Filmförderungsentscheidungen der Filmwerkstatt Kiel:

Krokodile, Jäger und afrikanisches Familienglück

Der Förderbeirat der Filmwerkstatt Kiel trat Anfang November 2009 zusammen und vergab in seiner zweiten Fördersitzung in diesem Jahr Fördermittel in Höhe von 73.550 Euro an insgesamt 13 Projekte in den Bereichen Projektentwicklung, Produktion und Präsentation.
Produktionsförderung erhalten vier Dokumentarfilme, zwei Kurzspielfilme und eine Kinderdokumentation:
Mit 20.000 Euro wird EINE KENIANISCHE FAMILIE ODER WAS IST GLÜCK? von Helmut Schulzeck gefördert. Er porträtiert den Alltag und die Feiertage einer Kikuyu-Familie aus sehr persönlichem Blickwinkel.
Kay Gerdes’ Filmprojekt EINEM JÄGER AUF DER SPUR erhält 10.000 Euro Förderung. Über ein Jahr lang hat Gerdes einen der wenigen jungen Berufsjäger in Schleswig-Holstein, Christopher von Dollen, mit der Kamera begleitet.
Orte als fiktive Filmfiguren, Erinnerungen an Orte, Geschichten über Orte: Lisa Raves Essay- und Dokumentarfilm A BRIEF REPORT ON THE VILLAGES wird ebenfalls mit 10.000 Euro gefördert.
Aktion und unerwartete Reaktion sind die Themen in dem Kurzspielfilm NICHT MEIN DING von Hans-Jörg Kapp (7.000 Euro, abbildungszentrum, Hamburg). Ein Überfall auf ein Café in Kiel misslingt in erster Linie deshalb, weil das Opfer nicht Opfer sein will und den Überfallenden wegen seiner Stümperhaftigkeit auch noch maßregelt.
In der Kinderdokumentation KROKODILE OHNE SATTEL begleitet Britta Wandaogo (4.000 Euro, wandaogu productions, Köln) ihre 13-jährige deutsch-afrikanische Tochter Kaddi Malika, die zwischen den Welten, zwischen Fremdem und Vertrautem pendelt und wie jeder Teenager den starken Wunsch hat, sich selbst zu finden.
Oliver Boczek beschreibt in seinem Kurzspielfilm NACKTE TATSACHEN (2.600 Euro) den Generationenkonflikt mit einem Augenzwinkern: ein junges Mädchen und ihr Großvater bilden ein ungleiches Gaunerpaar. Die Gier des Älteren lässt seine pfiffige Enkelin zu Höchstform auflaufen.
Projektentwicklung erhalten drei Filmvorhaben: TESTING, PROBING, EXPLORING von Viola Rusche (4.500 Euro) über den amerikanischen Avantgardekomponisten Alvin Lucier, NORDNUTTEN.DE von Silvia von Gerlach über Prostituierte in der Provinz und EIN MÄDCHEN NAMENS PREETZEN von Gerald Koll (600 Euro) über Hexenverbrennung in Schleswig-Holstein.
In der Präsentation werden UNKRAUT IM PARADIES von Bartosz Werner (6.800 Euro, alpha medienkontor), TRAURIG IN DER WALACHEI von Sarita Sharma (600 Euro) sowie die Bild- und Toncollage von Kai Zimmer, SEESTÜCK (600 Euro), unterstützt.
Die Förderentscheidung haben getroffen: Lars Büchel (Regisseur und Produzent, Kiel), Bernd-Günther Nahm (Leiter Filmwerkstatt FFHSH, Kiel) und Gudrun Wassermann (Freie Künstlerin, Schönkirchen/Holstein).
Die geförderten Projekte im einzelnen:

Recherche / Produktionsvorbereitung


Testing, Probing, Exploring
Viola Rusche
Fördersumme: 4.500 EUR
Recherche für ein Filmportrait anlässlich des 80. Geburtstags des amerikanischen Avantgarde-Komponisten Alvin Lucier. In seinen Arbeiten lenkt Lucier unsere Wahrnehmung auf Klangphänomene, denen wir normalerweise kein Gehör schenken – von der Eigenresonanzen kleiner Objekte des Alltags, (z.B. Streichholschachteln) bis hin zu dem Erklingen der Eigenrsonanz eines ganzen Raumes, wie in seiner berühmtesten Arbeit „I am sitting in a room“ von 1970. Der Film soll Lucier im Interview, bei Proben und Konzerten sowie als Performer eigener Stücke zeigen

Nordnutten.de
Silva von Gerlach
Fördersumme: 3.800 EUR
Provinz im Wandel. Die Sexualisierung der Gesellschaft ist bis aufs Land vorgedrungen. Swingerparties; so normal wie das Amen in der Dorfkirche. Nur leiden sie noch unter dem alten Sigma: Die Nordnutten

Ein Mädchen namens Preetzen
Gerald Koll
Fördersumme: 650 EUR
Im Jahr 1676 brannte in Kiel zum letzten Mal die Scheiterhaufen. Den Vorwurf der Hexerei erhob die 13jährige Stieftochter einer Beklagten. Die Akten führen sie als „ein Mädchen namens Preetzen“. Was sie getan hat, klingt unfassbar. Der Dokumentarfilm soll es erklären.

