4. Grönland-Filmfest Kiel: 20.- 22. März 2009
Die Welt aus Eis auf der Leinwand
Von deutscher Erstaufführung bis zum Stummfilm mit Asta Nielsen
Am Anfang steht ein wahrer Zungenbrecher: „Kalaallit Filmmianit Nalliuttorsiorneq“. Übersetzt aus der Sprache der grönländischen Inuit bedeutet das schlicht und einfach: Grönland-Filmfest. Und ein solches veranstaltet die „Deutsch-Dänische Gesellschaft Kiel“ vom 20.- 22. März im Kieler Kino „metro im Schlosshof“ (gefördert von der Filmwerkstatt Kiel der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein). Die nunmehr bereits zum vierten Mal veranstaltete Filmpräsentation ist weltweit die einzige, die die Insel des ewigen Eises und deren polare Nachbarschaft zum Thema hat. Bei dem abwechslungsreichen Programm-Mix aus Spiel- und Dokumentarfilmen reicht das Spektrum in diesem Jahr von der deutschen Erstaufführung des 2006 produzierten Inuit-Spielfilms „The Journals of Knud Rasmussen“ über die jüngsten, erst im Februar 2009 gesendeten Grönland-Reportagen des ZDF bis hin zum Stummfilm-Klassiker von 1918 „Das Eskimobaby“ mit dem damaligen Weltstar Asta Nielsen. Die wachsenden Zuschauerzahlen der vorangegangenen drei Jahre waren für die Initiatoren der Anreiz, das Programm in diesem Jahr auf insgesamt zwölf Beiträge mit 15 Stunden Laufzeit auszuweiten. Für den Eröffnungsfilm wurde deswegen zusätzlich der Freitag Abend in das „eisige“ Kinowochenende einbezogen.
Gezeigt wird zum Auftakt der bisher zweite von den Inuit selber produzierte Spielfilm „The Journals of Knud Rasmussen“ (in Dänisch und der Eskimosprache Inuktitut – mit englischen Untertiteln). Regisseur ist wieder Zacharias Kunuk, der sich mit seinem 2002 gedrehten Spielfilm „Atarnarjuat – Die Legende vom schnellen Läufer“ gleich fünfzehn internationale Auszeichnungen holte. Auch den Rasmussen-Film hat Kunuk wieder mit Inuit-Darstellern und in deren Originalsprache produziert. Und auch hier setzt er erneut die traditionelle, episch ausholende Erzählweise seiner Vorfahren in faszinierende Bilder um (Kamera und Co-Regie wie bei „Atarnarjuat“: Norman Cohn). Anknüpfend an die große Schlittenexpedition des grönländisch-dänischen Polarforschers Knud Rasmussen 1923 zeigt der Film am Beispiel einer kleinen Inuit-Siedlung den Zusammenprall der Kulturen – mit einem Drama, in dem sich der Schamane und die christianisierten Mitbewohner seines Dorfes im Eis gegenüberstehen.
Zu den grönländischen Darstellerinnen gehört auch Juaana Platou, die hauptberuflich als Pastorin und Lehrerin in Qaanaaq (Thule), einer der nördlichsten Siedlungen der Welt, arbeitet. Daneben ist sie auch selber als Filmemacherin tätig. In ihrer Dokumentation „Maaniippugut Imuujumalluta – Wir sind hier, um zu überleben“ (Sonntag, 22. März, 14 Uhr) (Grönländisch mit englischen Untertiteln) berichten drei alte Jäger aus der Thule-Region über ihr hartes Leben am äußersten, polaren Saum des Erdballs. Juaanas Bruder Kunuk, der hinter der Kamera stand, wird diese filmische Bestandsaufnahme in Kiel persönlich präsentieren.
Als weiterer Gast aus Grönland wird der Regisseur Otto Rosing erwartet. Rosing arbeitet gerade an der Endfertigung des ersten rein grönländischen Spielfilms „Nuummioq“, der im Sommer 2009 Premiere haben soll. (Bereits für das 5. Grönland-Filmfest 2010 gebucht.) In diesem Jahr stellt er in Kiel seine einstündige Dokumentation „Den evige Flyer“ („Der ewige Flieger“) vor. Es ist ein Porträt seines Onkels Jens Rosing (1925 – 2008), der zu den bekanntesten bildenden Künstlern Grönlands zählt.
