Die Letzten ihrer Art

Schleswiger Kaltblutpferde sind robuste, ausdauernde Arbeitspferde. Sie sind unkompliziert im Umgang und können noch eingesetzt werden, wo schwere Zugmaschinen versagen. Doch die sanften Riesen stehen auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Die Rasse des Schleswiger Kaltblutes wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch eine Kreuzung mit einem englischen Suffolk oder Shire-Hengst gegründet. Die Rasse zählte einst 20.000 Tiere, doch Mitte der 70er Jahre war die Population auf nur noch 40 Tiere geschrumpft.

Thomas Isenberg ist einer der Letzten, der nicht nur den Bestand der Kaltblüter durch Zucht erhält, sondern mit den Pferden im Forst und auf dem Feld arbeitet. Nicht nur auf dem Bioland-Betrieb “Gut Kamp” bei Bad Segeberg, das Isenberg mit seiner Familie und fünf Angestellten als Züchter und Landwirt betreibt, sondern auch in den umliegenden Forsten werden die Pferde eingesetzt. Moderne Land- und Forstmaschinen hätten fast für die Ausrottung der Arbeitstiere gesorgt. Heute setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass mit den 800 kg “leichten” Tieren die Forstarbeit wesentlich schonender als mit sieben Tonnen schweren Zugmaschinen durchgeführt werden kann. Thomas Isenberg propagiert die effektive Kombination von Schleswigern und modernem Arbeitsgerät. Die Pferde bringen die gefällten Bäume aus dem empfindlichen Unterholz zur Sammelstelle, wo sie vom Hydrauliklader abtransportiert werden können.

Humorig und treffend bringt Isenberg die Vorzüge der Arbeitspferde auf den Punkt: “Abgasarm, ernährt sich nur von nachwachsenden Rohstoffen und muss nicht erst entwickelt werden.” Übernommen hat Thomas Isenberg die Zucht von seinem Großvater Jürgen Isenberg, der sich nach seiner Rückkehr aus dem 2. Weltkrieg der Zucht der Schleswiger Kaltblüter angenommen hatte. Als die Rasse Anfang der 70er kurz vor dem Aussterben stand, setzte Jürgen Isenberg alles daran, durch Auffrischung mit dänischen Jütländer-Pferden, einer ähnlichen Rasse, die Zucht fortzuführen. Ihm und seinem Enkel Thomas ist der Erhalt der Rasse zu verdanken. Heute gibt es wieder ca. 30 Zuchthengste und gut 200 Zuchtstuten in Deutschland. Ihr Überleben aber auch der Erhalt der Arbeitskultur mit Pferden hängt an einzelnen Enthusiasten wie Jürgen und Thomas Isenberg.

Das Feature “Kaltblütig” wurde für die Reihe “visages d’europe” von der Produktionsfirma interscience, dem WDR und arte entwickelt und produziert. Insbesondere die Wahl des passionierten Pferdezüchters und Pferdeliebhabers Thomas Isenberg als Protagonisten, der humorige Tonfall und die hohe Informationsdichte machen den Film von Thomas Uhlmann und Anja Freyhoff sehenswert. Die Filmemacher zeigen nicht nur starke Pferde, sondern mit Thomas Isenberg auch eine starke Persönlichkeit, der – unterstützt von seiner Frau – allein durch Eigeninitiative ein Stück Schleswig-Holsteinischer Kultur erhält. In kurzen Momenten lässt “Kaltblütig” anklingen, dass dieses Engagement auch seinen Preis hat. Auf der Augenweide konnte “Kaltblütig” das Publikum von Klein bis Groß begeistern. (dakro)