Produktion


Last Exit Nickelsville
Dokumentarfilm, Felix Wenning
Fördersumme: 3.000 EUR
„Last Exit: Nickelsville“ verdeutlicht in 30 Minuten wie zerstörte Existenzen der Finanzkrise neuen Mut fassen und sich in informellen Zeltstädten formieren. Eine Subkultur in der von politischer Akzeptanz keine Rede sein kann. Ausgehend von den Bewohnern der Zeltstadt Nickelsville in Seattle/USA werden die Probleme und daraus entstehenden Initiativen zur Selbsthilfe dokumentiert.

Einem Jäger auf der Spur
Dokumentarfilm, Kay Gerdes
Fördersumme: 10.000 EUR
Christopher von Dollen ist einer der ganz wenigen Berufsjäger in Schleswig-Holstein. Was bringt einen jungen Mann dazu, diesen uralten Beruf zu ergreifen, der heutzutage umstrittener ist denn je. Die Dokumentation begleitet den jungen Jäger eine ganzes Jahr lang durch sein Revier und will herausfinden, welche Motive er hat, was ihn antreibt und wie sein Alltag aussieht.

Nackte Tatsachen
Kurzspielfilm, Oliver Boczek
Fördersumme: 2.600 EUR
Ein junges Mädchen und ihr Großvater bilden ein ungleiches Gaunerpaar. Doch die Gier des Älteren lässt seine pfiffige Enkelin zu Höchstformen auflaufen. Zusammen mit ihrem Freund versucht sie ihren Großvater auszutricksen.

Eine kenianische Familie oder Was ist Glück?
Dokumentarfilm, Helmut Schulzeck
Fördersumme: 20.000 EUR
In diesem Dokumentarfilm nutzt der Filmemacher die Möglichkeit einer sehr nahen Sicht auf Alltag und Feiertage im Leben einer Kikuyu-Familie zum Ausgangspunkt für die Frage, was für sie Glück bedeutet und wie sich in dieser Hinsicht ihr Leben gestaltet. Ein Film über Mentalität, Lebenseinstellung und Wünsche der afrikanischen Verwandten des Filmemachers, aber vor allem über das schwere und zugleich schöne, reale Leben in Afrika.

Krokodile ohne Sattel
Kinderdokumentarfilm, Britta Wandaogo, wandaogo production
Fördersumme: 4.000 EUR
Krokodile ohne Sattel ist ein dokumentarisches Roadmovie. Der Film „spiel“ im Kosmos der dreizehnjährigen Kaddi Malika Wandaogo. In ihrem Gedankenspiel „Was wäre wenn“ vermengt sie fremdes mit Vertrautem, macht die Vergangenheit zur Gegenwart und verfrachtet so den Krokodilsritt in den Klassenraum der 7a. Teenagergedanken, Identitätssuche und das Verstehen der eigenen Geschichte sind die Grundelemente des Kinderdokumentarfilms.

A brief report on the villages
Lisa Rave
Fördersumme: 10.000 EUR
A brief report on the villages folgt der Stimme eines Mannes entlang seiner Erinnerungen an einen Ort, der sich the Villages. Lose verknüpft mit der britischen TV-Serie The Prisoner, verbindet er Elemente von Essay- und Dokumentarfilm. Gedreht in Florida, Wales und Namibia betrachtet der Film die Alltäglichkeit der Lebensform Urlaub und zeigt, wie dabei Zeiten und Orte kulturell und historisch versetzt und vermischt werden innerhalb gegenwärtiger, globaler Strukturen. Der Ort entwickelt sich selbst innerhalb des Films zu der zentralen fiktiven Figur und so entfaltet sich eine Erzählung über das Dorf als solches und die Art und Weise, wie es aus seinen Geschichten wächst und seine ganz eigene Geschichte erschafft.

Nicht mein Ding
Kurzspielfilm, Hans-Jörg Kapp, Abbildungszentrum
Fördersumme: 7.000 EUR
Der Debutant, ein frustrierter Dozent der Sprachwissenschaften möchte am frühen Morgen ein Café in Kiel überfallen. Da sich jedoch die Bedienung Lisa nicht mit ihrer Opferrolle zufrieden gibt, sondern der Debutanten wegen er stümperhaften Ausführung seines Überfalls maßregelt, wird der Debutant ziemlich aus dem Konzept gebracht.

Präsentation / Vertrieb


Gerhard Klein, alphamedienkontor
Fördersumme: 6.800 EUR
Lukas ist ein cooler Hund: Markenkleidung, Hip Hop, das ist sein Leben. Weniger wichtig sind ihm seine Familie und seine kranke Freundin Meike, obwohl er eigentlich ein feiner Kerl ist. Lukas muss fast alles verlieren, um zu merken, was ihm wirklich wichtig ist.
Vertrieb des abendfüllenden Spielfilms des Kielers Bartosz Werner.

Traurig in die Walachei
Sarita Sharma
Fördersumme: 600 EUR
Schwärmerische Mädchen, edle Pferde und künstliche Tränen: Traurig in die Walachei ist eine experimentell-dokumentarische Hommage an das altmodische Unterhaltungsformat des Fotoromans. Auf einem abgelegenen Landgut in Schleswig-Holstein tüfteln Fototeam und Protagonisten an der Herstellung dieser fotografierten Mädchenträume.

Kai Zimmer
Fördersumme: 600 EUR
Vertrieb einer Collage aus Bildern und Tönen über eine Stadt, die das Meer im Herzen hat.

(nach einer Pressemitteilung der FFHSH)
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