Mediatage Nord 2009:
Spielende „Silver-Surfer“
Mehr über 60-Jährige als unter 20-Jährige nutzen gegenwärtig das Internet, „graue Köpfe vor grauen Kisten“ sind längst eine Selbstverständlichkeit – die „Silver-Surfer“. „Senioren haben Zeit und erstaunlich viel mobile Lust auf Lernen“, weiß Jutta Kürtz, Vorsitzende des Beirats des Offenen Kanals Schleswig-Holstein. Der OKSH stellte bei den Mediatagen Nord, die unter dem Leitthema „digital leben“ vom 16. bis 19. November im Kieler Haus der Wirtschaft stattfanden, die ältere Generation in den Mittelpunkt seiner Veranstaltung „Computerspiele und Senioren“.
Doch wer sind eigentlich die Alten? Der Bevölkerungswissenschaftler und Industrieanthropologe Prof. Dr. Dr. Hans W. Jürgens erläuterte in einem Impulsreferat die Unsicherheiten einer Generationsbeschreibung: Eine Gesellschaft wird bestimmt von Fruchtbarkeit, Zu- und Abwanderung sowie der Sterblichkeitsrate. Doch die Alten von heute und morgen lassen sich nicht in eine Klasse einordnen. Medienkompetenz und Mediennutzung seien nicht direkt korreliert mit dem Lebensalter.
Dennoch können Computerspiele eingesetzt werden, um alte Menschen, die unter altersbedingter Bewegungsarmut, Demenz oder sozialer Isolation leiden, zu mobilisieren und sozial wieder zu integrieren. „Auch diese Alten können mehr, als wir ihnen zutrauen“, weiß Renate Peiker, Leiterin des Sozialen Dienstes in Heikendorf bei Kiel, die positive Erfahrungen beim Einsatz der Spielekonsole Wii in Altersheimen gesammelt hat. Wii-Spiele wie Bowling begeisterten die Senioren und verschafften ihnen nicht nur spielerisches Bewegungstraining, sondern auch neue Gemeinschaftserlebnisse.
Markus Deindl und Josef Kiener, Studenten an der Hochschule München-Pasing, bringen Senioren an die Konsole. Sie besuchten mit der Wii-Spielekonsole im Gepäck Altenheime und spielten dort mit den Alten Wii-Bowling. Ein Selbstgänger, denn in diesem Jahr fand bereits die zweite deutsche Wii-Bowling Seniorenmeisterschaft statt. Über 650 Senioren im Alter zwischen 50 und 102 aus bundesweit mehr als 80 Senioreneinrichtungen nahmen teil. Das Projekt wii-senioren.de ist aber nicht nur ein spielerisches. Die Studenten und ihre meist jugendlichen ehrenamtlichen Helfer konnten bei den Alten geistige und motorische Fähigkeiten aktivieren, reaktivieren und fördern und Team-Geist und Ehrgeiz der Senioren wecken.
Angeregt von solchen Erfolgen rief die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig das Projekt „Intergenerationelle Begegnung und Bewegung mit virtuellen Spielangeboten (IneS)“ im Rahmen des sächsischen Gesundheitsprogramms „aktiv Altern“ ins Leben. Carmen Kluge berichtete über das Projekt, in dem Wii-Fit-Spiele wie Balance Board, Aerobic oder Yoga setting-orientiert in Senioreneinrichtungen angeboten werden sollen. Betreut werden die Alten dabei von Jugendlichen, um einen intergenerationellen Dialog und Begegnung zu schaffen. Das Projekt wird auch wissenschaftlich begleitet und evaluiert, um gesicherte Erkenntnisse über die Wirkungen von Computerspielen zur Aktivierung und sozialen Reintegration alter Menschen zu gewinnen.
Auch die aufsuchende Bibliotheksarbeit nutzt zunehmend Computerspiele als Angebot für Alte. Oke Simons vom Flensburger Lektorat der Büchereizentrale Schleswig-Holstein stellte die „Medienboxen für die Gruppenarbeit mit Senioren“ vor. Die Büchereizentrale bringt diese in Altenheime und stößt dort ebenfalls auf großes Interesse der Alten an den neuen Medien.
(nach einer Pressemitteilung der Mediatage Nord)