell und Lizzie Borden bis Richard Kern und Lydia Lunch, die an spektakuläre Berlinale-Auftritte erinnern. Oder Daniel Schmid – Le chat qui pense: eine Hommage an den Schweizer Filmkünstler, in der es ein Wiedersehen mit den Größen des deutschen 70er-Jahre-Kinos gibt, Inspiratoren bis heute: von Fassbinder über Ingrid Caven und Werner Schroeter bis zu Peter Kern. Des Weiteren präsentiert die Reihe Werke über Rock Hudson und seine Rolle als AIDS-Aktivist der ersten Stunde, über Candy Darling, den tragischen Andy Warhol-Superstar und den Film über den legendären, politisch brisanten Broadway-Erfolg des Mart Crowley-Stücks „The Boys In The Band“, das von William Friedkin 1969 verfilmt wurde: Making The Boys.
PanoramaPublikumsPreis PPP
Weit über 20.000 Zuschauer nehmen daran teil und küren ihren Favoriten, der am letzten Tag des Festivals zur Preisverleihung aufgeführt wird. Der Preis wird seit 1999 in Zusammenarbeit mit radioeins und tip Magazin organisiert.
Der 24. TEDDY – Queer Film Award auf der Berlinale wird am Freitag den 19. Februar 2010 in der STATION Berlin vergeben. Das Motto „Mein Name ist Mensch“ ist einem Ton Steine Scherben-Song entlehnt: Sänger, Texter und Schauspieler Rio Reiser wird mit einer Hommage geehrt. Der Special TEDDY für das Lebenswerk wird dem Filmemacher und großen Inspirator Werner Schroeter verliehen. Infos: www.teddyaward.tv.
PANORAMA HAUPTPROGRAMM
- Barriere von Andreas Kleinert, Deutschland (WP) mit Volkram Zschiesche, Klara Manzel, Jan Dose, Julia Gorr, Matthias Habich
- Due Vita per caso (One life maybe two) von Alessandro Aronadio, Italien (WP) mit Lorenzo Balducci, Isabella Ragonese, Ivan Franek, Sarah Felberbaum
- Fucking Different São Paulo von Rodrigo Diaz Diaz, Luiz René Guerra, Sabrina Greve, Joana Galvão, Monica Palazzo, Max Julien, Ricky Mastro, René Guerra, Silvia Lourenço, Gustavo Vinagre, Herman Barck, Luciana Lemos, Elzemann Neves, Deutschland/Brasilien
- Propavshyi bez vesty (Missing Man) von Anna Fenchenko, Russische Föderation mit Andrey Filippack, Rasim Djafarov, Polina Kamanina, Ludmila Geroeva, Yuris Lautsinsh
- Red Hill von Patrick Hughes, Australien (WP) mit Ryan Kwanten, Steve Bisley, Tom E. Lewis
- The Owls von Cheryl Dunye, USA (WP) mit Guinevere Turner, Lisa Gornick, V.S. Brodie
- Veselchaki (Jolly Fellows) von Felix Mikhailov, Russische Föderation mit Renata Litvinova, Ingeborga Dopkunaite, Danila Kozlovsky, Alexey Klimushkin, Alexander Mokhov, Mazia Shalaeva
- Zona Sur (Southern District) von Juan Carlos Valdivia, Bolivien mit Ninón Del Castillo, Pascual Loayza, Nicolás Fernández, Juan Pablo Koria, Mariana Vargas
PANORAMA SPECIAL
- Bróder! (Broder!) von Jeferson De, Brasilien mit Caio Blat, Jonathan Haagensen, Silvio Guindane, Cássia Kiss, Ailton Graça
- Die Fremde (When We Leave) von Feo Aladag, Deutschland (WP) mit Sibel Kekilli, Florian Lukas, Derya Alabora, Tamer Yigit
- Mine vaganti (Loose Cannons) von Ferzan Ozpetek, Italien (WP) mit Riccardo Scamarcio, Nicole Grimaudo, Alessandro Preziosi, Ennio Fantastichini, Lunetta Savino
- Monga von Doze, Niu Chen-Zer, Taiwan (WP) mit Ethan Juan, Mark Chao, Ma Ju-lung, Ko Chia-yen
- Open von Jake Yuzna, USA (WP) mit Gaea Gaddy, Tempest Crane, Morty Diamond, Daniel Luedtke
- Paha perhe (Bad Family) von Aleksi Salmenperä, Finnland mit Ville Virtanen, Lauri Tilkanen, Pihla Viitala
- Reinventing Robert Axle von Trent Cooper, USA (WP) mit Kevin Spacey, Camilla Belle, Heather Graham, Johnny Knoxville, Virginia Madsen
- Welcome To The Rileys von Jake Scott, USA (WP) mit James Gandolfini, Kristen Stewart, Melissa Leo
PANORAMA DOKUMENTE
- Arias With A Twist The Movie von Bobby Sheehan, USA (WP) mit Joey Arias, Basil Twist
- Blank City von Céline Danhier, USA
- Budrus von Julia Bacha, USA
- Cuchillo de palo von Renate Costa, Spanien (WP)
- Daniel Schmid – Le chat qui pense von Pascal Hofmann, Benny Jaberg, Schweiz (WP) mit Ingrid Caven, Werner Schroeter, Renato Berta, Shiguéhiko Hasumi, Bulle Ogier
- David Wants To Fly von David Sieveking, Deutschland/Österreich/Schweiz (WP)
- Friedensschlag – Das Jahr der Entscheidung (To Fight For – The Year of Decision) von Gerardo Milsztein, Deutschland (WP)
- Fritz Bauer – Tod auf Raten (Death By Instalments) von Ilona Ziok, Deutschland (WP)
- I Shot My Love von Tomer Heymann, Israel/Deutschland (WP)
- New York Memories von Rosa von Praunheim, Deutschland (WP)
- Red, White & The Green von Nader Davoodi, Iran
- Rock Hudson – Dark And Handsome Stranger von Andrew Davies, André Schäfer, Deutschland (WP)
- Shtikat Haarchion (A Film Unfinished) von Yael Hersonski, Israel
PANORAMA VORFILME
- Covered von John Greyson, Kanada
- Herbert White von James Franco, USA mit Michael Shannon
- Last Address von Ira Sachs, USA
- The Feast Of Stephen von James Franco, USA mit Remy Germinario, Ty Anania, Louis Anania, Phil Naess, Theo Saluan
(nach einer Pressemitteilung der Berlinale)