Die Zukunft kultureller Kinoarbeit in Ost und West
Auf dem fünften Bundeskongress des Bundesverbandes kommunale Filmarbeit vom 15. bis 17. Mai 2009 in Neubrandenburg erhoben die rund 70 Fachleute aus Kinokultur und Politik, die aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengekommen waren, grundsätzliche Forderungen in Hinblick auf die zukünftige kulturelle Kinoarbeit.
Um diese auch in Zeiten der Finanzkrise, des veränderten Freizeitverhaltens und der Digitalisierung bundesweit mit gewohnter Qualität und Kompetenz gewährleisten zu können, fordert der Bundesverband mit seinen rund 140 Mitgliedskinos eine institutionelle Festschreibung und finanzielle Grundsicherung der Kommunalen Kinos flächendeckend von den Großstädten bis zu strukturschwachen Regionen.
Dies ist für eine unabhängige, sorgfältig durchdachte und kuratierte Programmarbeit, wie sie die Kommunalen Kinos seit vier Jahrzehnten in vorbildlicher Weise leisten und weiterentwickeln, dringend notwendig.
Ein Hauptakzent der zukünftigen Arbeit des Bundesverbandes soll auf der Filmvermittlung für Kinder und Jugendliche liegen – eine kulturell und gesellschaftlich wichtige Aufgabe, die die Kommunalen Kinos seit langem mit einer Vielfalt pädagogisch betreuter Veranstaltungen wahrnehmen.
So ist geplant, ein Programm mit historischen Kurzfilmen für Kinder und Jugendliche zusammenzustellen und auf bundesweite Tournee durch die Mitgliedskinos zu schicken. Denn es soll bereits die visuelle Wahrnehmung jüngster Zuschauer sensibilisiert werden.
In diesem Zusammenhang fordern die Kinos eine größere Transparenz der Archivbestände.
Der Deutsche Städtetag und seine Kommunen werden aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Standards für die Ausstattung und Finanzierung der Kommunalen Kinos festzulegen.
Um das Publikum in seinem geänderten Freizeitverhalten gezielter ansprechen zu können, regt der Bundesverband an, eine großangelegte, differenzierte Zuschauer- und Kinostudie der Kommunalen Kinos durchzuführen.
All diese Maßnahmen sollen bewirken, dass die Kommunalen Kinos als Kompetenzzentren und Begegnungsorte, die sich den relevanten Fragen der Zeit stellen, auch in Zukunft ihre Arbeit ausüben und weiterentwickeln können. Dies ist leider oft nicht gewährleistet.
Die Berliner Filmjournalistin Katharina Dockhorn stellte erste Ergebnisse ihrer Studie zur Privatisierung der Kinos in den Neuen Bundesländern vor, wo nach der Wende die Treuhand zur Zerschlagung der Filmclub- und Kinolandschaft beigetragen hat.
Zu DDR-Zeiten waren aber bereits 85% der Kinos sanierungsbedürftig.
Auch heute noch werden kulturelle Institutionen gerade im Osten nach reinen Wirtschaftszusammenhängen gemessen und evaluiert. Zu welch unsinnigen Ergebnissen dies führt, berichtete die Berliner Publizistin und Autorin Adrienne Goehler während des Podiumsgespräches.
Aktuell ist auch der Veranstaltungspartner des Kongresses, der Latücht Film & Medien e.V., mit seinem Kino in der einmaligen Atmosphäre einer ehemaligen Kirche in seiner Existenz bedroht. Und dies, obgleich er vorbildliche Arbeit sowohl mit seinem Filmangebot, als auch mit dem DokumentArt-Festival und der angegliederten Medienwerkstatt leistet. Besonders Jugendliche erhielten hier die letzten Jahre Einblicke in die Filmpraxis und erlebten eine anschauliche Geschichtsvermittlung. Dies ist in einer Region mit hoher Jugendarbeitslosigkeit und Rechtsextremismus nicht hoch genug zu bewerten.
Der Bundesverband, seine Mitglieder und die Teilnehmer des Kongresses appellieren deshalb mit Nachdruck an den Oberbürgermeister, den Stadtpräsidenten und die Stadtvertretung der Stadt Neubrandenburg, das Kino Latücht mit seinem Verein unbedingt zu halten und finanziell so auszustatten, dass es als Leuchtturm der Filmvermittlung in der strukturschwachen Region weiter wirken kann.
Ehrengast des Kongresses war Prof. Dr. Kurt Maetzig, Filmregisseur und DEFA-Mitbegründer, der in seinem leidenschaftlichen Plädoyer die Filmkunst als eine Tätigkeit bezeichnete, die nicht nur schön, befriedigend und nützlich sei, sondern absolut lebensnotwendig. „Kultur kann man nicht vererben wie einen Schrank.“
(nach einer Pressemitteilung des Bundesverbands kommunale Filmarbeit)