Welche Bedeutung die Kieler Veranstaltung mittlerweile erlangt hat, zeigt auch der dritte ausländische Gast – Bent Nielsen, der Leiter des Arktischen Instituts in Kopenhagen. Aus dessen Archiv wird er den Dokumentarfilm „Inuit“ mitbringen und ihn als Eskimologe einleiten (Samstag, 21. März, 14 Uhr). „Inuit“ wurde 1939 von Jette Bang (1914 – 1964) gedreht, die als die klassische Grönland-Fotografin schlechthin gilt. Auch in ihrem Film – dem ersten ethnographischen Farbfilm über die Insel – gilt das Hauptaugenmerk der traditionellen Lebensweise und Kultur der grönländischen Inuit. Dieses filmische Dokument war von der dänischen Regierung für die Information über die damals noch von aller Welt abgeschottete Kolonie Grönland im Ausland gedacht. Wegen des Ausbruchs des 2. Weltkrieges kam der Film allerdings nicht zum Einsatz. Er wird nun in Kiel zum ersten Mal in Deutschland gezeigt.
Zu den Neuheiten des 4. Grönland Filmfestes gehört ein eigenes Kinderprogramm am Sonntag Vormittag (22. März, 11 Uhr). In Zusammenarbeit mit „Kinolino – Kulturelles Kinderkino Kiel“ wird der Zeichentrickfilm „Der Junge, der ein Bär sein wollte“ gezeigt. Doris Schmittinger wird den in dänischer Sprache produzierten Streifen live deutsch einsprechen. Er erzählt die Geschichte eines grönländischen Jungen, der bei Eisbären aufwächst und daher die merkwürdigsten Schwierigkeiten mit der Menschenwelt hat. Angeleitet von Vera Hütte von „Kinolino“ gibt es im Anschluss eine dazu passende Mal- und Spielaktion sowie ein Filmgespräch mit den Kindern (ab 6 Jahre).
Ein besonderes Bonbon für die Kieler Kanuten: Zeitgleich mit dem Kinderprogamm informiert der Themenblock „Neues Mekka der Extremsportler“ alle, die sich für Grönland als sportliche Herausforderung interessieren, über diesen besonderen Aspekt. Gezeigt werden dazu zwei im vergangenen Sommer gedrehte Filme. „Grönland 08 – ins ewige Eis“ lässt die Zuschauer miterleben, wie eine Gruppe von Kanuten die gewaltigen, aus dem Inlandeis herabstürzenden Wildwasser bezwingt. Und „Piteraq“ schildert, wie drei Schweizer Weltklasse-Snowborder auf der Suche nach dem totalen Kick bislang unbefahrene Steilhänge in der grandiosen Gebirgswelt Ostgrönlands erproben. Beide Filme zeigen auch viel von der landschaftlichen Einzigartigkeit der Insel. Eingeführt und durch einen eigenen Lichtbildervortrag ergänzt wird der Themenblock von Sylvia Hübinger, die selber mehrfach im Kajak und zu Fuß die wilde Ostküste erkundet und dabei manch unerwartete Herausforderung gemeistert hat.
Zu den gezeigten Spielfilmen gehören neben dem Rasmussen-Eröffnungsfilm „Qaamarngup uummataa – Lystes Hjerte / Heart of Light“, ein bewegendes Drama um einen Alkoholsüchtigen, der sich nach einer blutigen Familientragödie auf die Odyssee durch die eisige Einsamkeit Grönlands begibt (Samstag, 21. März, 20 Uhr) und der Stummfilm-Klassiker „Das Eskimobaby“ mit Asta Nielsen, der – stilgerecht – vom Kieler Pianisten Werner Loll live musikalisch begleitet wird (Abschlussfilm, Sonntag, 22. März, 19 Uhr).
Als weitere Dokumentationen neben „Inuit“ und „Wir sind hier, um zu überleben“ stehen auf dem Programm: „Knud“ – ein 1966 von Dänemarks großem Dokumentaristen Jørgen Roos über Knud Rasmussen gedrehter Film, „Vision Man“ – 1997 (ein alter grönländischer Jäger erzählt berührend, mit Humor und überraschenden Einsichten aus seinem Leben) und die zweiteilige ZDF-Reise-Reportage „Polarsalat und Gletscherbier“ und „Kalte Küsse und weiße Nächte“.
Kundig eingeführt und kommentiert werden die gezeigten Beiträge von Dr. Hauke Lange-Fuchs, Bernd-Günther Nahm, Annie Lander Laszig und Hans Joachim Kürtz. Zwischen den Vorführungen besteht Gelegenheit zum Gedankenaustausch und zu Informationen. Es gibt einen Verkaufstand mit der neuesten Polar-Literatur und mit antiquarischen Büchern. Außerdem stellen Reiseveranstalter ihr Arktis-Programm vor.
- Spielort: metro-Kino im Schloßhoff, Holtenauer Str. 162-170, Tel.: 0431-2207890.
- Eintrittspreise: Einzelkarte: 4,50 Euro, Gesamtkarte (alle Vorstellungen, mit Ausnahmen des Kinderprogramms): 28 Euro.
- Programm und Einzelheiten: www.deutschdaenischegesellschaft.de.
- Programmfolder als PDF